Bußgeldstellen-Bilanz
Zahl der Verkehrsanzeigen steigt deutlich an - Straf-Rekordsumme eingegangen
Fotos: O|N-Archiv / Henrik Schmitt / Privat
17.05.2024 / REGION -
Die Zentrale Bußgeldstelle des Landes Hessen am Regierungspräsidium (RP) Kassel hat im Jahr 2023 landesweit rund 1,47 Millionen Verkehrsanzeigen bearbeitet – knapp 200.000 mehr als im Jahr zuvor. Auch der Anteil schwerwiegender Verstöße legte nochmals zu. Das Überschreiten der erlaubten Geschwindigkeit ist nach wie vor der weit überwiegende Tatbestand.
Nach einem leichten Rückgang in 2022 stieg die Zahl der bearbeiteten Verkehrsanzeigen im zurückliegenden Jahr wieder merklich an, konkret um 196.375 Fälle bzw. rund 15,5 Prozent auf 1.465.864 Anzeigen. Das sei der höchste Anzeigenstand der vergangenen fünf Jahre, teilte Regierungspräsident Mark Weinmeister bei der Vorstellung der Bußgeldbilanz in Kassel mit. "Wie die Zahlen zeigen, hatten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ZBS im vergangenen Jahr viel zu tun.
Änderung des Bußgeldkataloges
Insbesondere aufgrund der Änderungen des Bußgeldkataloges im November 2021 wurden viele Verkehrsverstöße nicht mehr als geringfügig, sondern als schwerwiegend eingestuft. Diese Verstöße, die nun in den Bußgeldbereich fallen, erfordern einen wesentlich höheren zeitlichen Bearbeitungsaufwand und stellen mehr als die Hälfte der hier eingegangenen Verkehrsordnungswidrigkeiten dar", so Weinmeister."Darüber hinaus haben die Polizeidienststellen und die kommunalen Ordnungsbehörden ihre Tätigkeiten im Rahmen der Verkehrsüberwachung intensiviert. Das hat zu einem Anstieg der Gesamtzahl der Anzeigeneingänge bei der ZBS Hessen geführt", ergänzte der Leiter der Zentralen Bußgeldstelle, Christian Herr. "Um der steigenden Arbeitsbelastung zu begegnen, entwickelt die Bußgeldstelle seit jeher Digitalisierungslösungen. Diesen Prozess haben wir auch 2023 weiter intensiviert."
Anzeigeneingang
Mit der am 09.11.2021 in Kraft getretenen Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung wurden insbesondere im ruhenden Verkehr die Sanktionen zum Schutz schwächerer Personen (z.B. Parken auf Geh- und Radwegen) sowie die Sanktionen im Bereich der Geschwindigkeitsüberschreitung verschärft. Dementsprechend wurde eine Vielzahl von Tatbeständen aus dem Bereich der geringfügigen Ordnungswidrigkeiten, die mit einem Verwarnungsgeld belegt waren, in den Bereich der schwerwiegenden Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße über 55 Euro (Bußgeldverfahren) angehoben. In der Konsequenz entfällt nun mehr als die Hälfte der Verkehrsverstöße (792.403, plus 125.492 ggü. dem Vorjahr) auf den schwerwiegenden Bereich. Im Gegenzug entfielen "nur" noch 673.461 Anzeigen (plus 70.883) auf den geringfügigen Bereich. Ein Trend, der sich bereits im Vorjahr bemerkt gemacht, aber 2023 nochmals leicht verstärkt hat.Die Zahl der Alkohol- und Drogenverstöße belief sich auf 3.522. Davon entfielen 25 auf Fahranfängerinnen und -anfänger, für die ein absolutes Alkoholverbot gilt. In 312 Fällen wurden verschärfte Sanktionen wegen wiederholten Fahrens unter Alkohol- und Drogeneinfluss verhängt.
Verfolgung und Vollstreckung
In 2023 erließen die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter der ZBS 653.918 Bußgeldbescheide (plus 160.175 ggü. dem Vorjahr), davon 27.145 mit Fahrverbot. 11.279 Bußgeldbescheide betrafen Halt- und Parkverstöße, 79.181 andere geringfügige Verstöße. In Verfahren wegen Halt- und Parkverstößen wurden 113.659 Kostenbescheide gemäß § 25a StVG erlassen, weil die Fahrzeugführerin / der Fahrzeugführer nicht festgestellt werden konnte. In 28.187 Fällen (4,4 Prozent) wurden die Verfahrensakten aufgrund eines Einspruchs an die Justiz abgegeben. Die Vollstreckung von Geldforderungen wurde in 72.047 Fällen eingeleitet. 25.023 Führerscheine wurden von der ZBS entgegengenommen und zwischen einem und drei Monaten sicher verwahrt. In 1.875 Fällen musste die Beschlagnahme des Führerscheins angeordnet werden, um die Betroffenen zur Abgabe ihres Führerscheins zu bewegen.Den größten ausländischen Anteil an Verkehrsverstößen in Hessen haben weiterhin die Länder Polen und Niederlande. Im Rahmen der EU-Richtlinie über die grenzüberschreitende Verfolgung von Verkehrsverstößen werden acht Deliktsarten geahndet, wobei Geschwindigkeitsüberschreitungen mit 93,5 Prozent vertreten sind. Die weiteren Delikte betreffen unter anderem Rotlichtverstöße, unbefugte Fahrstreifenbenutzung, Nicht-Anlegen des Sicherheitsgurtes und Handy-Verstöße.
Abgeschlossene Verfahren
Im Jahr 2023 schloss die ZBS 1.468.363 Verfahren ab (1.392.963 in 2022). 73,36 Prozent der Betroffenen (1.077.159 Fälle) zahlten die ihnen auferlegten Geldbeträge, davon in 362.502 Fällen nach schriftlicher Verwarnung, in 538.060 Fällen nach Erlass des Bußgeldbescheids, in 52.732 Fällen nach Mahnung, in 20.495 Fällen nach Vollstreckung und in 1.279 Fällen nach Einleitung des Erzwingungshaftverfahrens. Kostenbescheide gemäß § 25a StVG gingen in 57.630 Fällen der Zahlung voraus. Die Zahlungsbereitschaft musste davon in 28.776 Fällen durch eine Mahnung und in 15.685 Fällen durch Vollstreckungsmaßnahmen geweckt werden. 231.492 Verfahren wurden 2023 eingestellt, weil die verantwortliche Person nicht festgestellt werden konnte.Einnahmen
Aus den verfolgten Ordnungswidrigkeiten flossen 2023 105.744.814,37 Euro in den Landeshaushalt. Im Jahr 2022 beliefen sich die Einnahmen auf 88.622.081,00 Euro. Das Einnahmeplus beträgt damit rund 19,3 Prozent. "Auch in diesem Jahr wurde ein neuer Rekordwert bei der Gesamtsumme erreicht, dieser liegt erstmals im dreistelligen Millionenbereich. Gegenüber 2022 haben wir mehr als 17 Millionen Euro mehr für den Landeshaushalt vereinnahmt. So erfreulich diese Einnahmen für den Finanzminister sein mögen, so nachhaltig führen sie hoffentlich vorrangig zu einem Lerneffekt bei den betroffenen Verkehrssünderinnen und Verkehrssündern", so Weinmeister. "Uns als Landesverwaltung kommt es nämlich nicht in erster Linie darauf an, Jahr für Jahr neue Einnahmerekorde zu generieren – im Gegenteil: Unser wichtigstes Ziel zusammen mit den Polizei- und Ordnungsbehörden ist es, für Sicherheit auf Hessens Straßen zu sorgen. Und die Zahlen zeigen: einen gewissen Prozentsatz der Bevölkerung müssen wir weiterhin über den Geldbeutel zu einer angepassten Fahrweise animieren." (pm) +++