Start der Bürgerversammlungen

Volkerser scheinen mit ihrem Stadtparlament zufrieden zu sein

Das Dorf Bad Brückenau-Volkers zählt derzeit 629 Einwohner.
Fotos: Hans-Peter Ehrenberger

24.02.2024 / BAD BRÜCKENAU - Beginnen wir ausnahmsweise mit einem Schlusswort. "Das nächste Mal steht hier im Volkerser Sportheim gewiss ein Anderer." Der das sagte, war Bad Brückenaus zweiter und nach dem durch Post-COVID krankheitsbedingten Ausscheiden von Rathauschef Jochen Vogel (CSU) am 1. Februar derzeit amtierender Bürgermeister Jürgen Pfister (PWG). Der bald 75- jährige leitete vertretungsgemäß die erste der vier folgenden Bürgerversammlungen in der Kernstadt und den Stadtteilen, und steht nach diesem eindeutigen (altersbedingten) Statement somit nicht (mehr) als Kandidat für die anstehende Bürgermeisterwahl am 28. April neben den bis dato drei feststehenden Bewerbern Jan Marberg (SPD), Dirk Stumpe (PWG) und Heribert Übelacker (CSU) zur Verfügung.



Letztgenannter (ein gebürtiger Volkerser) nahm mit weiteren Stadträten an der mit rund 70 Personen gut besuchten Veranstaltung teil - und, um wieder zum Hauptgrund der Versammlung zurückzukehren: das mitunter mit einem Augenzwinkern als leicht rebellisch verschriene Bergvölkchen am Fuße der Pilgerstätte scheint mit der Arbeit seiner Volks-Vertreter überwiegend zufrieden zu sein. Nur "fünfeinhalb" Wortmeldungen, Anregungen und "semi-kritische" Nachfragen gab es aus dem Auditorium - nicht eine einzige zum demnächst anstehenden Urnengang und zu den Bürgermeisterkandidaten.

Kurtaxe und Hundesteuer stehen zur Debatte

Vielmehr lag Marion Brust (selbst auf der Personalstelle der Stadt beschäftigt) auf dem Herzen, warum demnächst womöglich auch jugendliche Besucher der Bildungsstätte Volkersberg mit einer Kurtaxe von 3,50 Euro pro Tag belegt und belastet werden sollten. Ähnlich wie bei der "andiskutierten Erhöhung der Hundesteuer" sehe sie in diesem Kontext "keinen Mehrwert seitens der Stadt geboten, warum sollten wir uns an kleinen Kindern bereichern?" Pfisters Replik: "Sie arbeiten doch selbst in der Verwaltung und müssten um die permanent klammen Kassen der Stadt wissen…!" Die Themen Erhöhung der Kurtaxe und Hundesteuer seien indes "erst einmal auf das Eis gelegt und nicht abschließend entschieden"

Ähnlich verhalte es sich mit einer möglichen Anhebung von Gewerbe- und Grundsteuer. Entsprechende Hebesätze seien von Beschlüssen der Landesregierung abhängig, informierte der stellvertretende Bürgermeister. Was auch sinngemäß für angedachte Trassenverläufe "diverser P-Stromleitungen" aus Hessen und Thüringen durch die unterfränkische Kommune gelte. Hier seien Aiwanger, Ramelow und Co. sowie die Bundesnetzagentur die eigentlich verantwortlichen Ansprechpartner. Pfister werde aber keinesfalls nach dem "Sankt-Florians-Prinzip" verfahren und zu Ungunsten von Nachbarkommunen Trassenvarianten durch Bad Brückenau und seine Stadtteile verhindern. Hinsichtlich der Versorgung mit dem "5G-Netz" sieht Verwaltungsleiter Michael Worschech alle Volkerser LTE-Handy-Nutzer zu 100 Prozent abgedeckt.

Carmen Brust sprach "die Brache in der Ludwigstraße" an. Diese seit Jahren nach dem Abriss eines Altbaus negativ ins Auge stechende Freifläche sei "ein Schandfleck für die gesamte Stadt." Laut Pfister habe diesbezüglich das Landratsamt baurechtlich die Genehmigungs- über die künftige Nutzungs-Hoheit. "Idealerweise wäre nach meiner Auffassung eine Frei- oder Grünfläche", so Brückenaus zweiter Bürgermeister.

Ein Namensvetter der beiden Damen, in Sportler-Zirkeln gemeinhin mit seinem Spitznamen "Jesus" bekannt, zeigte sich hinsichtlich der "Zustände im Staatsforst" nicht all-, sondern eher ohnmächtig gestimmt. Dort seien die Waldwege unmöglich verschlammt und unverschämterweise durch querliegende Baumstämme versperrt, so dass Spaziergänger und Mountainbiker sie kaum noch passieren könnten. Bei mehrmaligen Anrufen beim zuständigen Revierleiter sei er mit fadenscheinigen Argumenten wie Zeitnot, Arbeitermangel oder schlechten Witterungsbedingungen am Telefon immer wieder vertröstet und abgespeist worden, getan habe sich bis heute nichts. "Das wird sich ändern", versprach Jürgen Pfister. Ich werde persönlich mit Hans-Peter Meixner reden."

35-Millionen-Großprojekt beherrschender Schwerpunkt 

Das alles beherrschende Schwerpunkt-Thema der Volkerser Bürgerversammlung (und gewiss auch der anstehenden) war indes das 35-Millionen-Großprojekt, die weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannte und auch von zahlreichen osthessischen Besuchern bis Ende September vergangenen Jahres genutzte Therme "Sinnflut". Wann wird sie abgerissen? Hätte man nicht zumindest noch den Saunabereich eine gewisse Übergangszeit nutzen können? Wo soll das Schüler- und Senioren-Schwimmen zukünftig stattfinden?

Im Prinzip sei alles noch offen, so Pfister. "Ich möchte nur keine zehnjährige Bauruine, wie bedauerlicherweise etwa im benachbarten Münnerstadt." Einig freilich waren sich das Auditorium und die Ratsvertreter darin: Die Kurstadt und ihre Bürger werden die "neue Sinnflut" (in einer "abgespeckten" oder "Voll-Variante" oder "Wie-auch-immer-Form" ) finanziell nie und nimmer alleine stemmen können. Dazu seien mindestens eines, wenn nicht sogar mehrere Förderprogramme seitens Bund und Land dringend nötig. Positiv in diesem Zusammenhang wurde erwähnt, dass die "Kooperation zwischen Alt und Jung" inzwischen funktioniert, Schüler unterdessen bei den Senioren des Kurstifts und die Rheuma-Liga im Dorint-Hotel-Wellnessbereich zum Schwimm- und Bade-Gesundheits-Training untergekommen seien.

Ähnlich prekär wie die "Sinnflut"-Situation sei die Lage in den städtischen Kindergärten, die wegen personeller und finanzieller (Aufnahme-) Engpässe teilweise an ihre Kapazitätsgrenzen stießen. Weitere Themen die im Rahmen einer Powerpoint-Präsentation im Rück- und Ausblick von Worschech und Pfister angesprochen wurden, waren unter anderem die Graffiti-"Schmiereien" an der erst vor zwei Wochen renovierten "Edelruh"-Unterstellhütte (Pfisters Kommentar dazu: "äußerst ärgerlich und beschämend"), der Erhalt der August-Kömpel-Musikschule ("wir werden uns weiterhin intensiv um deren Fortbestand bemühen"), die überkonfessionelle, schon traditionelle Motorrad-Segnung am 28. April vor dem Alten Rathaus ("Ich werde mich gewiss nicht, wie mir schon mehrfach angeboten wurde, als Sozius auf so einer Maschine schräg in die Kurven legen"), die stolze Anzahl von aktuell immerhin 80 Vereinen in der gesamten Stadt, acht in Volkers ("sie bilden das ehrenamtliche Rückgrat einer Kommune"), die Verlegung von 42 Stolpersteinen, den nächsten am 28. Juli ("das jüdische Erbe unser Stadt dürfen wir nie vergessen"), das "Veranstaltungs-Highlight Stadtfest" ("mein Dank gilt den Gründervätern von 1981 Paul Assmann und Toni Zeier") sowie vor kurzem erst das überzeugende Aufbegehren und Eintreten von rund 700 Bürgerinnen und Bürgern gegen Rechtsextremismus, Neo-Nazis und die AFD sowie vehement für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte ("das soziale und menschenwürdige Gewissen unserer Stadt").

Aktuell 629 Einwohner zählte Volkers zu Beginn des neuen Jahres - bei leicht zurückgehenden Geburten- und Sterbezahlen im Vergleich zu den Vorjahren. Jürgen Pfister bedankte sich abschließend bei "seinen" 17 Referenten im Stadtrat für deren Unterstützung und die geleistete Arbeit, seitens der Bürgermeister bei den Bürgern für Anregungen, aber auch konstruktive Kritik. "Wie eingangs gesagt: Das nächste Mal steht bei der Bürgerversammlung im Volkerser Sportheim sicherlich ein Anderer an meiner Stelle hier!" (Hans-Peter Ehrensberger)+++

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