Gastkommentar von Manfred Pentz

Deutschlandmarketing mit dem Doppelpass?

Hessens Europa-Minister Manfred Pentz: Wir brauchen Einwanderung, vor allem brauchen wir Fachkräfteeinwanderung!
Fotos: Hendrik Urbin

08.04.2024 / REGION - Hat sich die Bundesregierung für ihre Neuregelung zur doppelten Staatsbürgerschaft selbst gefeiert? Auf Arabisch? In Ägypten? Es klingt unglaublich. So unglaublich, dass erst die Nachfrage einer Zeitung beim Auswärtigen Amt für Klarheit sorgte. Und ja, ein zum Auswärtigen Amt gehörendes Institut in Ägypten warb kürzlich damit, dass es mit der Reform leichter wäre, den deutschen Pass zu bekommen – jetzt auch ohne auf den Pass seines Herkunftslandes zu verzichten.



Gemeint war damit die Reform der Ampel-Bundesregierung, künftig Einbürgerungen zu erleichtern. Denn ab Juni dieses Jahres ist die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft schon nach fünf, in Fällen ehrenamtlichen Engagements schon nach drei Jahren Aufenthalts in Deutschland anstelle von acht Jahren möglich. Doch viel wesentlicher ist, dass nicht mehr der Verzicht auf die Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes gefordert wird.

Gut 10,7 Millionen Menschen leben mit ausländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Doch obwohl gut 5,7 Millionen Ausländer seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben, haben sich im Jahr 2022 nur 168.500 Menschen einbürgern lassen. Ja, die Hürden für die Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft sind verhältnismäßig hoch. Dazu gehören Deutschkenntnisse, Straffreiheit und dass man seinen Unterhalt ohne Staatsleistungen bestreiten kann. Doch sind sie nicht so hoch, dass man sie nicht in 10 Jahren erreichen kann. Es ist vielmehr der bisher geforderte Verzicht auf die Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes, der Ausländer davon abhält, die Einbürgerung zu beantragen. Das hat oft auch nachvollziehbare Gründe. Es geht zum Beispiel um die Möglichkeit, Grundeigentum im Herkunftsland zu besitzen, Erbschaftsangelegenheiten oder emotionale Verbindungen in die alte Heimat.

Die doppelte Staatsbürgerschaft wird also viele Menschen, die teilweise schon seit Jahrzehnten in Deutschland leben, von dem Dilemma befreien, sich für ein Land entscheiden zu müssen. Doch zu welchem Preis? Wir schaffen uns eine große Gruppe von Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern, die sämtliche Vorteile unserer Staatsangehörigkeit, aber auch die ihrer Herkunftsländer nutzen könnten. Ihnen wird zum Beispiel der Zugang zum deutschen Beamtentum und zum öffentlichen Dienst eröffnet, sie haben das volle Wahlrecht und können die Reisemöglichkeiten des deutschen Passes nutzen, ohne dass sie sich 100 Prozent loyal zu unserem Land zu bekennen.

Damit keine Zweifel aufkommen: Deutschland ist ein Einwanderungsland. Daran will ich keine Zweifel lassen. Wir brauchen Einwanderung, vor allem brauchen wir Fachkräfteeinwanderung. Und da ist in den letzten Jahren, auch unter Führung der CDU, schon viel geschehen. Wir sind heute nach den Vereinigten Staaten von Amerika das Land – proportional zur Bevölkerung –, das die höchsten Einwanderungszahlen in den Arbeitsmarkt hat. Das haben wir auch ohne eine Reform der Staatsangehörigkeit geschafft.

Insbesondere wird ein Herabsetzen der Anforderungen für die Staatsbürgerschaft für die dringend benötigte Zielgruppe der hochqualifizierten Fachkräfte nicht ausreichen. Angesichts einer rekordhohen Belastung mit Steuern und Abgaben und weiteren Diskussionen über Vermögenssteuern bleibt Deutschland für diese Zielgruppe unattraktiv. Wem also galt dann dieser Tweet im Namen Deutschlands? Und welche Wirkung war beabsichtigt? Aus meiner Sicht sollte sich die Bundesregierung schnell von dieser Art "Deutschlandmarketing" distanzieren. In Ägypten und auch im Rest der Welt. Weder ist unser Pass Ramschware, noch brauchen wir angesichts einer hohen irregulären Migration weitere Pull-Faktoren. (Manfred Pentz) +++

Manfred Pentz (44) ist hessischer Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Entbürokratisierung im Kabinett von Regierungschef Boris Rhein. Der Christdemokrat aus dem Kreis Darmstadt-Dieburg sitzt bereits seit 2010 im Hessischen Landtag, von 2014 bis 2024 war er zudem Generalsekretär der CDU Hessen.

Es ist vielmehr der bisher geforderte Verzicht auf die Staatsbürgerschaft des Herkunftslandes, der Ausländer davon abhält, die Einbürgerung zu beantragen.

Weder ist unser Pass Ramschware, noch brauchen wir angesichts einer hohen irregulären Migration weitere Pull-Faktoren.

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