Demokratie, Freiheit und Vielfalt

Akademieabend: Demokratie stärken - Werte verteidigen mit Bischof Gerber

Sehr gut besucht war am Donnerstag-Abend die Podiumsdiskussion zum Thema „Demokratie stärken – Werte verteidigen“ in der katholischen Akademie des Bistums Fulda
Fotos: Bistum Fulda

16.03.2024 / FULDA - Ein starkes Zeichen für Demokratie, Freiheit und Vielfalt ging am Donnerstag vom Akademieabend "Demokratie stärken – Werte verteidigen" in der katholischen Akademie des Bistums Fulda aus. Gemeinsam mit hochkarätigen Experten unterschiedlicher Fachrichtungen diskutierte Bischof Dr. Michael Gerber dabei über aktuelle Herausforderungen und Chancen für eine offene, tolerante und demokratische Gesellschaft.



Zu Beginn des Abends mussten erst einmal weitere Stühle in den großen Saal des Bonifatiushauses getragen werden, so groß war das Interesse an dem Akademieabend "Demokratie stärken – Werte verteidigen". Mehr als 100 Gäste waren gekommen, um der Podiumsdiskussion zu folgen. Unter ihnen auch Schülerinnen und Schüler der Freiherr-vom-Stein Schule, die als zertifizierte Europaschule besonders für gesellschaftliche Vielfalt steht.

Angesichts zahlreicher Krisen, zunehmender populistischer Ideologien und extremistischer Tendenzen zeige sich nun, wie zerbrechlich das Konstrukt einer freiheitlichen Demokratie sei, waren sich die Teilnehmer auf dem Podium einig. Sie beließen es aber nicht bei dieser Feststellung, sondern sprachen auch darüber, wie Demokratie trotzdem gelingen kann.

Die Debatte fortführen

Initiiert hatte den Abend Fuldas Bischof Dr. Michael Gerber, der bereits während einer Kundgebung für Toleranz und Vielfalt am 30. Januar in Fulda eine beeindruckende Rede gehalten hatte, wie hr-Info-Redakteur Werner Schlierike als Moderator des Abends hervorhob. "Solche Kundgebungen sind wichtig", betonte Bischof Gerber. "Mir geht es aber vor allem darum, wie die Debatte hier in der Region fortgeführt wird."

Viel beachtet war auch eine aktuelle Erklärung der katholischen Deutschen Bischöfe, mit der sie während ihrer jüngsten Vollversammlung in Augsburg klare Kante zeigten – einstimmig, wie Bischof Gerber hervorhob: "Völkischer Nationalismus ist mit dem christlichen Gottes- und Menschenbild unvereinbar", heißt es in der Erklärung wörtlich. Und weiter: "Rechtsextreme Parteien und solche, die am Rande dieser Ideologie wuchern, können für Christinnen und Christen daher kein Ort ihrer politischen Betätigung sein und sind auch nicht wählbar."

Vergiftete Stimmung

Wie Populismus und Extremismus die politische Kultur beschädigen können, wusste Dr. Claudio Kullmann aus erster Hand zu berichten: Als Leiter des katholischen Büros in Erfurt ist er regelmäßig im Thüringer Landtag zu Gast. Die AfD versuche dort, den demokratischen Betrieb mit dessen eigenen Mitteln zu bekämpfen, so Kullmann. Die Folge: Eine vergiftete Stimmung, Misstrauen und große Anspannung zermürben viele Abgeordnete anderer Parteien und bewegen sie dazu, bei der kommenden Landtagswahl nicht mehr anzutreten.

Kullmanns Bericht einer toxischen Stimmung im politischen Betrieb konnte Prof. Dr. Dr. Holger Zaborowski auch für die Gesellschaft Thüringens bestätigen. Stimmungen von Angst und Wut und damit einhergehende Tendenzen zur Radikalisierung, zur Schärfe in der Debatte und zu einem mangelnden Grundvertrauen seien darüber hinaus weltweite Phänomene, so der Professor für Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt. "Ohne Grundvertrauen, ohne Wohlwollen geht es aber nicht", betonte er.

Potenziale entdecken

Gefährlich werde es besonders dann, wenn Angst und Wut oder persönliche Kränkungen das politische Handeln bestimmen, ergänzte Bischof Gerber. Sei es bei Wladimir Putin, der als ehemaliger KGB-Agent den Zusammenbruch der Sowjetunion miterleben musste, bei Donald Trump, der sich etwa vom ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama düpiert fühlte oder auch bei bundesdeutschen Politikern, die aus anderen Parteien in die AfD gewechselt sind.

Das Christentum frage nicht nach der Kränkung als Motivation sondern suche das Potenzial im Menschen, betonte der Bischof. Als gelebtes Beispiel dafür führte er die 72-Stunden-Aktion an, bei der viele junge Menschen sich in den Dienst anderer stellen und dabei Selbstwirksamkeit erleben können. "Menschen, die solche positiven Grunderfahrungen machen, engagieren sich später nachweislich stärker für die Gesellschaft", so Gerber. 

Hoffnung machen

"Der neuen Rechten die Stirn bieten", dafür steht Eva-Maria McCormack als Vorstand der Stiftung Adam von Trott sowie Gründerin und Gesellschafterin der "Talking Hope gUG", die sich für einen Systemwandel in den Bereichen Klima, Demokratie, soziale Gerechtigkeit und öffentliche Gesundheit einsetzt. Ihre Empfehlung: Es brauche bei allen Krisen und Herausforderungen vor allem Hoffnung, ein positives Bild der Zukunft, auf das es sich hinzuarbeiten lohnt: "Wie wollen wir in 20 Jahren leben, wie kommen wir dahin?"

Diese Fragen könnten neben der großen Politik auch im Kleinen gestellt und eingeübt werden, war sich das Podium einig: In Vereinen und Verbänden, in Schulen, Pfadfinderstämmen oder der Begegnung nach dem Gottesdienst zum Beispiel. Bei allen Unterschieden ginge es dabei letztlich immer auch um die Frage nach dem größeren gemeinsamen Ganzen, betonte McCormack. Oder, wie Bischof Gerber es ausdrückte: "Das, was uns verbindet, ist immer stärker als das, was uns trennt." (pm) +++

X