Hier kommt es auf jede Sekunde an

Die Retter auf der 112: Ihre Stimme leitet durch die schlimmsten Situationen

Sie sind es, die in der Hauptzahl der Notfälle den Hörer abnehmen, das Team der Rettungsleitstelle in Fulda. Von ihrer Arbeit hängen wortwörtlich Leben ab - manchmal sind sie das Letzte, was eine Person hört.
Fotos: Moritz Bindewald

12.02.2024 / FULDA - Sie sind es, die in der Hauptzahl der Notfälle den Hörer abnehmen, das Team der Rettungsleitstelle in Fulda. Von ihrer Arbeit hängen wortwörtlich Leben ab - manchmal sind sie die letzte Stimme, die eine Person hört. Generell gilt: Sie sind ein wichtiges Glied, "weil bei uns Freud und Leid ein Ende nimmt".



Die Leitstelle Fulda wickelt jedes Jahr ungefähr 3.000 Einsätze der Feuerwehren und 45.000 Fahrten des Rettungsdienstes ab. Hierzu wurden 2023 etwa 150.000 Telefongespräche geführt, hieß es zuletzt in einer Mitteilung. Etwa 95 Prozent ihrer Einsätze sind somit dem Rettungsdienst zuzuordnen. 

Früher war diese Zahl geringer, weiß Thomas Steinbrucker. Seit knapp 30 Jahren arbeitet er in der Leitstelle in Fulda, mittlerweile ist er der zuständige Sachgebietsleiter. "Die Leute konnten sich eher selbst helfen. Heute sieht der Bürger kein anderes Hilfeleistungsmittel. Der rund um die Uhr erreichbare Landarzt liegt in der Vergangenheit und beim ärztlichen Notdienst ist man oft 30 bis sogar 45 Minuten in der Warteschleife", berichtet er. Auch deshalb sei der Vorschlag von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, integrierte Notfallzentren zu bilden, insgesamt positiv zu bewerten (OSTHESSEN|NEWS-Arzt Adrian Böhm zum Thema).

"Vor Ort ist man einfach am Machen. Hier beginnt das Kopfkino"

Alle in der Leitstelle angestellten Disponenten waren vorher im Rettungsdienst tätig. Sie wissen also, was zählt, kennen die Abläufe und Prozeduren. Und doch ist ihre Situation in der Leitstelle eine völlig neue. "Vor Ort ist man einfach am Machen, da läuft man quasi auf Automatik. Hier beginnt das Kopfkino", sagt Steinbrucker. Die Anrufer seien ihre "Augen vor Ort", erklärt auch Marco Taschner. Er ist nun seit mehr als 10 Jahren in der Leitstelle aktiv. "Wenn man dann die Ehefrau am Telefon hat, sie zur Reanimation anleiten muss und auch noch weiß, dass Kinder vor Ort sind, das beschäftigt einen". 

Die klassischen W-Fragen, wie viele sie noch gelernt haben, will der Rettungsdienst heute nicht mehr hören. Das Gespräch wird eingeleitet mit den Worten:  "Notruf Feuerwehr und Rettungsdienst, wo genau ist der Notfallort?" Danach übernehmen die Disponenten die Gesprächsführung und arbeiten die nötigen Informationen ab. "Sollte der Anruf abbrechen, oder es um jede Sekunde gehen, können wir so umgehend den Rettungswagen losschicken und währenddessen weitere Fragen stellen", sagt Taschner. 

Bis zu 15 Plätze können etwa bei Katastrophenlagen eingerichtet werden

Lars Fuchs ist seit jetzt einem halben Jahr bei der Leitstelle in Fulda aktiv. Warum will man diesen Job machen? "Man sieht mal andere Seiten der Blaulichtfamilie, man hilft", erklärt er. Der Job ist wichtig und muss gemacht werden. Jeden Tag sind mindestens zwei Personen an den Telefonen der Leitstelle aktiv. 15 Plätze können etwa bei Katastrophenlagen eingerichtet werden. 

Für den Rosenmontag sind fünf Personen und der Lagedienst in der Leitstelle. Weitere stehen bereit, sollte es ernst werden. "Die Feuerwehr Fulda hat auch immer drei Leute, die für den Job ausgebildet sind und wenn sie nicht selbst im Einsatz sind, aushelfen können", so Steinbrucker. Warum dann mehr Personen in der Leitstelle sind? "Der Rosenmontag ist ein Großereignis, bei dem es außerdem zum hemmungslosen Alkoholkonsum kommt", erklärt er. (Moritz Bindewald) +++

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