Geringe Aufklärung und fehlende Toleranz
Der steinige Weg zum Glasfaser: TNG-Regionalleiter spricht Klartext
Archivbilder/Bilder: O|N/Kevin Kunze und Hans-Hubertus Braune
25.03.2024 / REGION - Bautrupps entlang der Straßen, verlassene "Löcher" und viele Diskussionen: Beim Glasfaserausbau sind die Baustellen schier endlos. Es scheint kaum voranzugehen. Günstig soll es sein, schnell und geräuschlos umgesetzt werden. Die Realität sieht anders aus.
Teilweise können die Kunden das schnelle Internet nutzen, an anderen Orten sind die Kabel verlegt, es hakt aber am Interesse für den Ausbau in die Häuser. So unterschiedlich der reale Stand ist, so unterschiedlich ist die Lesart. Laut einer Übersicht der Bundesnetzagentur verfügen Stand Mitte des Jahres 2023 rund 15 Millionen Endkunden über die Möglichkeit eines Glasfaseranschlusses (sogenanntes Homes Passed). Tatsächlich sind aber nur rund 3,8 Millionen Anschlüsse (FttH/FttB-Endkundenanschlüsse) aktiv. Dies ist eine Steigerung von 400.000 Anschlüssen im Vorjahresvergleich - bundesweit. Ziel der Bundesregierung ist es jedoch, bis zum Jahr 2030 alle Haushalte in Deutschland mit einer Glasfaserleitung in die Häuser zu versorgen.
In diesem Artikel kommt einer der Glasfaseranbieter zu Wort. Oft wird über sie, aber nicht mit ihnen gesprochen. OSTHESSEN|NEWS hat Regionalleiter Raphael Kupfermann von der TNG AG befragt.
"Der Wille, in Deutschland zügig Glasfaser (und Mobilfunk) ausbauen zu wollen, wird auf politischer Ebene seit geraumer Zeit klar formuliert. Wir schließen uns an und haben unter andere, den Glasfaserpakt Hessen mit der Landesregierung beziehungsweise dem Digitalministerium geschlossen", sagt Kupfermann weiter.
"Bauen wie vorgefunden" genüge vielen Kommunen nicht
Zudem: "In vielen Kommunen genügt es nicht den Ansprüchen der Verwaltungen, dass wir bauen wie vorgefunden. Regelmäßig werden wir aufgefordert, die Oberflächen nach den neuesten Regeln der Technik herzustellen oder sogar statt Asphalt neues Pflaster einzubauen. Das treibt die Kosten enorm nach oben. Anschließend wird sich dann aber gewundert, warum gegebenenfalls einzelne Ortslagen für uns nicht mehr finanzierbar sind.""Der Ton ist häufig scharf und sehr herabwürdigend"
Kupfermann bezieht zu einem weiteren Ausbauthema Stellung: "Viele Behörden und Anwohner beschweren sich erschreckend offen über den Einsatz ausländischer Nachunternehmer. Gleichzeitig sind die wenigsten bereit, mehr als 40 bis 50 Euro für einen Internet- und Telefonanschluss auszugeben und man erwartet trotzdem, dass wir nur deutsche Facharbeiter einsetzen. Der Ton insbesondere gegenüber unserer Nachunternehmer aus dem arabischen Raum ist häufig scharf und sehr herabwürdigend. Dafür habe ich einfach kein Verständnis."Privatwirtschaft spart Steuern
Wie in jeder Branche gibt es ohne Zweifel auch schwarze Schafe im Glasfaserausbau. "Von positiven Beispielen wird leider gar nicht berichtet. Ebenso wenig davon, wie viel die Privatwirtschaft gerade in die Kommunen investiert und wie viele Steuer- beziehungsweise Fördergelder durch den privatwirtschaftlichen Ausbau gespart oder anderweitig eingesetzt werden können. Zudem beziehen wir zahlreiche Firmen aus der Region mit ein. Wie mit uns umgegangen wird, stimmt mich häufig sehr verdrießlich", sagt Kupfermann abschließend.Der Glasfaserausbau ist eine Mammutaufgabe und sicher läuft bei allen Marktteilnehmern nicht alles reibungslos. Der Kostendruck, aber auch die Planzahlen der ausländischen Investoren sind Herausforderungen. Dazu die Bürokratie und oft komplizierten Interessenslagen von Behörden und Kommunen. Richtig lächerlich wird es, wenn an lukrativen Orten doppelt und dreifach ausgebaut wird, während scheinbar abgelegene Dörfer schnelles Internet nur aus der Fernsehwerbung kennen. Wer für all das Durcheinander am wenigsten kann: Der Arbeiter im Straßengraben - egal, woher sie kommen, um Deutschland zu vernetzen. (Hans-Hubertus Braune) +++