Andreas Stöcklein beim Hamburg-Triathlon
Erlebnis Zieleinlauf: Gänsehaut. Schmerzen und Leidenszeit sind vergessen
Fotos: sportftograf.com/privat
19.06.2024 / KIRCHHEIM -
Dies ist ein weiteres Kapitel in der Lebensgeschichte des Andreas Stöcklein. Jener Athlet, der von brutalem Ehrgeiz getrieben wird, der aber mit sich im Reinen ist, wenn er alles gegeben hat, was in ihm steckt. Wenn er alles angezapft und herausgeholt hat. Wenn er der Erschöpfung nahe ist. Motto: Nahe der inneren Mitte lebt es sich am besten. Seine Teilnahme am Hamburg-Triathlon war ein erneutes Beispiel dafür. Osthessen|News hat das in Form seiner Nachbetrachtung miterleben dürfen.
Er erstellte und schrieb seine Trainingspläne selbst. "Es war anders. Ich war flexibler. Musste mich mit niemandem kurzschließen, wenn ich mal kurzfristig, zum Beispiel aus beruflichen Gründen was ändern musste. Ich war mein eigener Ansprechpartner." Diese neue Erfahrung half ihm weiter. Auch in dieser Beziehung weiß er jetzt, was in ihm steckt. Apropos beruflich. Da kommt ihm die geringere Entfernung jetzt gelegen. Erst musste Stöcklein, der Ausbilder bei der Bundespolizei ist, seit 2006 nach Eschwege fahren - jetzt braucht er nur bis nach Rotenburg.
Trainingspläne selbst erstellt, "war mein eigener Ansprechpartner"
Wie gesagt, im November vergangenen Jahres begann sein Training in Vorbereitung auf den Hamburg-Triathlon. Ende März absolvierte er - zusammen mit seinem langjährigen Trainingspartner Christian Jung - ein neuntägiges Trainingslager auf Mallorca. "Der Fokus lag auf Radfahren. Ein bisschen Laufen war auch dabei. Auch ein Becken war in der Nähe", verrät "Stöcki". Es wurde immer stärker: Das gute Gefühl, die Basis gelegt zu haben.
Vorbereitungs-Wettkampf in Höchstadt an der Aisch: gelungene Generalprobe
Die Familie als wichtiger Support: gut zu wissen, wenn sie dabei ist
Endlich war es so weit. Der Hamburg Triathlon 2024 konnte beginnen. "Meine Familie war da und hat mich unterstützt". Wichtig ist der familiäre Support. Sehr wichtig. Ehefrau Daniela, der ältere Sohn Maximilian samt Freundin und der jüngere Filius Julian, ein junger Schiedsrichter, ließen sich den Ausflug in die Hansestadt nicht nehmen. Sie wollten dabeisein.3. Laufen, 42,195 Kilometer - in 3 Stunden 40. Auch in dritte Teildisziplin fand er gut rein. Die erste Hälfte in 1 Stunde 45 Minuten. "Etwa, wie ich das wollte", sagt er, "im Normalfall benötige ich 1:41,42". Mit zunehmender Dauer machte es sich aber bemerkbar - "dass ich Kraft gelassen hatte auf dem Rad". Auch das Gel, das vom Veranstalter gereicht wurde, half nicht. "Ich hab' ab da nur noch Cola getrunken, um Energie zuzuführen." Notiz am Rande: Stöcklein klatschte mit Tagesschau-Sprecher Thorsten Schröder ab, der selbst Triathlet ist - und als Volunteer in der Verpflegung half.
Kurzes Abklatschen mit "Tagesschau-Sprecher" und Triathlet Thorsten Schröder
Heraus kamen 10 Stunden und eine Minute als End- und Gesamtzeit. Andreas Stöcklein wurde 32. seiner Altersklasse. Und es war seine zweitbeste Langdistanz. Seine beste erreichte er ebenfalls in Hamburg. Vor zwei Jahren waren es knapp unter 10 Stunden. 9:59 Stunden. "Die Veranstaltung war top organisiert, die Verpflegung super. Na ja, die Radstrecke nicht ganz so super. Aber in Hamburg ist es immer schwierig", lautete sein Urteil.Seine Emotionen und Eindrücke im Ziel, die aber waren wichtiger. "Ich weiß ja, dass es weht tut. Das tut es immer. Aber dass es geil ist." Und seine Gedanken begleiten ihn stets. Besonders, je näher er dem Ziel kommt. "Es ist wie eine Wellenbewegung. Wenn du auf den letzten beiden Kilometern unterwegs bist, spürst du das Ziel. Du weißt: Du hast es geschafft. Du kriegst Gänsehaut. Es kribbelt alles. Vergessen sind die Schmerzen. Die ich auf der Marathon-Strecke hatte. Alles, was man an Leidenszeit hatte, ist von der einen bis zur anderen Sekunde wieder vergessen. Ich würde das immer wieder machen."
Jetzt stand und steht noch Regeneration im Vordergrund. "Es ist noch ein bisschen Müdigkeit in meinem Körper. Aber das ist normal." Alltagsmenschen spüren das gar nicht. "Ein bisschen schwimmen, ganz locker, eine Dreiviertelstunde. Ein bisschen bewegen. Dass die Muskulatur locker wird." Spätestens wenn er ankündigt, was er vorhat demnächst, dann leuchten seine Augen wieder. "Jetzt startet das nächste Projekt." Andreas Stöcklein nimmt das Training wieder auf. Für den Frankfurt-Triathlon am 18. August. Es ist auch eine Ironman-, also eine Langdistanz.
Nach Frankfurt werde er noch einen kleinen Wettkampf anhängen. Es gehe darum, die Restform, die man hat, auszuhebeln. Insider sprechen von "Restform-Vernichtung". Andreas Stöcklein weiß, dass er sich die richtige und passende Sportart ausgesucht hat. Zum Beispiel im Winter, um vier Uhr morgens aufzustehen und dann aufs Laufband zu gehen. Oder abends in den Keller zu gehen und sich nochmal auf die Fahrradrolle zu setzen. Oder aber schwimmen zu der Zeit, wenn andere noch nicht mal aufgestanden sind.
Hauptsache, er kann beim Zieleinlauf eines Triathlons sagen: Es hat wehgetan. Aber geil war es trotzdem. +++