Aus der Schweiz nach Osthessen

Jörn Schlede ist neuer Pfarrer in der evangelischen Kirchengemeinde

Jörn Schlede ist der neue Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde Bad Salzschlirf-Großenlüder
Foto: Claudia Pfannemüller

06.06.2024 / BAD SALZSCHLIRF / GROßENLÜDER - Die Pfarrstelle in der evangelischen Kirchengemeinde Bad-Salzschlirf-Großenlüder ist seit dem ersten Juni wieder besetzt: Pfarrer Jörn Schlede, der aus Brandenburg stammt und zuletzt in der Schweiz tätig war, übernimmt nach knapp einjähriger Vakanzzeit die Stelle von Pfarrerin Sandra Jost und Pfarrer Dr. Michael Grimm. 



Der Umzug ist geschafft, ebenso der erste reguläre Sonntagsgottesdienst. Doch während seine Tessiner Palmen bereits Wurzeln im Garten schlagen können, lebt der neue Pfarrer noch aus Umzugskartons. Bevor Jörn Schlede nach Bad Salzschlirf kam, war er zwölf Jahre lang Pfarrer der Evangelisch-Reformierten Kirchengemeinde Weesen-Amden in der Schweiz. Er sei in seiner Schulzeit in Ostdeutschland atheistisch geprägt worden, berichtet Schlede, der aus Altlüdersdorf in Brandenburg stammt. Er beschreibt seine Erziehung als sehr frei.

Verdienst der Kirchen, dass Proteste friedlich waren

Obwohl der Vater Pfarrer war, habe es in der Familie keine Verpflichtung zu Gottesdienstbesuchen gegeben. Nur auf die Konfirmation anstelle der Jugendweihe habe die Familie bestanden. Sein Interesse weckte schließlich die Rolle der Kirche bei der friedlichen Revolution in der DDR 1989. Dass die Kirchen ein Ort gewesen seien, wo man Unmut und Kritik am System äußern konnte, hat ihn als Jugendlicher nachhaltig beeindruckt. Es sei vor allem ein Verdienst der Kirchen gewesen, dass die Massenproteste friedlich blieben, sagt Schlede. "Ich habe damals gelernt, dass Kirche und politisches Engagement zusammengehören."

Schließlich war es der Patenonkel aus Zürich, der ihn bei der Berufswahl unterstützte. Jörn Schlede entschied sich Pfarrer zu werden und studierte Theologie in Göttingen und Marburg. Er absolvierte sein Vikariat in Melsungen und übernahm dann eine Pfarrstelle in Altmorschen. Von dort aus ging es für ihn und seine Familie in die Schweiz. Hier wirkte Schlede an einem historischen Ort: Die Zwinglikirche in Weesen ist benannt nach dem Reformator Huldrych Zwingli, der im 15. Jahrhundert einige Jahre in dem Ort verbrachte.

Wegen der Liebe nach Hessen gekommen

Zwingli führte die Reformation in Zürich ein und legte gemeinsam mit dem Genfer Reformatoren Johannes Calvin den Grundstein für die reformierte Kirche. Mit Zwingli verbindet den reformierten Theologen Schlede viel, den Kult um Luther hingegen sieht er eher kritisch. "Es ist schon eine Herausforderung für mich, in Bad Salzschlirf ausgerechnet im Lutherweg zu wohnen", schmunzelt Schlede. Er sei der Liebe wegen wieder nach Hessen gekommen, sagt der Pfarrer. Allerdings hat er einigen Grund, die Schweiz weiterhin regelmäßig zu besuchen: Schlede ist geschieden, seine drei Kinder leben in der Schweiz.

"Bei den Reformierten sei jeder frei, in dem, was er glaubt", sagt der 52-jährige Seelsorger. Reformierte Gemeinden, wie die in der Schweiz, seien basisdemokratisch aufgebaut. Die Gemeinde werde vom Kirchenvorstand geleitet, der Pfarrer sei Angestellter der Gemeinde. "Pfarrer sind in der Schweiz normale Kirchbürger mit theologischer Ausbildung", so Schlede. Außerdem gebe es kein Bischofsamt und nur wenig kirchliche Hierarchie. Für anstehende kirchliche Veränderungsprozesse in seiner neuen hessischen Gemeinde bringt der neue Pfarrer viel Expertise mit. Die Beteiligung der Mitglieder an solchen Prozessen sei groß. "Das führt dazu, dass am Ende auch viele hinter der Entscheidung stehen", sagt Schlede.

Er freut sich, in Bad Salzschlirf und Großenlüder eine weltoffene und in der Gesellschaft engagierte Gemeinde gefunden zu haben, in der Ehrenamtliche viel Verantwortung übernehmen. In seinem politischen Engagement ist ihm der Ausgleich und das Gespräch auch mit politisch Andersdenkenden sehr wichtig. "Wir müssen lernen, einander zuzuhören", so Schlede. Er sieht sich als Pfarrer, der Grenzen abbaut und Engagement ermöglicht. Der 52-jährige Seelsorger wird am Sonntag, 16. Juni, um 14 Uhr im Rahmen eines Gottesdienstes in der Kirche im Kurpark in Bad Salzschlirf von Dekan Dr. Thorsten Waap in sein neues Amt eingeführt. (pm)+++

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