Impuls von Stefan Buß

Der Stadtpfarrer bei OlN: Beppo, der Straßenkehrer

Stadtpfarrer Stefan Buß
Archivbild: O|N/Hendrik Urbin

06.07.2024 / FULDA - Beppo, der Straßenkehrer - Wenn er so die Straßen kehrte, tat er es langsam, aber stetig: bei jedem Schritt einen Atemzug und bei jedem Atemzug einen Besenstrich. Dazwischen blieb er manchmal ein Weilchen stehen und blickte nachdenklich vor sich hin. Und dann ging es wieder weiter: Schritt – Atemzug – Besenstrich.



Während er sich so dahinbewegte, vor sich die schmutzige Straße und hinter sich die saubere, kamen ihm oft große Gedanken. Aber es waren Gedanken ohne Worte, Gedanken, die sich so schwer mitteilen ließen wie ein bestimmter Duft, an den man sich nur gerade eben noch erinnert, oder wie eine Farbe, von der man geträumt hat. Nach der Arbeit, wenn er bei Momo saß, erklärte er ihr seine großen Gedanken. Und da sie auf ihre besondere Art zuhörte, löste sich seine Zunge, und er fand die richtigen Worte. So wird es in dem Buch Momo von Michael Ende über den Straßenkehrer Beppo berichtet.

"Siehst du, Momo", sagte er dann zum Beispiel, "es ist so: Manchmal hat man eine sehr lange Straße vor sich. Man denkt, die ist so schrecklich lang; das kann man niemals schaffen, denkt man." Er blickte eine Weile vor sich hin, dann fuhr er fort: "Und dann fängt man an, sich zu eilen. Und man eilt sich immer mehr. Jedes Mal, wenn man aufblickt, sieht man, dass es gar nicht weniger wird, was noch vor einem liegt. Und man strengt sich noch mehr an, man kriegt es mit der Angst, und zum Schluss ist man ganz außer Puste und kann nicht mehr. Und die Straße liegt immer noch vor einem. So darf man es nicht machen." Er dachte einige Zeit nach. Dann sprach er weiter: "Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, an den nächsten Atemzug, an den nächsten Besenstrich. Und immer wieder nur an den nächsten."

Beppo ist ein einfacher Mann, ein Straßenkehrer, dessen tägliche Arbeit es ist, die Straßen seiner Stadt sauber zu halten. Doch in seiner Einfachheit und seinem schlichten Dasein verbirgt sich eine tiefe Lebensphilosophie, die uns allen als Vorbild dienen kann.

"Man darf nie an die ganze Straße auf einmal denken, verstehst du? Man muss nur an den nächsten Schritt denken, den nächsten Atemzug, den nächsten Besenstrich. Immer nur an den nächsten."

Diese Worte klingen simpel, doch sie enthalten eine tiefgehende Weisheit. Sie lehren uns, im Hier und Jetzt zu leben und uns nicht von der überwältigenden Größe unserer Aufgaben und Herausforderungen entmutigen zu lassen. In einer Welt, die oft von Hektik und Eile geprägt ist, erinnert uns Beppo daran, dass jeder Weg, solang er auch sein mag, aus vielen kleinen Schritten besteht. Beppo zeigt uns auch, wie wichtig Geduld und Ausdauer sind. Jeden Tag kehrt er die Straßen, auch wenn sie am nächsten Tag wieder schmutzig sein werden. Er versteht, dass seine Arbeit nie wirklich "fertig" sein wird, aber er lässt sich davon nicht entmutigen. Im Gegenteil, er findet Erfüllung in der Routine und in der Beständigkeit seiner Arbeit. Diese Haltung ist besonders in Zeiten von

Schwierigkeiten und Unsicherheit wichtig. Wenn wir uns von den scheinbar endlosen Herausforderungen des Lebens überwältigt fühlen, können wir von Beppo lernen, dass es darauf ankommt, weiterzumachen, Schritt für Schritt, Atemzug für Atemzug, Besenstrich für Besenstrich. (Stefan Buß) +++

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