Landarzt-MVZ Rhön

Landlust statt Frust: Arztpraxis versorgt Patienten aus der ganzen Rhön

Zur Inbetriebnahme der neuen Arztpraxis "Steinwiesen 1" am Mittwoch kam nicht nur das Praxisteam, sondern auch der Bürgermeister und andere Honoratioren
Fotos: Marius Auth

09.05.2024 / POPPENHAUSEN (WAKU) - Als vor sechs Jahren Hausarzt Dr. Martin Wittig in Poppenhausen (Landkreis Fulda) offenbarte, dass er seine Praxis nicht mehr alleine weiterführen kann, schrillten beim Bürgermeister die Alarmglocken: Nach der Arztpraxis schließt im Normalfall die Apotheke, die Standortattraktivität leidet. Aber in der Rhöngemeinde entschied man sich zum Gegenangriff: Ein ambitioniertes medizinisches Versorgungszentrum kümmert sich inzwischen um Patienten aus der ganzen Rhön. Am Mittwoch wurde die neue Arztpraxis eingeweiht.



Von der Wachtküppelstraße ins medizinische Versorgungszentrum in der Steinwiesen, von ursprünglich 2,0 Vertragsarztstellen auf inzwischen 3,75: Poppenhausen hat gerade 2.600 Einwohner, aber eine ausgezeichnete medizinische Infrastruktur. Bürgermeister Manfred Helfrich, der erst den Wegzug der Bäckerei Pappert verschmerzen musste, freute sich deshalb besonders über die neuen Arztpraxis-Räumlichkeiten: "Wir sind zwar nur eine kleine Gemeinde, haben aber trotzdem mehrere Ärzte, einen Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logotherapeuten und eine Apotheke vor Ort. Das macht Poppenhausen attraktiv, auch für ältere Menschen."


Vom Versorgungsnot-Szenario zur Erfolgsgeschichte

Im Wohn- und Praxisgebäude Steinwiesen 1 kommt die neue Arztpraxis mit sechs Sprechzimmern im Erdgeschoss unter, wo auch bereits der Physiotherapeut und das Fitness-Studio eingezogen sind. Um einen Psychotherapeuten wird sich momentan bemüht. Dr. Daniel Nolte, Geschäftsführer der Landarzt-MVZ Rhön GmbH, der in einer Gemeinschaftspraxis in Eichenzell-Rothemann arbeitet, skizzierte bei der Einweihung, wie aus dem allzu bekannten Versorgungsnot-Szenario die Erfolgsgeschichte wurde: "Das Projekt Landarzt-MVZ Rhön hat vor mehr als zehn Jahren begonnen: Im Landkreis gibt es viele alte Ärzte, damals war die Altersverteilung bei Hausärzten besonders unvorteilhaft - mehr als die Hälfte war schon über 60. Das Gesundheitsnetz Osthessen hat sich deshalb damals mit den Ärzten zusammengesetzt, um zu überlegen, wie junge Ärzte aufs Land gelockt werden können - die Landarztarbeitsgruppe war geboren."



Da Fachkräftegewinnung und Infrastrukturmaßnahmen langwierige Unterfangen sind, ist man in der Rhön froh, das Problem frühzeitig angegangen zu sein: Zwei Arztpraxen mit inzwischen 5,75 Vertragsarztstellen sowohl in Ebersburg-Schmalnau als auch in Poppenhausen umfasst die Landarzt-MVZ Rhön GmbH, die Patienten kommen aus der ganzen Rhön. Neben dem medizinischen Geschäftsführer Nolte steht der kaufmännische: Markus Knöfler arbeitet bei der Management-Gesellschaft Conclusys aus Hamburg, die bereits 60 MVZ-Projekte in ganz Deutschland realisiert hat. "Die dringende Notwendigkeit medizinischer Versorgungszentren auf dem Land wird inzwischen in der Politik erkannt - aber nicht jede Kommune geht das Problem gleich gut an. Hier in Poppenhausen wurde dagegen gleich eine Immobilie gebaut, die als Zentrum zur Daseins- und Gesundheitsvorsorge die infrastrukturelle Frage für diejenigen beantwortet, die zählen: die Fachkräfte. Die gilt es, zu gewinnen und zu halten. Eine langfristige Strategie geht deshalb über die Praxis hinaus."


Unterstützung aus der Politik

Von der Idee, die zusammen mit dem Gesundheitsnetz Osthessen entwickelt wurde, bis zur Gründung der Landarzt-MVZ Rhön GmbH hat es nur fünf Monate gedauert - am 1. April 2019 konnte Hausarzt Dr. Martin Wittig in Poppenhausen, der Alarm geschlagen hatte, bereits mit MVZ-Personal unter die Arme gegriffen werden. Nach fünf Jahren hätten sich stabile Strukturen gebildet, die sich jetzt unter anderem in der neuen Arztpraxis manifestierten, freute sich Knöfling. Großzügige Unterstützung aus der Politik habe auch geholfen, aus der Idee das MVZ zu machen, erklärte Helfrich: "Wir hatten einen Finanzbedarf von 300.000 Euro angemeldet, die Hälfte wurde gefördert, jeweils 50.000 Euro gab es vom Landkreis für die MVZ-Praxen Schmalnau und Poppenhausen - unter anderem, weil im Landarzt-MVZ auch andere schwächelnde Praxen unterkommen können sollen." (mau) +++

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