Alter Ziegeleiweg in Wenigentaft
Neuer Themenrundweg zur industriellen Geschichte eröffnet
Wandergruppe am Startpunkt zur Einweihung des "Alten Ziegeleiweges" rund um Wenigentaft
Foto: Gemeinde Buttlar
09.06.2024 / RHÖN -
Mit einer geführten Wanderung am neu konzipierten "Alten Ziegel-weg" wurde kürzlich der ca. 6 km lange Themenweg rund um Wenigentaft feierlich eingeweiht. Mit der Projektförderung des Thüringer Ministeriums für Umwelt, Energie und Naturschutz (TMUEN) in Höhe von 22.562,40 Euro konnten neun Tafeln mit historischen Informationen und Fotos zur industriellen Geschichte dieser Grenzregion errichtet werden.
Wenigentaft im Ulstertal gehört zu den Orten entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, die zwischen 1952 und Mitte der 1980er Jahre durch eine massive Deindustrialisierung im Grenzgebiet der DDR betroffen waren. Diese sinnbildlichen "Grenzerfahrungen" prägten nicht nur die Einwohner stark, sondern auch die Landschaft in diesem Teil des heutigen UNESCO-Biosphärenreservats Rhön. Denn Wenigentaft lag im berüchtigten 500 Meterstreifen, in dem viele Häuser und Gehöfte mit jahrhundertelanger Geschichte damals zur "eigenen Sicherheit der Bürger" abgerissen wurden. Hinzu kamen Zwangsumsiedelungen und auch der Rückbau von Infrastruktur wie beispielsweise Bahnlinien als Reparationsleistung an die Sowjetunion. Viel Geschichte auf kleinstem Raum, in kürzester Zeit.
"Die Idee für den Themenrundweg "Alter Ziegelweg" entstand bereits 2015 unter den Einwohnern rund um die 1200-Jahrfeier von Wenigentaft. Hierzu wurden Projekte für die zukünftige Dorfentwicklung erarbeitet. An die ehemaligen Betriebe, Arbeiter, Häuser, Höfe und ihre Zerstörung zu erinnern und somit die industrielle Geschichte Wenigentafts aufzuarbeiten, war ein großes gemeinschaftliches Anliegen", so Johannes Ritz von der Gemeinde Buttlar.
Mit dem Start der Förderung durch das Thüringer Ministerium für Umwelt, Energie und Naturschutz innerhalb der "Investiven Projekte zur nachhaltigen Entwicklung der Nationalen Naturlandschaften Thüringen" 2021 wurde aus der Idee ein konkretes Vorhaben und ein Projektantrag für einen neuen Themenrundweg der Gemeinde Buttlar, Ortsteil Wenigentaft. Mit Bewilligung und Zuwendung konnten entlang verschiedenster Stationen Informationstafeln errichtet werden. Der Wanderweg beginnt am Bahnhofsparkplatz Wenigentaft, der einen bedeutenden Bahnhofsknoten für die gesamte Rhön darstellte und führt über die Dampfziegelei, die in der Spitze der Jahresproduktion von vier Millionen Ziegeln überregional bekannt war, über den Friedhof zum Nationalen Naturmonument "Grünes Band Thüringen" bis hin zur Buchmühle. Mit Blicken auf die alten Tongruben und dem Gestüt Mansbach sowie auf das Ulstertal kehrt die Wegeführung am Fuße des Standorfsbergs, an dem zu Kriegsende ein amerikanisches Flugzeug abgestürzt war, zurück nach Wenigentaft. Zeugen der industriellen Geschichte sind Relikte inmitten der Natur, denn hier befinden sich heute noch behauene Steine und Fundamentreste, beispielsweise der Seilbahn zur Tongrube im hessischen Mansbach.
Zur feierlichen Einweihung hatten sich ca. 45 Wanderer am ehemaligen Bahnhof Wenigentaft zusammengefunden, die bereit waren, den "Alten Ziegeleiweg" gemeinsam zu entdecken. Der Rhönklub Zweigverein Geisa führte die Gruppe innerhalb von drei Stunden entlang des Themenrundweges und erläuterte mit viel Hintergrundwissen und Zeitzeugenberichten die industrielle Geschichte dieser Grenzregion. Zum Abschluss wurde ein großes Fest am ehemaligen Bahnhof in Wenigentaft gefeiert.
"Mit dem "Alten Ziegeleiweg" bei Wenigentaft ist eine neue touristische Attraktion entlang des Nationalen Naturmonuments "Grünes Band Thüringen" entstanden, der einen weiteren Teil der Erinnerungskultur mit besonderem Naturerlebnis hier im UNESCO-Biosphärenreservat Rhön verbindet. Ein sehr empfehlenswerter Ausflug für die ganze Familie", so Ulrike Schade, Dienststellenleiterin der Thüringer Verwaltung UNESCO-Biosphärenreservat Rhön. (pm) +++
Blick auf Wenigentaft vom Fuße des Standorfsberges \r\n
Foto: U. Schade
\"Innerdeutsche Grenze zur Grenzöffnung im Herbst 1989\"
Foto: U. Schade