Von Baby-Blues bis Wochenbettdepression

Wie die Klinik für Psychosomatik junge Mütter unterstützt

Auf die Traurigkeit, die sich nach einer Geburt einstellen kann, werden Mütter unter dem Begriff "Baby-Blues" vorbereitet.
Symbolbild: Pixabay

04.02.2024 / FULDA - Die Geburt eines Kindes löst Gefühle wie Freude, Liebe und Glück aus. Meistens. Aber manchmal auch Angst, Unsicherheit und Überforderung. Darüber wird nicht so oft gesprochen und junge Mütter bleiben mit diesen Gefühlen häufig allein. Mit der Mutter-Kind-Sprechstunde unterstützt die Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Klinikums Fulda junge Mütter.



Auf die Traurigkeit, die sich nach einer Geburt einstellen kann, werden Mütter unter dem Begriff "Baby-Blues" vorbereitet. Doch was passiert, wenn der Baby-Blues nicht wieder verschwinden will? Wenn sich mit der Angst, der Unsicherheit, der Überforderung und anderen Belastungen im Umfeld der jungen Eltern aus dem Baby-Blues eine Depression entwickelt?

"Eine psychische Erkrankung ist oft mit Scham verbunden"

Dann ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu holen, denn wer sich das Bein gebrochen hat, wartet ja auch nicht, dass es von allein wieder zusammenwächst, sondern begibt sich in ärztliche Behandlung. Obwohl ca. 15 Prozent aller Frauen nach der Geburt eines Kindes unter einer depressiven Symptomatik leiden, die weit über das hinausgeht, was allgemein als "Baby Blues" bekannt ist, fällt es den Betroffenen nach wie vor schwer, sich therapeutische Hilfe zu holen. "Eine psychische Erkrankung ist oft mit Scham verbunden. Vor allem, wenn sie nach der Geburt eines Kindes auftritt, wird diese oft mit Schuldgefühlen verbunden, die letztlich die Erkrankung noch verstärken können", weiß Prof. Dr. Henrik Kessler, Direktor der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Fulda.

Viele Mütter in dieser Situation fragen sich: "Wenn ich nach der Geburt meines Kindes nicht glücklich bin, bin dann ich eine schlechte Mutter?" Dann sollte professionelle Hilfe gesucht werden, um den ersten Schritt aus diesem Teufelskreis zu machen. Wichtige Anlaufstelle ist neben den Hebammen und der Wochenbettkrisenhilfe, die Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Fulda. Dort kann im Rahmen der Mutter-Kind-Sprechstunde durch ein ausführliches fachärztliches Gespräch mit der Mutter beziehungsweise den Eltern geklärt werden, ob und wenn ja, welche therapeutische Hilfe notwendig ist.

Dazu werden die Symptome diagnostisch zugeordnet und es wird gemeinsam überlegt, welche Unterstützung der Mutter beziehungsweise den Eltern und dem Baby guttun würde. Zu den Unterstützungsmöglichkeiten zählen eine ambulante Psychotherapie, eine medikamentöse Therapie und Hilfestellungen aus dem Bereich der "Frühen Hilfen" (zum Beispiel Familienhebamme, Wochenbettkrisenhilfe, Haushaltshilfe). Auch eine teilstationäre Behandlung von Mutter mit Kind im Mutter-Kind-Setting der psychosomatischen Tagesklinik ist möglich. Junge Mütter werden zusammen mit ihren Babys im Alter von 0-18 Monaten tagesklinisch betreut und dabei unterstützt, gut in die Rolle als Mutter hineinzuwachsen.

"Die Geburt eines Kindes verändert das Leben"

Dabei werden die eigenen Erwartungen an das Mutter-Sein ebenso reflektiert, wie die Ängste, Sorgen und Befürchtungen, die sonst vielleicht nirgends einen Platz haben. Dazu können auch schwierige und belastende Erfahrungen während der Schwangerschaft und bei oder nach der Geburt zählen. Die Mütter lernen, wie sie im Alltag mit dem Baby und mit ihren Gefühlen umgehen sowie gut für sich und ihre Bedürfnisse zu sorgen und gleichzeitig gut und feinfühlig mit ihrem Baby im Kontakt zu sein. Dadurch wird die Anpassung an die neue Lebenssituation ebenso unterstützt wie der Aufbau einer tragfähigen Beziehung zum Kind.

"Kaum ein anderes Ereignis verändert das Leben so stark wie die Geburt eines Kindes. Dass die Anpassung an diese veränderte Lebenssituation auch mit Stolpersteinen und Hindernissen verbunden ist, sollte eigentlich nicht verwundern. Und dass es dabei manchmal auch der Hilfe von Fachleuten bedarf, sollte selbstverständlich sein", erläutert Ines Froschmayr, Psychologische Teamleitung der Klinik für psychosomatische Medizin und Psychotherapie. "Stattdessen macht es das Tabu, das mit psychischen Erkrankungen allgemein und nach der Geburt eines Kindes ganz speziell verbunden ist, jungen Müttern und Eltern besonders schwer, sich Hilfe zu holen. Doch dadurch wird das Leid der Betroffenen leider nur verstärkt", so Froschmayr weiter.

An einem geschützten Ort, wie in der Mutter-Kind-Sprechstunde, über die eigenen Gefühle und Belastungen zu sprechen, kann sehr entlastend sein. Und es ist der erste Schritt dahin, dass Eltern und Kind die richtige Unterstützung bekommen, damit Freude, Liebe und Glück doch wieder einen größeren Platz im Leben der jungen Familie bekommen können. Nähere Informationen zur Mutter-Kind-Sprechstunde erhalten Betroffene unter Telefon: (0661) 84-6591. (pm)+++

Prof. Dr. Henrik Kessler, Direktor der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Fulda.

Ines Froschmayr, Psychologische Teamleitung der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
Fotos: Klinikum Fulda

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