Battle of Barock III in der Esperantohalle

Sergej Braun verteidigt seinen Titel und bleibt Weltmeister

Harte Treffer, viel Schweiß: Es ging tüchtig rund bei der Battle of Barock
Alle Fotos: Martin Engel

26.05.2024 / FULDA - Es ist Mitternacht, und am Ende eines denkwürdigen Abends voller Spannung, Power, Action und sportlicher Klasse kam das Beste wieder einmal zum Schluss: Sergej Braun verteidigte seinen Titel und bleibt Weltmeister. Mit 3:0 siegte er einstimmig, wenn auch bei allen Punktrichtern knapp, gegen den Franzosen Bilal Bakhoufchareuf. Siege gab es auch für die Fuldaer Kämpfer Dominik Arnold und Marcel Steidle. Sinan Seferagic indessen zog den Kürzeren.


Um 19.37 Uhr geht's los. Die Begrüßung erfolgt. Ohrenbetäubender Lärm im Rund. Wann hat Fulda das schon erlebt? Die Ränge sind prima gefüllt. Der Reigen der Kämpfe beginnt. Die Esperantohalle wird zum Tollhaus. Auf ihr Kämpfer, euch gehört die Bühne. Ehe Fuldas Matadoren in den Ring steigen, müssen sich die heißblütigen Fans noch etwas gedulden.

Der erste Kampf des Profi-Abends ist vorüber. Fetzige Musik begleitet die Zuschauer, aus deren Gesichtern abzulesen ist: Sie sind nicht nur sofort on fire - sie sind auch dankbar, dass es ein solches Angebot in Fulda gibt. War zunächst reines Boxen angesagt, bestimmt nun Kickboxen die Szenerie. Körpernahe, zunehmend enge Kontakte prägen das intensive Geschehen. Die Zuschauer gröhlen. Ein Tel in Fulda ist aus dem Häuschen. Wer ist eigentlich noch zu Hause?

Als der Ansager das Publikum auffordert, "hey, das ist kein Seniorennachmittag hier", zündet er die Zuschauer endgültig an. Er kitzelt sie. Und spielt mit ihnen. In Kampf drei legt mit Dominik Arnold ein weiterer Kämpfer aus Brauns Gym Feuer in den Ring. In der Klasse bis 80 Kilogramm geht er an den Start, von seinen 30 Kämpfen hat er stolze 29 gewonnen. In Runde zwei gelingt Arnold ein Wirkungstreffer. Er ist obenauf. Und da ist es: Plötzlich bricht der Ringrichter den Kampf ab: Arnold gewinnt durch technischen K.o vorzeitig.

Die Zuschauer toben. Jetzt ist wieder Kickboxen dran. Ein K.o in Runde eins? Noch nicht. Aber wenig später ist der Kampf beendet. Das Urtei: RSC Injury. Der Unterlegene hat einen Cut. Aus. Dann betritt ein Bekannter die Bühne: Mario Dimitroff. Er holte einst den Kampfsport nach Fulda, war in den 1980er-Jahren Deutscher-, Welt- und Europameister. Er bemüht sein Herz und bedankt sich bei allen für den Aufwand, solche Veranstaltungen nach Fulda zu holen. 

Auch der nächste Kampf findet ein vorzeitiges Ende. Hier ist was los. Hier, wo Anfang August die European Open im 9-Ball des Billards über die Bühne gehen, ist so richtig Action. Spürt Fulda eigentlich, was in Osthessens zentralem Ort geboten wird?

21.16 Uhr. Jetzt ist er an der Reihe: Sinan Seferagic. Im Kampf gegen Marcel Schönbon. Seferagic will den Titel des Deutschen Meisters. Die deutsche Nationalhymne wird gespielt. Die Zuschauer erheben sich. Und der Ansager gibt wie immer alles. Er erinnert an Michael Buffer. In seiner sonoren, durchdringenden Stimme, die immer mehr an Fahrt aufnimmt. Er reißt das Volk mit. Es ist ein Abend des Genießens.

Schnappt sich Seferagic den Kickbox-Titel? Die Zuschauer wirken wie betäubt. Sie gehen mit. Mitreißendes liegt auf ihren Lippen. Der Kampf ist offen. Seferagic landet zwei Wirkungstreffer mit seiner Linken. Sein flinker Gegner aber lässt nicht locker. Spannung, Nervenkitzel und Bangen liegen in der Luft. Applaus für beide Kämpfer ist berechtigt.

Ring frei für Runde drei. Seferagic gibt alles. Er fightet vehement. Endlich: Seferagic spürt die warme Unterstützung der Zuschauer. Das Publikum tobt. Als gäbe es kein Morgen. Die Zuschauer bedanken sich. Lob bleibt nicht aus, für "das beste Kampfsport-Publikum, was man haben kann". Die letzte Runde dieser deutschen Meisterschaft steht an: Runde vier.

Seferagic muss eine rechte Gerade einstecken, teilt aber ebenfalls aus. Wie fällt das Urteil aus? Marcel Schönbon siegt einstimmig mit 3:0. Beide aber haben den Applaus verdient. Patrick Franz, Organisator der Battle Barock-Veranstaltungen, informiert immer wieder - und bittet namhafte Kämpfer auf die Bühne. Am Abend, der elektrisiert. 

Jetzt sind die Schwergewichte an der Reihe. Zum Beispiel Marcel Steidle aus Fulda. Er trifft auf Kenan Hanjali. Der Geräuschpegel steigt. Steidle gibt alles. Der Fuldaer landet Wirkungstreffer, muss aber genauso einstecken. Ein Fight auf Biegen und Brechen. Ausgangs der zweiten Runde kommt Steidle noch mal. Er trifft. Die Spannung bleibt. Es scheint, als rette sich Steidles Gegner in Runde drei in die Seile.

Steidle ringt seinen Kontrahenten unter Anfeuerung der Zuschauer nieder. Runde vier, die letzte, steht an. Hanjali ist wieder aufgewacht. Steidle aber im Vorwärtsgang. Nochmal ein "linker Wischer" des Fuldaers. Wie endet dieser Fight nur? Nochmal eine Rechte von Steidle. Ist der Fuldaer der Sieger? Ja, er siegt einstimmig mit 3:0. Die Punktrichter waren sich einig. Warmer Regen von den Zuschauerrängen. 

Keiner rollt das "R" so schon wie der Ringsprecher oder Ansager. Selbst der legendäre Michael Buffer würde vor Neid erblassen. Unterdessen zeigen die Nummerngirls die nächste Runde an. Gelernt ist gelernt. Und manche der Zuschauer vertreten sich die Beine in einer Veranstaltung, die doch zäh wird und sich in die Länge zieht. Ehe es zum Höhepunkt des Abends kommt.

Es ist 23.23 Uhr, als der Ringsprecher den Showdown eröffnet. Sergej Braun betritt die Bühne. In der Gewichtsklasse bis 81,5 Kilogramm. "Ich rufe den Lokalmatador in die rote Ecke", kündigt der Sprecher vollmundig an. Alle Zuschauer haben sehnsüchtig darauf gewartet. Beide Nationalhymnen werden gespielt: die Marseillaisse für Brauns Gegner Bilal Bakhouchareuf - die deutsche für Braun.

Die Vorstellung der Kämpfer folgt. Die Anspannung steigt. Beifall brandet auf für Braun. Keiner versteht sein eigenes Wort. 23.31 Uhr. Es geht los. Die Zuschauer kreischen. Und feuern Braun an. Noch nie war es in Fulda um diese Uhrzeit so spannend. Runde eins verläuft ohne besondere Vorteile für Champion oder Herausforderer.

Runde zwei. Die Spannung steigt. Jedem kriecht sie unter die Haut. Braun wirkt sehr fokussiert und konzentriert. Mit gesicherter Deckung. Jetzt setzt er Wirkungstreffer. Das Publikum tobt. Sidesteps folgen geziele Angriffe. Vorteil Braun. Manchmal erinnern seine Bewegungen an die des berühmten Muhammad Ali: Jump like a butterfly, sting like a bee.

Runde drei. Braun lässt nichts zu, bietet kaum eine Angriffsfläche. Jetzt setzt er eine Rechte. Körpertreffer bleiben ohne Wirkung. Braun teilt aus. Mit Fuß-Attacken. Noch immer scheint das Duell offen. Runde vier. Braun setzt nach. Eine Rechte trifft. Braun kommt. Die Zuschauer stehen hinter ihrem Kämpfer. Eine kurze Links-Rechts-Kombination Brauns sitzt. Braun punktet jetzt. Mit einer Kombi Fuß-Attacke und rechter Geraden. 

Die letzte Runde steht an. Finale furioso. Beide schenken und geben sich nicht viel. Das Publikum tobt. Ekstase macht sich breit. Eine Fußtechnik des Franzosen trifft Braun. Der Franzose wird kurz angezählt. Dann ist Schluss. Wie das Urteil ausfallen mag? Laute Rhythmen sollen die Zeit vertreiben. 

Da ist es. "War das eine Schlacht", sagt der Sprecher. Jeder einzelne Punktrichter wertete den Kampf knapp. Aber einstimmig: Sergej Braun bleibt Weltmeister. Es ist 23.55 Uhr am Ende eines denkwürdigen Abends. 
(wk) +++

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