Der Stadtpfarrer bei O|N
Impuls von Stefan Buß: Trauerfeier für die Kirche
Archivbild: O|N/Hendrik Urbin
11.05.2024 / FULDA -
"Die Kirche ist tot", so sagte man ihm. Aber am Donnerstag nach jenem zweiten trostlosen Sonntag geschah’s, dass eine Todesanzeige in der Zeitung erschien.
Dort konnte man lesen: "Mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns und der Zustimmung meiner Gemeinde gebe ich den Tod der Kirche zu Yonderton bekannt. Die Trauerfeier findet am Sonntag um 11 Uhr statt. Herbert Wright, Pfarrer zu Yonderton." Die Anzeige löste lebhafte Diskussionen aus. Am Sonntag war bereits um halb elf die Kirche gedrängt voll. Als ich die Kirche betrat, sah ich einen Sarg auf einer Bahre vor dem Altar stehen. Pünktlich um 11 Uhr bestieg Pfarrer Wright die Kanzel: "Meine Freunde, Sie haben mir klar gemacht, dass Sie überzeugt sind, unsere Kirche sei tot. Sie haben auch keine Hoffnung auf Wiederbelebung. Ich möchte nun diese Ihre Meinung auf eine letzte Probe stellen. Bitte gehen Sie einer nach dem anderen an diesem Sarg vorbei und sehen Sie sich die Tote an. Dann verlassen Sie die Kirche durch das Ostportal. Danach werde ich die Trauerfeier allein beschließen. Sollten aber einige unter Ihnen Ihre Ansicht ändern und wären auch nur wenige der Meinung, eine Wiederbelebung der Kirche sei vielleicht doch möglich – dann bitte ich diese, durch das Nordportal wieder hereinzukommen. Statt der Trauerfeier würde ich dann einen Dankgottesdienst halten."
(Autor unbekannt)
Wir sind mit Urteilen über die Kirche oft schnell bei der Hand. "Die Kirche hat oder muss oder könnte endlich mal …" Dabei stellt sich die Frage: Wer ist überhaupt die Kirche? Nicht nur die Bischöfe, Priester, Hauptamtlichen und irgendwelche Amtsträger. Jeder und Jede ist durch Taufe, Firmung und/oder Konfirmation Kirche vor Ort. Und es braucht jede und jeden, der sich einbringt und Kirche vor Ort ein Gesicht gibt. (Stefan Buß) +++