Ausnahmezustand in Ecuador – Paula Krenzer
Ecuador, ein gescheiterter Staat? Drei Freiwillige berichten
Foto: picture alliance / REUTERS | VICENTE GAIBOR DEL PINO
24.01.2024 / HILDERS (RHÖN) / ECUADOR -
Erneute Negativschlagzeilen aus Ecuador: Der Gefängnisausbruch des Drogenkartell-Chefs "Fito" am 7.1.24 hat verheerende Folgen. Präsident Noboa ruft den Ausnahmezustand aus, das Wort "Bürgerkrieg" fällt und löst große Beunruhigung aus. Mittendrin: Paula Krenzer aus der Gemeinde Hilders. In Zusammenarbeit mit den beiden in Quito lebenden Freiwilligen Sarah Bendszus und Fe Gösling schreibt sie über die Erfahrung vor Ort und ihren Blick auf das Geschehen. Nachfolgend veröffentlichen wir ihren Beitrag im Wortlaut.
"Ecuador zeigt sich in den Medien seit neustem nicht von seiner besten Seite. Aber es ist und bleibt unser Zuhause für ein Jahr. Daher kam uns die deutsche Berichterstattung teils enttäuschend negativ und einseitig vor. Dank OSTHESSEN|NEWS haben wir die Gelegenheit, unsere Perspektive aus erster Hand zu schildern und hoffentlich ein vollständigeres Bild zu zeichnen", erklärt Paula Krenzer aus der Gemeinde Hilders.
Als Transitland stieg die Bandenkriminalität in Ecuador über die letzten Jahre enorm an, obwohl es früher einen äußerst friedlichen Ruf hatte. Inzwischen übertrifft die Mordrate sogar die des Nachbarstaates Kolumbien. Drogenhandel und Korruption haben sich zur nationalen Krise entwickelt. Die 19-jährige Sarah Bendszus aus Bonn merkt an: "Es handelt sich um ein konstantes Problem, das man bisher zwar gut ausblenden konnte, aber doch im Alltag bemerkt hat. Spätestens beim Nachrichtenschauen."
Trotz Ausnahmezustand keine Panik in Puyo
Die Flucht von Drogenboss "Fito" vom 7. Januar war also nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Bei mir löste der daraufhin ausgerufene 60-tägige Ausnahmezustand trotzdem keine Panik aus. Konkret bedeutet er "nur" eine nächtliche Ausgangssperre ab 23 Uhr und mehr Militärpräsenz, die ich als Vorsichtsmaßnahme für ein relativ weit entferntes Problem einstufte.Viele haben angefangen zu weinen, es herrscht Chaos in der Hauptstadt
Unser esto también es ecuador
Ecuador ist mehr als Negativschlagzeilen
Lange Rede, kurzer Sinn: Die aktuellen Vorfälle sind nur die Spitze des Eisbergs, das eigentliche Problem sind korrupte Strukturen, die sich durch das gesamte System ziehen. Künftige Entwicklungen sind schwer absehbar und trotz der Ruhe nach dem Sturm ist weiterhin Vorsicht geboten: Der Ausnahmezustand dauert noch bis Anfang März an, Empfehlung ist, möglichst zuhause zu bleiben. Aber uns ist wichtig zu erwähnen, dass Ecuador mehr als Negativschlagzeilen ausmacht, im letzten halben Jahr hat sich dieses Land für uns zu einer zweiten Heimat entwickelt, in der man mit gewisser Vorsicht ein sicheres und sorgenfreies Leben führen kann. Qué viva Ecuador – Darauf, dass es schnellstmöglich wieder friedlicher wird!Ihr Interesse an Auslandsfreiwilligendiensten ist geweckt? Mehr Informationen über meine Erfahrungen in Ecuador und Möglichkeiten, mich und meine Arbeit zu unterstützen, unter diesem Link. (Ein Gastbeitrag von Paula Krenzer) +++