Aus der Kreistagssitzung

Kritik an Informationsfluss, Jugendparlament und ein Bekenntnis zu den Schulen

Kreistagssitzung am 6. Mai im Sitzungssal im Landratsamt.
Fotos: Christopher Göbel

07.05.2024 / BAD HERSFELD - Auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung am Montagnachmittag standen keine bahnbrechenden, aber dennoch nicht unwichtige Punkte, mit denen sich die Kreistagsabgeordneten rund zweieinhalb Stunden im Kreistagssitzungssaal im Landratsamt in Bad Hersfeld beschäftigten.



Die Kreistagsvorsitzende Petra Wiesenberg (SPD) teilte nach den Formalien zunächst mit, dass in der Fraktion UBL/Bürgerherz ein Wechsel stattgefunden habe. So ist Hans-Jürgen Schülbe vom Fraktionsvorsitz zurückgetreten. Innerhalb der Fraktion sei Tim Schneider zum neuen Vorsitzenden gewählt worden, sein Stellvertreter wurde Dr. Tobias Klingenberg. In einem Schreiben an die OSTHESSEN|NEWS-Redaktion hatte Schülbe mitgeteilt, dass er "alleine aus gesundheitlichen Gründen" vom Fraktionsvorsitz zurückgetreten sei. "Mein direkt gewähltes Kreistagsmandat werde ich weiter behalten und meine großen Erfahrungen, Kontakte und vielfältigen Sachkenntnisse zum Wohle unseres Kreises, ihrer Menschen und unserer Umwelt, soweit es meine Gesundheit erlaubt, einbringen", so Schülbe.

Bei der Beratung über den Ankauf eines Grundstückes in unmittelbarer Nähe des Landratsamtes wurde mehrheitlich angenommen. "Der Preis ist mit 50.000 Euro akzeptabel und wir können dort 22 Parkplätze für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kreisverwaltung bauen", so Landrat Torsten Warnecke. Später könne das Grundstück, das bisher der Stadt Bad Hersfeld gehörte, möglicherweise bebaut werden. Der Änderungsantrag der Grünen, der auf mögliche spätere Erschließungskosten hinwies, wurde abgelehnt. "Der Änderungsantrag ist überflüssig", so Manfred Fehr (SPD). 

Klares Bekenntnis zu den Schulen im Kreis

Einigkeit hingegen herrschte beim Thema "Fortschreibung des Schulentwicklungsplans" für alle Schulen im Landkreis. "Dieser Plan sendet zwei Signale: Stabilität und Robustheit unserer Schulen und des Schulstandorts", sagte Karsten Vollmar (SPD). Trotz Corona seien keine Schulen geschlossen worden, was bei zukünftig prognostizierten steigenden Schülerzahlen, als richtige Entscheidung zu werten sei. Auch die sprachliche Bildung von ausländischen Kindern gelinge im Landkreis gut. "Auch wir unterstützen den Schulentwicklungsplan vollumfänglich", sagte Jan Saal (CDU). Es sei "ein klares Bekenntnis zu einer Schule, die niemanden zurücklässt". Saal: "An Bildung darf nicht gespart werden". Martina Selzer (B'90/Die Grünen) sah darin ein "sehr positives Zeichen für die Zukunft unseres Landkreises". Insgesamt ist der Landkreis als Schulträger für 47 Schulen verantwortlich.

Auch bei den Themen "Vorbeugender Brandschutz" und "Berichte der Patientenfürsprecherinnen" herrschte Einstimmigkeit. Nora Mannel (SPD) dankte den Patientenfürsprecherinnen. "Durch die drei Patientenfürsprecherinnen am Klinikum Bad Hersfeld am Herz-Kreislaufzentrum und in der Orthopädie wird eine sehr notwendige Aufgabe ehrenamtlich übernommen. Das verdient höchste Anerkennung", fügte Christa von Baumbach (B'90/Die Grünen) hinzu. Die Zufriedenheit der Patienten im Landkreis sei "meiner Meinung nach die beste Werbung".

Die Jahresabschlüsse 2019 und 2020 wurden einstimmig angenommen, ebenso wie die Bildung von Haushaltsausgaberesten aus dem Haushaltsjahr 2023 in das laufende Haushaltsjahr. 

Einrichtung eines Jugendparlaments

Der Antrag der B'90/Die Grünen-Fraktion bezüglich der möglichen Etablierung eines Jugendparlaments stießt auf breite Zustimmung. "Die Zukunft unseres Landkreises hängt von den Kindern ab", sagte Martina Selzer in ihrer Antragsbegründung. "Mitbestimmung beugt Politikverdrossenheit vor." Sie nannte als positives Beispiel den Vogelsbergkreis, in dem es bereits seit 30 Jahren ein Kinder- und Jugendparlament gibt. "Wir wollen Hürden abbauen und den Jugendlichen den Weg in die Politik ebnen", so Selzer. Daniel Iliev (SPD) dankte der Grünen-Fraktion für ihren Antrag. "Das Engagement bei jungen Menschen ist da, sich für die ihnen wichtigen Themen einzusetzen", so Iliev. In Heringen, wo Iliev Bürgermeister ist, gebe es bereits einen Jugendbeirat. Auch der Erste Kreisbeigeordnete Dirk Noll (SPD) sagte: "Wir brauchen die Beteiligung der jungen Menschen." Kritik kam alleine von der AfD-Fraktion: "Der Antrag geht ins Leere", so Birgit Eydt. "Dieser Antrag ist eigentlich ein Auftrag", so die Kreistagsvorsitzende Wiesenberg. Mit breiter Zustimmung - ohne die Stimmen der AfD-Fraktion, wurde über den Auftrag abgestimmt.

Ein bisschen Zoff um Informationspolitik

Ein wenig Diskussionsbedarf gab es bei den folgenden Punkten. Die UBL/Bürgerherz-Fraktion wollte wissen, wie es um die in diesem Jahr an das Bundesgesundheitsministerium gestellte Schadenersatzforderung des Klinikums Bad Hersfeld bestellt sei. "Wie hoch ist die Forderung? Wir wollen über den Werdegang informiert werden", so der neue Fraktionschef Tim Schneider. Manfred Koch (SPD) entgegnete, dass die Fraktion den Antrag hätte zurückziehen sollen. Walter Glänzer (CDU) hingegen merkte an: "Die Parlamentarier müssen ausreichend informiert werden. Ich wünsche mir mehr und bessere Information". Auch Selzer erwähnte eine "unbefriedigende Informationspolitik". Vieles würden die Kreistagsabgeordneten erst "aus den Medien erfahren".

Landrat Warnecke entgegnete - leicht erbost - dass nicht alle Entscheidungen das Klinikum betreffend öffentlich gemacht würden. Mit den Stimmen von CDU, B'90/Die Grünen, FDP (mit einer Enthaltung), UBL/Bürgerherz, FWG und AfD wurde der Antrag gegen die Stimmen der SPD angenommen. Und auch der nächste Antrag der UBL sorgte beim Landrat für Verärgerung: Laut Fraktionsvorsitzenden Schneider seien unter anderem Mitteilungen des Regierungspräsidiums Kassel zum Haushalt "zu spät" an die Parlamentarier weitergeleitet worden. "Ich habe keine Lust auf sowas", entgegnete Warnecke. Es werde "eine verwaltungsinterne Angelegenheit aufgeblasen". René Petzold (SPD) zweifelte an der Notwendigkeit des UBL-Antrages. "Dieser Antrag ist Ausdruck des Misstrauens gegenüber der Kreisspitze", so Petzold. Selzer sagte, dass die Grünen dem Antrag zustimmen würden, allerdings ohne den Begriff "Misstrauen". Bernd Böhle (FDP) hatte "Schwierigkeiten mit dem Antrag". Letztendlich schlug Antragsteller Schneider vor, nur über den Punkt "zeitnahe Information" abstimmen zu lassen. Mit 29 Nein-Stimmen von SPD, FDP, FWG und AfD wurde der Antrag abgelehnt. Dafür gestimmt hatten UBL, CDU und die Grünen: Es gab zwei Enthaltungen.

Zweite Bürgerbeteiligung zum Radverkehrskonzept

Die Anfrage von B'90/Die Grünen zum Radverkehrskonzept beantwortete der Landrat damit, dass durch das beauftrage Planungsbüro rund drei Viertel der Radwege bisher abgefahren worden seien. Eine zweite Bürgerbeteiligung sei geplant. "Ich hoffe, dass wir dann ein Konzept erstellen können, das mit den Kommunen abgestimmt ist", so Warnecke. Eine AfD-Anfrage zum "Umsetzungsaufwand und zur Zweckerfüllung des Prostitutionsschutzgesetzes" konnte Warnecke augenscheinlich zur Zufriedenheit der AfD-Fraktion beantworten.

Der Landrat teilte noch mit, dass im vergangenen Jahr 1,75 Millionen Euro aufgenommen worden seien, die in die Baukosten des Klinikums, die Ausstattung der Leitstelle mit Hard- und Software sowie die PV-Anlage für die Stromtankstelle auf dem Landratsamts-Parkplatz aufgewendet worden seien. Weitere 1,75 Millionen Euro seien in die Schulen geflossen. "Die Situation wird nicht einfacher", so Warnecke.

Der Kreistag wird bereits am 27. Mai um 14 Uhr wieder zusammentreten. Die Einreichungsfrist für Anträge läuft deshalb nur bis zum morgigen Dienstag, 7. Mai. (Christopher Göbel) +++

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