Alarmierungsfehler? Das sagt der Landkreis
Nach Feuertaufe: Starkregenfrühwarnsystem hat sich wacker geschlagen
Kürzlich im Fuldaer Stadtteil Niederrode.
Archivbild: O|N / Rene Kunze
16.05.2024 / REGION FD -
"Sofort höhere Räume aufsuchen. Sofort überflutete Straßen und Uferbereiche verlassen, Anweisungen der Rettungskräfte befolgen", so warnte die kürzlich flächendeckend im Landkreis Fulda in Betrieb genommene "Starkregen-App" am Donnerstag (02.05.) vor zwei Wochen. Berechtigt, oder übertrieben?
"Alle von Starkregen betroffenen Gebiete wurden exakt erkannt, die entsprechenden Alarmierungen wurden ausgelöst", erklärt der Landkreis Fulda auf Anfrage der OSTHESSEN|NEWS-Redaktion. Über das Netz aus Pegelstand- und Niederschlagsmessern sowie Kanalsensoren seien kontinuierlich Daten erfasst und an ein Cloudsystem gesendet worden. "Das System kombiniert die aktuellen Daten mit Prognosen, aktuellen Wetterdaten und Schwellenwerten des Deutschen Wetterdienstes", so der Landkreis.
Wer an besagtem Sonntag in vielen Teilen Künzells aus dem Fenster geschaut hat, der fragte sich wohl nicht zu Unrecht: "Hä?". Draußen ein normales Frühlingsgewitter, der Regen fließt unspektakulär über die Straße ab. Also doch ein Alarmierungsfehler? Jein. "Im Einzugsgebiet Künzell wurden Niederschläge von bis zu 40 mm mit Spitzen von über 57 mm pro Stunde gemessen. Nach Definition des DWD entspricht dies heftigem bis extremem Niederschlag mit 'Gefahr bis großer Gefahr für Leib und Leben'. Die Alarmierung der Stufe S3 war demnach folgerichtig", meint der Landkreis.
Ein Regensensor für 30 Quadratkilometer Gemeindefläche
Der Fehler steckt wohl im Detail. In der gesamten Gemeinde Künzell gibt es auf guten 30 Quadratkilometern nur einen Niederschlagssensor. Bekommt dieser also heftigen Regen ab, verzeichnet das System diesen im gesamten Gemeindegebiet. Plötzlich ergibt die Warnung Sinn - zumindest in der Theorie. "Festzustellen ist, dass für die Größe des Einzugsgebiets eine weitere Gebietsunterteilung mit zusätzlichen Niederschlagsmessungen sinnvoll ist", gesteht auch der Landkreis ein.
Dennoch beharrt man: "Das System liefert verlässliche Daten. Alle Sensoren haben funktioniert, Messdaten aufgenommen und bei einer Gefährdung zu einer Alarmierung geführt". Eine erhellende Antwort auf die Frage, wie Bürger die Warnungen, also das System im Ist-Zustand ernst nehmen sollen, gibt es nicht. Auch aus Sicht der Gemeinde Künzell gibt es Nachbesserungsbedarf, doch nicht alles sei schlecht. Am "Wording" der Warnhinweise müsse man noch schrauben. Am Ende sei die App vor allem für die Koordination der Feuerwehr und Bewohner von Uferrändern - also häufig überfluteten Gebieten - hilfreich. Und genau hier habe die App auch funktioniert.
Wo wurde wie gewarnt, und wie haben sich die Überschwemmungen tatsächlich ereignet?
"Alarmierungen erfolgten für die Starkregengefahren-Stufe 1 (intensiv, z. B. Rückstaugefahr) in Ehrenberg, Stufe 2 (außergewöhnlich, z. B. Überflutungsgefahr) in Hilders, Eichenzell und Fulda-Süd und Stufe 3 (extrem, z. B. wild abfließendes Wasser) in Künzell, Hosenfeld und Neuhof-Giesel.
Die Alarmierungen erfolgten an Bürgerinnen und Bürger über die Starkregen-App mit Push-Nachrichten. Die Alarmierungen für Verwaltung und Rettungskräfte erfolgten per SMS sowie in der Stufe S3 mit zusätzlichem Sprachanruf. Beispiele von Überflutungen waren auf diversen Fotos und Videos in den regionalen Medien zu sehen.
In Zusammenarbeit mit den Feuerwehren werden die Einsätze ausgewertet". (Moritz Bindewald) +++