Ein 27-Jähriger startet durch
Johannes Schäfer erklimmt die Gipfel in den Olymp der Alpen-Radmarathons
Foto: Sportfotograf.com
04.07.2024 / LAUTERBACH -
Er ist ein Spitzensportler in Osthessen. Es gibt nicht so viele davon. Vor allem im Radsport nicht. Nein, Johannes Schäfer aus Lauterbach ist nicht Teil der berühmten Tour de France, die gerade ihre weltweit bekannte Faszination lebt. Der 27-Jährige lebt eine andere Sparte: Es sind die Alpen-Marathon-Rennnen, denen er sich verschrieben hat. Mit permanentem Kitzel. Ständig in der Höhe unterwegs und gefordert zu sein. Beim Ötztaler, der am 1. September seine internationale Anziehungskraft auf sich zieht, will er unter die Top Ten. Und damit in die Weltspitze. OSTHESSEN|NEWS ist in diese Welt eingetaucht.
Ein Lauterbacher auf gepackten Koffern? Das ist für Johannes Schäfer nichts Neues. Es ist beinahe Alltag. "Sie sind noch gar nicht ausgepackt. Ich war in der Schweiz, in Lenzerheide - und wollte dort an der Alpen Challenge, einem Alpen-Marathon über 190,2 Kilometer und mit 4.500 Höhenmetern, teilnehmen", schiebt der 27-Jährige nach. Doch das Rennen wurde kurzfristig abgesagt. Zwei Alpenpässe lagen unter Schnee. Abends habe man noch überlegt zu starten, am folgenden Morgen sagte der Veranstalter ab. Zu gefährlich: "Weil du dann dein Leben riskierst", erklärt Johannes, "das wäre mein erster Saisonhöhepunkt gewesen. Das ist frustrierend. Und bitter", ärgerte er sich.
Ein zweiwöchiges Vorbereitungs-Trainingslager in Landeck in Tirol
Das hört sich nicht nur perfekt organisiert und bestens strukturiert an - es ist es auch. Professionell eben. Ein 27-Jähriger aus Lauterbach startet durch. Nicht bei der Tour de France, die aktuell läuft. Das sagt ihm mit zig Flachetappen nicht so zu. Johannes hat die Berge im Visier. "Ich finde die Alpen-Marathons spannend. Das sind die Königsetappen der Tour", urteilt er, als wolle er seinen Sport auch in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit weiter pushen. Sein Berufswechsel erlaubt es ihm, sich stärker auf den Sport zu konzentrieren, zwischen einem Profi und ihm gebe es "keinen großen Unterschied mehr, was Trainingsgestaltung und Aufwand" angeht.
"Es könnte sein, dass ich das noch professioneller machen werde"
Sechs-Wochen-Projekt: "Ich hab' mir extra für den Ötzi und die Berge ein Rad aufgebaut"
Die Idee und der Gedanke, sich mehr oder weniger dem Profitum zu verschreiben, die entstanden anfang des Jahres beim Trainingslager mit Freunden auf Cran Canaria. Er fühlte, nicht mehr konkurrenzfähig zu sein, wenn es weiterginge wie bisher. Das Bewusstsein sei gereift, "dass die Zeit einfach begrenzt ist. Wenn du schon 95 Prozent Gast gibst - warum sollst du nicht 100 Prozent Gast geben?", fragte er sich.
Umfangreiches Vorbereitungsprogramm auf den "Ötzi" - abschließend in Livigno
"Die Rhön wird mir langsam zu langweilig", sagt er fast beiläufig - nicht aus fehlender Achtung, oder dass er die osthessische Heimat nicht wertschätzen würde, sondern "da sind einfach die Anstiege zu kurz. Deshalb bin ich oft in den Bergen und mache dort Trainingslager. Wie jetzt in Österreich". Auch den Vogelsberg hat Johannes Schäfer ab und an im Visier: Auf dem Weg zum Hoherodskopf hat er sich eine Strecke ausgeguckt, auf der er - wie er in der Rhön bisweilen auch - oft Intervalle fährt.Im Juli fährt der Lauterbacher zwei Rennen: "Rad am Ring", und vom Trainingslager in Österreich kommend, geht's sofort ans Schleizer Dreieck. Als direkte Vorbereitung auf den "Ötzi" folgt noch ein Trainingslager in Frankreich, ein kleineres Rennen dient da zudem als Einstimmung. Knapp eine Woche ist er anschließend auf Heimatbesuch - ehe Johannes die letzte "Vor-Ötzi-Woche" im italienischen Livigno nutzen will, um sich auf 1.800 Meter der Höhe anzupassen.
"Ein Privileg, dass du so viel trainieren kannst. Es dreht sich alles um den Radsport"
Man müsse sich darüber bewusst sein, wenn man an der Spitze der Marathon-Szene befinde, bekennt der 27-Jährige. Zunehmend seien da aktive oder ehemalige Profis vertreten - und man müsse im wahrsten Sinne des Wortes Klimmzüge unternehmen, um dorthin zu kommen. "Das ist eine Grenzzone. Ein Grenzbereich", weiß auch Johannes. Vor allem, wenn man noch arbeite, sei es nicht leicht, einer der Besten zu sein. Kein Zweifel: Johannes Schäfer möchte zu denen gehören, die dies schaffen. Deswegen sei es für ihn "um so motivierender, jeden Morgen aufzustehen und noch härter zu trainieren als am Vortag".
"Fällt mir nicht schwer, so viel zu trainieren" - Mechaniker und Physiotherapeut aus Fulda
Und als wolle er jeden überzeugen, an seiner hinzugewonnen Lust teilzuhaben, legt er nach: "Auch wenn das alles professioneller geworden ist bei mir, macht das immer noch mehr Spaß. Das Training ist richtig Spaß. Es fällt mir nicht schwer, so viel zu trainieren." Es scheint, als sei einer da angekommen, wo er hin will. Fast. Auch das ist Teil der neuen Realität: Johannes Schäfer geht für das Team velolease an den Start - zusätzlich arbeitet er mit einem Mechaniker und einem Physiotherapeut aus Fulda. (wk)Osthessen|News wünscht dem Lauterbacher und dessen Team viel Glück beim Ötztaler, eine gute Vorbereitung auf den Alpen-Radmarathon und vor allem Gesundheit. +++