Generaldebatte
Bundestag als politischer Boxring: Scholz geht auf Merz los
Fotos: Kay Nietfeld/dpa
01.02.2024 / BERLIN -
Im Bundestag geraten Kanzler und Oppositionsführer heftig aneinander. Merz kündigt die Zusammenarbeit mit der Ampel auf. Scholz wirft ihm «Feigheit» vor. Nur eine Hassattacke der AfD eint die Seiten.
Merz hatte Scholz zuvor aufgefordert, sich seine Appelle zur Zusammenarbeit zu sparen. «Diese Aufrufe sind nichts anderes als reine politische Rhetorik», sagte Merz. Die Erfahrungen der vergangenen zwei Jahre hätten gezeigt, dass die Koalition an einer wirklichen Kooperation nicht ernsthaft interessiert sei. Wo die Union wie beim Sondervermögen für die Bundeswehr zugestimmt habe, halte sich die Regierung nicht an Vereinbarungen. Eine Zustimmung zu einer Aufweichung der Schuldenbremse schloss Merz folglich auch aus.
Nur Weidel-Rede eint Regierung und Opposition
Geeint wurden Ampel-Koalition und Union aber durch die Rede von AfD-Chefin Alice Weidel, die der Regierung vorwarf, eine «Schneise der Verwüstung» durch Deutschland zu ziehen. «Es brennt in Deutschland. Und die Regierung aus überforderten Fehlbesetzungen und starrsinnigen Ideologen ist der Brandstifter», sagte sie. «Diese Regierung hasst Deutschland.»«Deutschlandpakt» wohl endgültig erledigt
Die Einigkeit in Sachen AfD ändert aber nichts daran, dass sich der von Scholz vor knapp einem halben Jahr angestoßene «Deutschlandpakt» mit der Opposition zur Modernisierung des Landes sich nun wohl endgültig erledigt haben dürfte. Anfang September hatte Scholz den Ländern und der «demokratischen Opposition» im Bundestag in der letzten Generaldebatte die Hand ausgestreckt und einen solchen Pakt zur Modernisierung Deutschlands vorgeschlagen, der auch das Thema Migration umfassen sollte. CDU-Chef Merz schloss der Kanzler damals ausdrücklich in sein Angebot ein.Es gab anschließend zwei Treffen der beiden, an einem nahm auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt teil. Nach der Bund-Länder-Einigung auf ein Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der illegalen Migration kündigte Merz die Mitarbeit an einem «Deutschlandpakt» im November allerdings auf. «Ich erkenne im Augenblick beim Bundeskanzler keine Bereitschaft, die Gespräche mit uns substanziell fortzusetzen», sagte er.
Scholz wirft Merz «Hasenfüßigkeit» vor
Der Kanzler gab sich so kämpferisch, wie man das nur selten von ihm erlebt hat. Von der Selbstkritik, die in einem vergangene Woche veröffentlichten «Zeit»-Artikel durchklang, war allerdings nichts mehr zu spüren. Scholz verteidigte den Kurs seiner Ampel-Regierung auf ganzer Linie und zählte die Erfolge auf, die seine Regierung aus seiner Sicht erzielt hat.
«Wer boxt, der soll kein Glaskinn haben»
Dass er Merz so scharf angriff, hat vielleicht auch mit dem letzten Rededuell der beiden im November zu tun. Damals gab Scholz seine Regierungserklärung zum historischen Urteil ab, mit dem das Bundesverfassungsgericht die Haushaltsplanung der Ampel einkassierte. «Sie können es nicht», hatte Merz Scholz damals vorgeworfen und ihn als «Klempner der Macht» bezeichnet. Während seiner eigenen Rede war Scholz von der Opposition im Plenum ausgelacht worden.Insofern kann man seinen Auftritt am Mittwoch auch als Revanche verstehen. «Was hat eigentlich ihr politisches Programm mit der Zukunft Deutschlands zu tun? Nichts, das ist die Antwort», hielt der SPD-Politiker dem CDU-Chef vor. Und er empfahl Merz, es sportlich zu nehmen: «Wenn Sie dann mal kritisiert werden, dann sind Sie eine Mimose», sagte der Kanzler. «Ich finde, wer boxt, der soll kein Glaskinn haben. Aber Sie haben ein ganz schönes Glaskinn, Herr Merz.» (Von Michael Fischer, dpa) +++