Bei Parteitag

Mit 90 Prozent: Friedrich Merz als CDU-Vorsitzender wiedergewählt

Friedrich Merz wurde beim Parteitag in Berlin als CDU-Parteichef bestätigt
Archivfoto: O|N

06.05.2024 / BERLIN - Die CDU hat ihren Vorsitzenden Friedrich Merz für zwei Jahre mit großer Mehrheit wiedergewählt. Beim Bundesparteitag in Berlin stimmten 873 Delegierte für den 68-Jährigen. Es wurden 972 gültige Stimmen abgegeben.



Mit einer Rede des Parteichefs startet die CDU heute in ihren Bundesparteitag. Die 1001 Delegierten wollen auf dem dreitägigen Konvent die Parteiführung neu wählen, ein neues Grundsatzprogramm diskutieren und den Startschuss für den Europawahlkampf geben.

Bei dem Parteitag unter dem Motto «Zukunft gemeinsam gewinnen» wollen sich die Christdemokraten fünf Wochen vor der Europawahl als Gegenmodell zur Ampel-Koalition präsentieren. Für Aufsehen hatte unmittelbar vor Beginn des dreitägigen Treffens ein Vorstoß des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Daniel Günther gesorgt, die CDU solle sich wieder mehr an der Politik der früheren CDU-Vorsitzenden und Kanzlerin Angela Merkel orientieren. Generalsekretär Carsten Linnemann erwartet eine kontroverse Debatte am ehesten über das Thema Wehrpflicht und Gesellschaftsjahr.

Sicherung von Frieden und Freiheit

Merz erklärte die Sicherung von Frieden und Freiheit zur wichtigsten Aufgabe der kommenden Jahre. Dazu werde Deutschland wieder mehr in die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung investieren müssen. Die Freiheit sei heute von vielen Seiten so ernsthaft bedroht wie lange nicht. Der Oppositionsführer im Bundestag sprach von einer viele Jahre währenden Vernachlässigung unserer Streitkräfte - «und daran waren wir nicht unbeteiligt».

Merz betonte: «Wir können dabei nicht einmal so eben 100 Milliarden Euro mehr Schulden machen, das ganze "Sondervermögen für die Bundeswehr" nennen, und dann in den gewohnten Gang der Dinge vor dem Krieg in der Ukraine zurückkehren. Es muss weitaus mehr geschehen als das.» Konkrete Vorschläge machte der CDU-Chef allerdings nicht.

Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik

Merz verlangte eine verlässliche Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik. «Wir brauchen eine Agenda für die Fleißigen in Deutschland.» Der CDU-Chef verlangte auch eine «Agenda 2030 mit klaren Perspektiven für eine Volkswirtschaft, die Industriestandort bleiben soll und muss, um den Wohlstand unseres Landes zu erhalten».

Dieser Wohlstand, das Leistungsniveau der Sozialversicherungen und das notwendige Sicherheitsversprechen des Staates seien nur zu halten und einzuhalten, wenn diejenigen, die etwas leisten oder gar mehr als andere leisten wollten, dazu ermutigt würden. Dafür müsse man diesen Menschen auch etwas anbieten - etwa die Steuerfreiheit von Überstunden oder einen Steuerfreibetrag in der Rente.

Sozialpolitik

Merz kündigte für den Fall einer Regierungsübernahme der Union eine Kehrtwende in der Sozialpolitik an. Das von der Ampel eingeführte Bürgergeld werde in seiner derzeitigen Form abgeschafft. Schon der Name klinge zu sehr nach einem bedingungslosen Grundeinkommen und werde von vielen so verstanden. «Wir wollen stattdessen eine neue Grundsicherung, die wirklich denen hilft, die Hilfe benötigen, die aber auch Anreize und Ermutigung schafft für diejenigen, die in den Arbeitsmarkt zurückkehren können.» 

Umwelt- und Klimaschutz

Der CDU-Vorsitzende betonte, dass Weichenstellungen in der Umwelt- und Klimapolitik vom Leistungsvermögen der Volkswirtschaft und der Zustimmung der Menschen abhängten. Er plädierte für Technologieoffenheit. Die CDU wolle nicht bevormunden und den Menschen von oben herab sagen, was sie zu tun hätten. «Wir wollen gute Rahmenbedingungen schaffen, Ziele formulieren, Grenzwerte festlegen, aber es dann bitte auch den Ingenieurinnen und Ingenieuren, den Erfindern, den Unternehmerinnen und den Unternehmen und den Forschungseinrichtungen in unserem Land überlassen, wie wir dieses gemeinsam formulierte Ziele erreichen.»

Union und AfD

Es seien Parteien wie die AfD, die viele der demokratischen Werte und das gemeinsame Europa ablehnten, verspotteten und von innen zerstören wollten, sagte Merz. Dies machten sie offensichtlich auch mit Unterstützung durch Russland. «Wir sagen hiermit allen denen den Kampf an, die unsere Werte, die unsere Europäische Union, die unsere Demokratie beschädigen und zerstören wollen. Sie stoßen auf den erbitterten Widerstand dieser Partei und aller ihrer Mitglieder.»

Alle demokratische Parteien müssten sich fragen lassen, warum sie an Vertrauen verloren hätten. Dieser Vertrauensverlust sei der Nährboden extremistischer Parteien, der Nährboden der AfD. Die CDU werde mit Parteien des linken Populismus genauso wenig zusammenarbeiten wie mit denen des rechten Populismus. 

Leitkultur

Der CDU-Vorsitzende verteidigte den Begriff der Leitkultur, der sich auch im neuen Grundsatzprogramm findet. «Der Begriff grenzt nicht aus, sondern er ist eine allumfassende Klammer um unsere Gesellschaft in ihrer ganzen Vielfältigkeit, die einem beständigen Wandel unterworfen ist, ja natürlich, die aber auch eine Reihe von Konstanten enthält, für die wir nicht zur Verfügung stehen, sie zu verhandeln.» Das gelte an erster Stelle für die Verantwortung, die sich aus der deutschen Geschichte gegenüber Jüdinnen und Juden in Deutschland und gegenüber dem Staat Israel ergebe.

Neues Grundsatzprogramm

Morgen will sich die CDU nach dem Machtverlust von 2021 mit einem neuen Grundsatzprogramm inhaltlich neu aufstellen. Das derzeitige Programm stammt noch aus dem Jahr 2007, der Zeit der 16-jährigen Ära Merkels.

Im knapp 70 Seiten langen Programmentwurf plädiert die CDU für einen «weltoffenen Patriotismus» und bekennt sich zu einer deutschen «Leitkultur». Zu dieser gehörten Grund- und Menschenrechte, Respekt und Toleranz, Kenntnisse der Sprache und Geschichte sowie das Anerkennen des Existenzrechts Israels. Nur wer sich zur Leitkultur bekenne, könne Deutscher werden. (dpa) +++

Drei Tage lang beraten die Delegierten beim CDU-Bundesparteitag und stimmen über ein neues Grundsatzprogramm der Union ab.
Foto: Michael Kappeler/dpa

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