Nostalgie auf der Vogelsbergbahn
Dampflok 58 311: Eine Majestät aus Stahl verzaubert Fahrgäste und Zuschauer
Unterwegs mit der historischen Dampflok.
Fotos: goa
04.03.2024 / FULDA / ALSFELD -
Dampfloks – ein Faszinosum, egal um welches Modell es geht, selbst als Modelleisenbahn bringen die historischen Loks die Augen von Klein und Groß zum Funkeln. Einen kaum zu toppenden Höhepunkt eisenbahngeschichtlichen Schaffens konnten die osthessischen Eisenbahnfans am Sonntag bei Bilderbuchwetter live auf den Schienen der Vogelsbergbahn erleben.
Für gleich zwei Fahrten zwischen Fulda und Alsfeld hatten die Eisenbahnfreunde Bebra eine wahre Königin aus Süddeutschland nach Osthessen geholt. Eine imposante Schönheit, die ihresgleichen sucht – und noch dazu eine einzigartige: die mehr als 100 Jahre alte 58 311 der UEF-Sektion Dampfnostalgie Karlsruhe e. V. aus Ettlingen ist das einzige noch fahrbereite Modell dieser Baureihe überhaupt. Acht angehängte Reisezugwagen der 1930er und 1950er Jahre mit 450 Fahrgästen je Tour waren zweimal restlos ausgebucht, und zahllose Schaulustige an der Strecke ließen sich das optische und akustische Spektakel nicht entgehen. Dass eine Königin aber auch ihre Eitelkeiten hat und den Zeitplan gerne selbst (mit-)diktiert, das war bei einem längeren Zwangshalt in Bad Salzschlirf festzustellen.
Gegen 11.00 Uhr sollte der historische Zug eigentlich zum ersten Mal in Alsfeld eintreffen, um dann nach Wasseraufnahme wieder nach Fulda zurückzufahren. Von Passagieren wurde an die am Bahnhof wartenden die Information übermittelt, dass der Zug in Bad Salzschlirf wegen eines Lokschadens einen Zwangsstopp einlegen musste. Ein Kolben säße fest, so die ungesicherte Info – das wäre ein Debakel. Zum Glück war es tatsächlich nur ein Schiebegestänge, das sich gelöst hatte und befestigt werden musste. Das Lokpersonal kennt ja seine Königin und hat allerlei Werkzeug an Bord, naturgemäß eher die größeren Kaliber.
Aber eine kleine Feile fehlte – die wurde schnell vom Eigentümer des ehemaligen Eisenbahnwasserturms und Eisenbahner im Ruhestand, Klaus van de Castel, beigesteuert, der dem Schauspiel in alter Eisenbahneruniform beiwohnte. Schließlich musste noch ein HLB-Zug der eingleisigen Bahn abgewartet werden, dann konnte nach etwa 90 Minuten die Fahrt endlich in Richtung Lauterbach und Alsfeld fortgesetzt werden, als sei nichts gewesen. Die Minuten, bevor sich Ihre Majestät wieder schnaufend in Bewegung setzt, haben schon etwas von divenhafter Inszenierung: mit weißem Dampf umspielt sie zunächst ihre Konturen und hüllt sich in einen Nebel, dann spürt man, wie sich die Leistung aufbaut und der Schornstein bebt. Das Signal neben dem Gleis schaltet auf "Freie Fahrt" – ein Raunen geht durch die Reihen der Schaulustigen, die 58 311 pfeift, dampft und rollt in purer Leichtigkeit aus den eigenen Nebelwolken wie in einer großartigen Show.
Wer kann sich diesem technisch-historischen Zauber entziehen? Die Zuschauer strahlen mit der Sonne um die Wette, manche sind zufällig da, andere sind eigens zum Teil aus großer Entfernung gekommen und mit Foto-/Videoausrüstung ausgestattet: "Train-Spotter" wie Oliver aus Wuppertal, der bereits die Abfahrt des Zuges in Fulda verfolgt hat und nun in Alsfeld die Ankunft erwartet. "Die 58 311 ist so eine Rarität, und sie besticht neben ihrer Schönheit auch durch ihren markanten 3-Zylinder-Klang." Bei einem Gang durch den stehenden Zug findet sich eine begeisterte Familie aus Wartenberg-Landenhausen. Die Wartezeit macht nichts, dann dauert der Spaß eben länger. Er ist Mitarbeiter bei der Bahn: "Verspätung, na und…? Das gehört beim Bahnfahren doch dazu!" Gelächter im Abteil – niemand ist miesepetrig.
Weitere Gelegenheiten
Wer die Gelegenheit verpasst hat, muss nicht traurig sein. Tobias Mühlbauer vom veranstaltenden Verein "Eisenbahn-Nostalgiefahrten Bebra": "Die Resonanz heute war überwältigend, wir mussten noch zusätzliche Waggons bis zur Maximalgrenze organisieren und waren dennoch schnell ausgebucht. Daher kann es gut sein, dass wir diese Fahrt im kommenden Jahr wiederholen." Doch so lange müssen Dampfzug-Fans nicht warten: schon am kommenden Samstag, 9. März, setzt man noch eins drauf, indem gleich zwei Dampfloks in Betrieb sind. "Eine noch etwas größere Lok, die 41 1144-9 aus Eisenach, wird den Personenzug ziehen, und in Parallelfahrt hängt die 58 311 vor einem Güterzug auf der Steigung Cornberger Rampe Richtung Sontra. Dabei überholen sich die Züge gegenseitig." Außerdem wird die 58 311 noch am 23.3. für eine große Rundfahrt zur Verfügung stehen, Motto: mit Volldampf durch den Thüringer Wald". Heißer Tipp: für diese Fahrten sind noch Buchungen möglich. Die Details und Buchungsmöglichkeiten finden sich auf der Homepage des Vereins. (goa) +++