Europawahl 2024
Sven Simon (CDU): "Linksgrüne Regulierung oder bürgerliche Vernunft"
Der 45-Jährige ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments
Fotos: Finn Rasner
21.05.2024 / FULDA -
Sven Simon ist seit 2019 Mitglied des Europäischen Parlaments. Der 45-Jährige ist Spitzenkandidat der CDU Hessen für die Europawahl 2024 und sieht in der Wahl am 9. Juni eine Richtungsentscheidung auch für den Normalbürger: Bürokratie und Überregulierung oder bürgerliche Vernunft?
Das Interesse der Deutschen an der Europawahl ist eher gering, dabei werden in Brüssel und Straßburg wichtige Weichen gestellt, die auch das Leben der Menschen vor Ort beeinflussen: "Wir wollen die rot-rot-grüne Euro-Ampelmehrheit ablösen durch eine bürgerliche Mehrheit der Mitte und Vernunft. Ob man den Klimawandel durch Bürokratie und Überregulierung bekämpft oder durch marktwirtschaftliche Mechanismen - das macht am Ende auch einen Unterschied für die Osthessen. Ob man Kinderarbeit durch das Lieferkettengesetz bekämpft, das für mittelständische Unternehmen vor allem Bürokratie mit sich bringt, oder durch Schwarzlisten, das macht für die Osthessen einen Unterschied", erklärt Simon.
Großthemen Migration, Klima und Sicherheit
Die Großthemen Migration, Klima und Sicherheit bestimmen den Europawahlkampf. Rechte Parteien schneiden bei aktuellen Umfragen gut ab, vor allem beim Thema Migration: Ist man bei der Verschärfung des EU-Asylrechts von den Rechten getrieben worden? "Gauck hat es schön gesagt: 'Unsere Herzen sind weit, aber unsere Möglichkeiten endlich.' Wir können in unseren Kommunen und Landkreisen unserem eigenen Anspruch nicht mehr gerecht werden, der darin besteht, Menschen nicht nur unterzubringen, sondern zu integrieren. Die wenigsten Menschen, die zu uns kommen, haben auch ein Anrecht darauf, zu bleiben. Deswegen wird das System nicht mehr akzeptiert. Wenn wir dagegen den Menschen schon vor Ort, in ihren Ursprungsländern, helfen, können wir vor allem mehr Menschen helfen."
Neben Abkommen mit Ursprungs- und Transferländern soll die Verstärkung der europäischen Außengrenzen gegen illegale Grenzübertritte helfen: "Wir müssen selbst entscheiden, wer nach Europa einreist - nicht die Schlepper und Schleuser. Es ist ein Geschäftsmodell mit dem Schicksal der Menschen entstanden, diese organisierte Kriminalität müssen wir beenden." Unorthodoxe Maßnahmen der Fachkräftegewinnung wie den "Spurwechsel", der aus der Asyl- in die Erwerbsmigration führen soll, sieht Simon kritisch: "Das Gros der Menschen, die kommen, sind keine Fachkräfte. Aber beim Fachkräftewettbewerb haben wir Nachteile gegenüber anderen Staaten wie Australien, der Schweiz, Kanada und der USA. Dort existieren bessere Zuwanderungsmodelle und höhere Löhne."
Technologie-Unabhängigkeit in systemrelevanten Bereichen
Zur "Europäischen Sicherheitsunion" soll auch Energiesicherheit und Technologie-Unabhängigkeit in systemrelevanten Bereichen gehören: "Wir sollten nicht von De-Coupling reden, sondern von De-Risking: Bei systemrelevanter Infrastruktur, ob Mobilfunk oder Cybersicherheit im Bereich der Energieversorgung, müssen wir abwägen, wie sehr wir den Markt offenhalten wollen. Die Chinesen kaufen sich in Europa zusammen, was sie wollen. Gleichzeitig profitieren wir aber sehr stark von Export und Welthandel. Wir brauchen Handelsabkommen mit gleichgesinnten Staaten. Je mehr wir davon haben, desto weniger abhängig sind wir von Diktaturen."
Das Einstimmigkeitsprinzip bei Abstimmungen unter Mitgliedsstaaten der Europäischen Union hat es ermöglicht, dass der Ministerpräsident von Ungarn seine Zustimmung zur Ukraine-Hilfe von der Freigabe eingefrorener Gelder abhängig machen konnte. Wie viel Kompromiss verträgt Europa? Sollte es nicht Möglichkeiten einer engen Zusammenarbeit unterhalb der EU-Vollmitgliedschaft geben? Simon winkt ab: "Wir haben mit anderen Regierungen in Europa auch Probleme: die Journalistenmorde in Malta, die Korruption in Rumänien oder der durch und durch korrupte Herr Babiš in Tschechien, die Rechtsradikalen in Polen. Europa ist zu seinem Schicksal vereint, aber das bedeutet auch Kompromisse. Da müssen die Deutschen gelegentlich nicht ganz so geschichtsvergessen und mit etwas Empathie den Dingen begegnen." (mau) +++