Thema Ausbildung nach wie vor im Fokus
Neuer Sitz der Kreishandwerkerschaft in Lauterbach geplant
Michael Busold, Geschäftsführer der Keishandwerkerschaft für den Vogelsbergkreis
Fotos: Mathias Schmidt
17.04.2024 / LAUTERBACH -
Verkauf des Fachwerkhauses, neuer Sitz und Ausbildung im Vogelsberg: Beim Pressegespräch der Kreishandwerkerschaft für den Vogelsberg wurden einige aktuelle Themen angesprochen. Zusammen mit Medienvertretern, Michael Busold, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft für den Vogelsbergkreis sowohl im Ehren- als auch im Hauptamt, und Kreishandwerksmeister Edwin Giese wurde in Lauterbach am Dienstagvormittag fleißig diskutiert. Dabei wurde klar: Die KH wird umziehen und einen neuen Sitz in Lauterbach erhalten.
"Dass die Informationen über unseren geplanten Neubau bereits im Vorfeld veröffentlicht wurden, hat uns einige Schwierigkeiten bereitet. Für uns als Institution, die von ihren Mitgliedern lebt, war es wichtig, dass erst alle Mitglieder informiert werden, bevor es an die Öffentlichkeit gelangt. Zudem benötigt man für solch ein Vorhaben auch Genehmigungen der Handelskammer aus Wiesbaden. Erst vergangene Wochen haben wir die Zusage für den Erbbaurechtsvertrag erhalten", erklärt Giese anfänglich. So soll das alte Gebäude der KH am Neuen Steinweg 13 künftig einen neuen Besitzer bekommen und zeitgleich der neue Sitz in Lauterbach entstehen. Bereits jahrelang wurde diskutiert, was mit dem alten Fachwerkhaus passieren soll. Wir haben ein Gutachten von Architekten anfertigen lassen. Renovierungen oder Umbauten sind finanziell einfach nicht zu stemmen. Der Zeitaufwand und das notwendige Kapital für solche Änderungen sind einfach zu hoch, da dieses Gebäude für unseren Bedarf überdimensioniert ist. Bei einer Vollsanierung sprechen wir von einem Betrag im Millionenbereich."
Altes Fachwerkhaus wurde verkauft
"Nach Empfehlung und Entscheidung des Vorstandes wurde dann ein Käufer gesucht und die Immobilie der Handwerkskammer Wiesbaden zunächst den Mitgliedsbetrieben angeboten. Ein Angebot wurde schließlich im Oktober 2023 angenommen. "Der Käufer ist einer der Innungsbetriebe, von dem wir wissen, dass wir das Gebäude in gute Hände übergeben. Zwar hat dieser noch keine konkreten Pläne, wird das Gebäude aber wohl stufenweise sanieren. Die Mieter im ersten Stock, also die Drogen- und Suchtberatung, hatten Interesse zu bleiben, womit wahrscheinlich auch der neue Besitzer einverstanden ist", erläutert Busold. "Bei diesem Verkauf wurde zusätzlich eine Vereinbarung mit der KH getroffen, sodass wir bis Ende des Jahres mietfrei bleiben können und bis zu 18 Monate eine vergünstigte Miete zahlen. Auch wenn wir das nicht ausschöpfen wollen, ist das für uns eine hervorragende Vereinbarung, die uns Planungssicherheit gibt, und uns nicht unter Zeitdruck setzt.
Entscheidung fiel für Neubau
"Die Entscheidung Neukauf oder Miete war keine einfache. Letztendlich sprach jedoch einiges für einen Neubau. Die Mietpreise waren nicht gerade ein Schnäppchen. Auch die Frage: 'Wenn schon das Handwerk nicht mehr baut, wer denn dann?' beschäftigte uns", betont der Handwerksmeister. In enger und guter Zusammenarbeit mit dem Landkreis sei dann die Entscheidung für den Neubau gefallen. Wir wollten schon gerne ein frei stehendes Gebäude, in der Nähe zum Lehrbauhof. "Jens Mischak und Manfred Görig waren sofort bereit, uns zu unterstützen. So haben wir dann ein Erbbaurechtsvertrag auf 99 Jahre abgeschlossen." Das neue Gebäude soll oberhalb des Amts vom Bodenmanagement entlang der Rhönstraße entstehen. Für die vier Mitarbeiter der KH stünden im Erdgeschoss 128 Quadratmeter und im Obergeschoss 104 Quadratmeter zur Verfügung. "Es ist ein barrierefreies, modernes und funktionales Gebäude, was wir den Mitgliedern schuldig sind. Stand jetzt sind sowohl die Ausführungsplanung und der Bauantrag fertig. Das Grundstück wurde ebenfalls vermessen, sodass wir hoffentlich im Sommer den ersten Spatenstich machen können. Im Mai oder Juni 2025 wollen wir dann endgültig umziehen", erläutert Giese.
Wie wird das Gebäude finanziert?
Insgesamt ist für den Neubau eine Finanzierung von 600.000 Euro nötig. Die KH muss jedoch laut Busold keinen Kredit aufnehmen. "Der Finanzmittelbedarf liegt bei 400.000 Euro. Die Differenz ist Eigenleistung. Wir sind in der glücklichen Lage, dies bereitstellen zu können, da wir im Handwerk sind und die Innungen zu unserer Freude eine große Bereitschaft zur Eigenleistung zeigen. Das hat uns in dieser Dimension auch überrascht - es gab keine Innung, die gegen dieses Vorhaben gestimmt hat." Zusätzlich fließen als Eigenmittel der KH der Verkaufserlös des alten Gebäudes dazu und alle Innungen wurden gebeten, einen Beitrag beizusteuern. "Von den Innungen ist damit ein Gesamtbetrag von 100.000 Euro zustande gekommen. Der Rest des Betrages sind weitere Zuwendungen und Spenden, die wir von den regionalen Institutionen und dem Landkreis bekommen haben."
So wurde am 08. März auch ein Förderverein gegründet, um Institutionen die Möglichkeit zu geben, gemeinnützig Zuwendungen für dieses Projekt zu leisten. "Die Idee mit dem Förderverein ist meines Wissens einmalig und bietet auch Chancen, künftige Projekte zu begleiten. Wichtig war uns dabei eine funktionale und personelle Trennung - das heißt, dass die Vorstandsmitglieder des Fördervereins nicht dem aktuellen Vorstand der KH angehören.
Immer weniger Handwerker - "Massives Missverhältnis"
Doch nicht nur der Neubau wurde beim Pressegespräch thematisiert. Auch das Thema Ausbildung beschäftigt den Landkreis Vogelsberg genauso stark wie die KH. In den vergangenen zehn Jahren sollen jährlich im gesamten Kreis ungefähr 500 neue Auszubildende verzeichnet worden sein. Das sei aktuell und für die Zukunft allerdings nicht mehr ganz erreichbar, wie Busold befürchtet. "Allein aus demografischen Gründen wird das schwierig werden. So geht es aber nicht nur uns - es ist ein allgemeiner Trend, der nicht aufhören wird. Im Gegenteil: Viele Verbraucher werden bald spüren, dass dies erst der Anfang einer Entwicklung ist. Die ganzen 'Boomer' werden langsam in den Ruhestand gehen und es werden kaum 'Neue' nachkommen, was zu einem massiven Missverhältnis im Handwerk führen wird", warnt der Geschäftsführer. Nichtsdestotrotz gäbe es in dieser Hinsicht einen Grund zur Freude. "2023 haben wir einen großen Anstieg bei diesen Zahlen vermerken können. Auch wenn dies bei weitem keine Trendwende ist, zeigt es, dass das Interesse am Handwerk durch die zahlreichen Diskussionen und Berichterstattungen zugenommen hat und es wieder mehr als Chance und Möglichkeit angesehen wird."
Ausbildungsbotschafter gesucht
Um dem "Handwerkssterben" entgegenzuwirken, ist die KH zusammen mit der IHK Gießen-Friedberg auf der Suche nach Ausbildungsbotschaftern, die für ihren Ausbildungsberuf in Schulen und Messen werben. Die Wunschvorstellung ist dabei, stetig zwischen zwei und fünf Botschaftern pro großem Berufszweig aufweisen zu können - jeder nur temporär in seiner Position. "Jugendliche sprechen einfach anders mit Jugendlichen als ein 60-jähriger Leiter eines Betriebes. Daher suchen wir junge Menschen, die entweder selber noch in der Berufsausbildung stecken oder bereits zwei oder drei Jahre im Beruf tätig sind", erklärt der Geschäftsführer der KH. "Sie sollten Begeisterung für ihren Beruf mitbringen und ihn persönlich vorstellen können." Zusätzlich müssen der Betrieb und die Berufsschulen kooperieren - da sei das Signal klar positiv gewesen.
Berufsschulen müssen sich Herausforderungen stellen
Dass beim Problemthema Ausbildung auch die Berufsschulen einen wesentlichen Beitrag leisten müssen, sei kein Geheimnis. "Im VB ist enormer Bedarf da. Wir brauchen zeitgemäße und ordentliche Unterbringungen für die Berufsschüler, zusammen mit Blockunterricht", so Busold abschließend. "Jugendliche lernen lieber einen anderen Beruf, als täglich stundenlang pendeln zu müssen. Hier muss nachgeholfen werden." (ms) +++