"We’ve got rhythm"

Jugendsinfonieorchester begeistert das Publikum im Fürstensaal

Konrad Kaffanke spielt das Marimba-Konzert von Ney Rosauro.
Foto: Natalya Oldenburg

29.01.2024 / FULDA - Wenn man sich bei einem Neujahrskonzert an den Großmeistern des ‚Genres‘, den Wiener Philharmonikern, orientiert, kann dabei nur etwas Gutes herauskommen. Und so war das auch an diesem Sonntag im zweimal ausverkauften Fürstensaal: Das Jugendsinfonieorchester Fulda (JSO) und sein Dirigent Martin Klüh begeisterten mit Schwung, Rhythmus und Leichtigkeit. Das klug zusammengestellte Programm war so recht für junge Musiker/innen gemacht.



"Rhythm & Film" hieß das Programm, das gleich mit einem Ohrwurm begann, dem brasilianischen "Tico, Tico" von Zequinha de Abreu. 1917 schrieb er es, seinen Siegeszug trat es in den 1940er Jahren an. Kein Wunder, es ist eingängig und temperamentvoll – und es juckt einen in den Füßen, sofort zu tanzen.

Percussion Star aus Fulda

Ein besonderes Konzert hörten wir mit Ney Rosauros "Concerto for Marimba No. 1 op. 12". Konrad Kaffanke spielte den ersten (Saudação – Begrüßung), zweiten (Lamento – Klage) und vierten (Despedida – Abschied) Satz aus diesem sehr populären Marimba-Konzert von 1986. Ich habe Konrad Kaffanke nach dem Konzert gefragt, wie lange man braucht, bis man allein die Handhaltung so perfektioniert hat, dass man keinen der vier Schlägel verliert und sich ganz auf die Musik konzentrieren kann. Seine Antwort: "Na ja, die ersten zwei Jahre braucht man schon nur für die Technik." Mit anderen Worten: die Marimba ist ein anspruchsvolles Instrument.

Jeder der Sätze hat einen ganz eigenen Klangraum. Mal ist das ganze Orchester Partner, mal nur die Bläser, mal Teile der Streicher, mal nur die Bässe. Mal ist es rhythmischer und härter, mal lyrischer und weicher. Wer genau hinschaute, sah, dass Konrad Kaffanke in jedem Satz andere Schlägel benutzte – sie unterscheiden sich in ihrer Härte, und damit im Klang. Welche Schlägel er benutzt, entscheidet Kaffanke selbst, dafür gibt es keine Vorschriften seitens des Komponisten. Kaffanke hat schon an vielen Wettbewerben teilgenommen und regionale wie landesweite erste Preise eingeheimst – und das wird wohl auch so weitergehen. Es war ein Vergnügen, ihm zuzuhören.

Ab ins Kino

Nach einem Zwischenspiel mit einem kleinen, frechen Hasen erklang die Titelmelodie der "Sendung mit der Maus". Die kennt sicher jeder in Deutschland, aber erzählt wurde dazu nicht der Text von "Hier kommt die Maus", sondern der von "Tico Tico", jenem frechen Vogel, den es nur in Südamerika gibt und der am liebsten Maismehl frisst. Tiago Friske-Momberger las den Text auf Portugiesisch, Luis Plunien dann auf Deutsch.

Und dann war Kinozeit, zunächst mit der "Forrest Gump Suite" von Alan Silvestri. Auch das eine Melodie, die wahrscheinlich alle im Saal schon bei den ersten Tönen wiedererkannten. Ja klar, das ist ein Soundtrack für großes Hollywood-Kino, aber doch auch mit sehr zärtlichen Passagen.

Dann wurde es romantisch, verträumt und verliebt, mit Karel Svobodas Titelmelodie aus "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel". Film wie Musik gehören zu Weihnachten wie Plätzchen und Kerzenglanz – und das gilt für alle zwischen fünf und 95 Jahren.

Wie der Jazz zu Schostakowitsch kam

Dirigent Martin Klüh ließ es sich nicht nehmen, einen der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts selbst vorzustellen, denn mit Dimitri Schostakowitschs "Tea for Two" ging das Konzert zu Ende. "Schostakowitsch spielt in diesem Stück mit allen Orchesterklangfarben. Mal müssen die Musiker eher kammermusikalisch spielen, und von einem Ton auf den anderen wechselt es dann zum sinfonischen Klang. Sie müssen also verstehen, was ihre Rolle ist, und sie müssen auch technisch sehr versiert sein", so Klüh. Wohl wahr, denn das ist ein Stück, das allen alles abverlangt. "Tea for Two" stammt aus dem Musical "No No Nanette" von 1924 und wurde schnell zu einem Jazz-Klassiker. Berühmte Interpreten waren unter anderem Ella Fitzgerald, die Comedian Harmonists, Frank Sinatra, Doris Day und Nat King Cole.

Und wie kommt der Jazz nun zu Schostakowitsch? Stellen Sie sich eine "Wetten dass?"-Ausgabe im Jahr 1927 vor: Dirigent Nikolai Malko wettete mit Schostakowitsch, dass der mehr als 60 Minuten brauchen würde, um ein Stück zu orchestrieren. Haste gedacht – Schostakowitsch nahm die Wette an und schrieb in 45 Minuten seine Orchesterversion von "Tea for Two".  Er gewann die Wette, die100 Rubel, und seine als "Tahiti Trot" bekannt gewordene Version wurde zu einem Klassiker. Es war großartig, sie so gut vom JSO zu hören.

Natürlich kam das Orchester ohne Zugabe nicht von der Bühne, es gab "Let’s get loud" von Jennifer Lopez und "Wer hat an der Uhr gedreht" – aus der Zeichentrickserie "Der rosarote Panther".  Orchestersprecherin Salomé Maaser bedankte sich im Namen ihrer Kollegen Erik Oldenburg, Lilly Berg und Lara Axt bei Publikum, Solist Konrad Kaffanke, dem ganzen Orchester und natürlich Dirigent Martin Klüh, der ein kleines Geschenk als Stärkung für das neue Jahr erhielt.

Es war so recht ein Konzert, um mit Schwung ins Neue Jahr zu gehen – und die Herren Fürstäbte droben im Fürstensaal haben sicher bei manchen Klängen sehr gestaunt. Vielleicht hätten sie sich aber auch so begeistern lassen wie das Publikum. Uta Weyand, die zweite Vorsitzende des Fördervereins der Musikschule, hatte in ihrer Begrüßung auf die ideelle und finanzielle Unterstützung hingewiesen, die der Förderverein für die Musikschule leistet, und um Spenden gebeten. Denn 2025 soll der Gegenbesuch in Fuldas amerikanischer Partnerstadt Wilmington unterstützt werden. Das Ergebnis war einfach überwältigend: Im Geigenkoffer lagen nach den beiden Konzerten 970 Euro

Wenn Ihre Kinder gern im JSO mitspielen würden oder Sie Fuldas Jugendsinfonieorchester unterstützen möchten, können Sie gern hier vorbeischauen: https://www.fulda.de/kulturfreizeit-musikschule/ensembles/jugendsinfonieorchester-fulda (Jutta Hamberger)+++

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