Kunststation Kleinsassen
Eine poetische Konfrontation von Bildern und Worten
Eine poetische Konfrontation von Bildern und Worten
Fotos: Hanswerner Kruse
18.06.2024 / HOFBIEBER -
Im Studio der Kunststation präsentiert Albrecht Rosenstiel poetische Konfrontationen von Bildern und Worten. Seine Ausstellung heißt "Umgeblättert" - und das ist wörtlich gemeint. Denn wie einst in den Papierstapeln des Fuldaer Künstlers Franz Erhardt Walther, dürfen auch hier die Besucher in seinen "Büchern" herumblättern. Doch sie sind große Mappen auf wackeligen Drahtständern ("um vorsichtig mit ihnen umzugehen"), in denen sich bebilderte Blätter, leere Bögen und beschriftete Seiten treffen.
Links fragen gestempelte Buchstaben "wo", "wo, wo", rechts wabern eigenartige fragwürdige Köpfe. Oder die "Vision" ist ein kleines Wesen mit einem riesigen rotierenden Kopf. "Entweder freunden sich die Worte mit den Bildern an", meint der Künstler, "oder sie kämpfen miteinander." Drucke, Malereien und Zeichnungen illustrieren nicht die Begriffe, sondern paraphrasieren sie, also umschreiben sie bildhaft. Die Typografie seiner gestempelten Worte wirkt dabei mit: "Not" stempelte er mit einem riesigen O, "Bedrängung" steht senkrecht ganz am Rand des Blattes.
Seine Mappen stellt der Künstler, "vorwiegend nach optisch-ästhetischen Gesichtspunkten" zusammen. Auch die in ihnen enthaltenen Wort-Bild-Paare sind assoziativ hintereinander angeordnet - beispielsweise folgen sukzessiv "Wo", "Gedanke", "Vision", "Umwege". Aus der Abfolge lassen sich zwar Erzählungen interpretieren, aber beabsichtigt ist das nicht. Im Gegenteil, der Künstler will keine eindeutigen Geschichten erzählen.
Thematisch geordneter sind des Künstlers Leporellos. "Waldgeflüster" lockt uns mit gebundenen Papierbögen in den Wald. Seine eigenen Verse umschreiben die teils düsteren, teils lichten Gestaltungen: "Wenn zornige Winde / Ins Astwerk fahren / Folgt der Baum dem Rhythmus / Des Windes mit heftigem Schlagen..."
Die dritte, aus Collagen ohne Titel bestehende Werkgruppe, nennt Rosenstiel Palimpsest. Mit dem Titel bezieht er sich auf altertümliche wertvolle Papiere, die nach dem Abkratzen der Wörter neu beschriftet wurden. Seine Palimpseste sind alte Briefe, Dokumente, Zeitungen, die er collagiert, übermalt oder darauf zeichnet. Ein liebevoller Brief von 1842 ist mit einem QR-Code beklebt, getuschte Schattenwesen treiben sich in Sütterlinschriften herum.
Rosenstiel zeigt keine Arbeiten auf Papier, sondern Gestaltungen mit Papier. Ergänzt durch die Sprache schmiegt sich seine Schau hervorragend an die aktuelle Papierausstellung. (Hanswerner Kruse) +++
Studioausstellung "Umgeblättert" bis 12. Juli 2024 Ausstellung "Geschnitten. Gefaltet. Geformt – Papier!" bis 18. August 2024 www.kunststation-kleinsassen.de