Der ReserveCup des TSV Ransbach ist spitze

Marke, gesellschaftlicher Wert, Unterhaltung: Das schmückt nicht nur Hohenroda

Strahlender Sieger 2024: der VfL Philippsthal mit Tobias Trebert und Philipp Otto. Eingerahmt von Köpfen des TSV Ransbach, von links: Hans-Albert Pfaff, Peter Reusch, Hartmut Fischer, Ralf Burghardt
Fotos: Verein/ON-Archivfotos

08.02.2024 / KOMMENTAR - Drei Jahrzehnte Spaß, Unterhaltung, Spannung - um nur die wichtigsten Zutaten zu nennen. In diesem Zeitraum hat sich ein geballtes Stück Tradition entwickelt beim ReserveCup des TSV Ransbach. Nur der Adolf-Böhning-Gedächtnispokal des SV Großenbach und der Alte-Herren-Cup in Ransbach, vermögen da mitzuhalten und übertreffen die Konkurrenz der Gemeinde Hohenroda. Es lohnt sich, unter die Oberfläche zu schauen und zu ergründen, warum sich der Wettbewerb solcher Beliebtheit und Akzeptanz landauf und landab erfreut.



Denn Gründe, warum in jedem Jahr 40 Mannschaften mitmachen und am Turnier, das sich über zwei Wochenenden erstreckt, teilnehmen wollen, gibt es zur Genüge. OSTHESSEN|NEWS hat einige aufgelistet. Und glauben Sie mir, als ich in diesem Jahr am Eröffnungsabend die Sporthalle in Hohenroda betrat, war mein Gefühl schon speziell. Schließlich habe ich geschätzt 25 der 30 Ausgaben erleben dürfen.

1. Die Idee: Es ist ein Beitrag für all die Vergessenen. Jene, die sonst nie im Rampenlicht stehen. Denn der ReserveCup wendet sich - an Reserven. Dass einige das Reglement in diesen 30 Jahren hin und wieder mit Füßen traten, ist letztlich nicht zu ändern; Schlupflöcher finden sich immer wieder - und wer die sucht, der findet sie auch. Doch apropos Reserve-Kicker: Mit diesem Turnier fühlen sie sich angesprochen. Respekt und Wertschätzung, die der deutschen Gesellschaft immer mehr abgehen, haben beim ReserveCup ihren Platz. Und die Spieler geben viel zurück. Sie kicken mit Spaß, Ehrgeiz - bisweilen etwas zu viel für Fußball in der Halle - und sie möchten im nächsten Jahr wiederkommen. Diese Mischung fühlt sich an wie ein Geben und Nehmen.

2. Spaß, Spannung, Tore, Unterhaltung: Diese Zutaten erwartet doch jeder vom Hallenfußball. Spaß kommt fast zwangsläufig auf, sobald es am Freitagabend mit dem ersten Spiel losgeht. Und wenn man in die Augen der Spieler sieht, mischt neben dem Spaß auch schnell Ehrgeiz mit. Auch der Faktor Spannung fesselt Spieler, Verantwortliche des Ausrichters, und all jene, die ein Gespür für den Wettbewerb haben, zeitig - und er wird, ähnlich eines rollenden Schneeballs, zum Selbstläufer.

Spannung baut sich mit dem Fortschreiten des Wettbewerbs zunehmend auf - allerspätestens mit den Viertelfinalspielen im K.O-System, an deren Ende womöglich das Golden Goal, das Tor der Entscheidung, zum Tragen kommt. Dass so viele Tore beim ReserveCup fallen, würzt die Geschichte - dieser Fakt ergibt sich beinahe zwangsläufig beim Spielen auf große Tore und, jedenfalls am Eröffnungsabend, beim Kicken bis weit nach Mitternacht. Unterhaltung macht sich bereits am ersten Abend breit - sie nimmt dort Fahrt auf. Unter die Zielgruppen mischen sich immer mehr junge Besucher, die Zerstreuung und Erlebniswert ausgerechnet hier suchen; beim Kneipensterben in ländlichen Regionen auch kein Wunder.

3. Marke und gesellschaftlicher Wert: Es ist nicht überliefert, ob Hohenrodas Bürgermeister Andre Stenda, der alljährlich während der Veranstaltung oder einige Tage danach seinen Geburtstag feiert, wegen eben jener Veranstaltung in seine jetzige Gemeinde übergesiedelt ist. Vermutlich nicht. Aber der ReserveCup schmückt seine Gemeinde. Er tut ihr gut. Und wärmt das Herz des Bürgermeisters, der ja noch selbst mit kickt. Denn im Laufe dieser drei Jahrzehnte hat sich der ReserveCup zu einer Marke entwickelt. Ein Produkt, das in Osthessen - besonders in Hersfeld und Rotenburg, in Hünfeld, teilweise auch in Fulda, das diesbezüglich seine Sinne schärfen sollte - bekannt ist. Und auch darüber hinaus. Hülsa, Mernes, Bad Orb, Diemeltal oder manch andere lassen grüßen. Im vergangenen Jahr stieg der Hessische Fußballverband von seinem Thron herab und drehte ein Video - jetzt wurde, man höre und staune, auch der Hessische Rundfunk aufmerksam und sandte Beiträge im Radio.

Eines darf in dieser Betrachtung nicht fehlen - auch wenn es vielleicht ein bisschen aus dem Zusammenhang der Betrachtung gerissen ist; in jedem Fall taugt es als Seitenhieb. Bei Hallenturnieren der Männer soll sich doch tatsächlich eine gewisse Müdigkeit breitgemacht haben. Vielleicht ist das so. Doch es liegt sicher auch am Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage - in Zeiten, in denen das Wünschen noch geholfen hat. Verbände bestimmen darüber, wie und unter welchen Regularien Turniere und sogenannte Meisterschaften in der Halle stattzufinden haben - und die Kreise haben das umzusetzen. Von wegen Budenzauber, der allerorten angepriesen und als solcher verkauft wird. Wie wäre es denn, die Spieler - das ist ja schließlich die Zielgruppe - mit einzubeziehen? Heutzutage, wo deren Zahl immer mehr abnimmt und Vereine mittelfristig um ihre Existenz bangen.

Ach, wissen Sie, ich gehe im nächsten Jahr wieder hin. Wieder zum ReserveCup. Vielleicht auch aus Tradition. Bestimmt, weil ich mich gut aufgehoben fühle bei der Gastfreundschaft des TSV Ransbach. Auch, weil ich ein Vertreter einer verrückten Fußball-Generation bin. Und auch, weil der ReserveCup in Osthessen noch mehr ankommen soll. (Walter Kell) +++

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