Unwort des Jahres 2023
Fünfköpfige Jury hat sich in diesem Jahr für "Remigration" entschieden
Symbolbild: Pixabay
15.01.2024 / REGION -
Seit 1991 wird das "Unwort des Jahres" gekürt. Jeder kann bis zum Ende eines Jahres Vorschläge einreichen, die dann eine fünfköpfige Jury aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten sichtet und das "Sieger"-Wort kürt. Am Montagmorgen wurde es bekanntgegeben: "Remigration" ist das Unwort des Jahres.
"Der Ausdruck Remigration ist ein vom lateinischen Verb remigrare (deutsch ‚zurückwandern, zurückkehren‘) abgeleitetes Fremdwort. Das Wort ist in der Identitären Bewegung, in rechten Parteien sowie weiteren rechten bis rechtsextremen Gruppierungen zu einem Euphemismus für die Forderung nach Zwangsausweisung bis hin zu Massendeportationen von Menschen mit Migrationsgeschichte geworden", so die Jury in einer Pressemitteilung.
Die Jury kritisiert die Verwendung des Wortes, weil es 2023 als rechter Kampfbegriff, beschönigende Tarnvokabel und ein die tatsächlichen Absichten verschleiernder Ausdruck gebraucht wurde. Der aus der Migrations- und Exilforschung stammende Begriff, der verschiedene, vor allem freiwillige Formen der Rückkehr umfasst (darunter die Rückkehr jüdischer Menschen aus dem Exil nach 1945), wird bewusst ideologisch vereinnahmt und so umgedeutet, dass eine – politisch geforderte – menschenunwürdige Abschiebe- und Deportationspraxis verschleiert wird.
"Der harmlos daherkommende Begriff Remigration wird von den völkischen Nationalisten der AfD und der Identitären Bewegung benutzt, um ihre wahren Absichten zu verschleiern: die Deportation aller Menschen mit vermeintlich falscher Hautfarbe oder Herkunft, selbst dann, wenn sie deutsche Staatsbürger sind. Nach der Wahl zum 'Unwort des Jahres' sollte diese Täuschung mit Remigration nicht mehr so leicht gelingen", sagte der diesjährige Gastjuror Ruprecht Polenz, Bundestagsabgeordneter der CDU.
Beim Ausdruck "Heizungs-Stasi" handele es sich um ein zusammengesetztes Wort, das den Ausdruck Heizung und das Kurzwort Stasi (Staatssicherheit) verbindet. Das Wort diene der populistischen Stimmungsmache gegen Klimaschutzmaßnahmen (Gebäudeenergiegesetz GEG). Diese würden als diktatorische Repressionen dargestellt, die gegen das Wohl der Bevölkerung durchgesetzt werden. "Der Ausdruck verstößt gegen das demokratische Prinzip, weil er das demokratische Gesetzgebungsverfahren verunglimpft. Zudem werden durch die Verwendung des Ausdrucks die Opfer der Staatssicherheit verhöhnt", so die Jury.
Auswahlkriterien für "Unwörter"
Mit der Aktion "Unwort des Jahres" soll auf öffentliche Formen des Sprachgebrauchs aufmerksam gemacht werden. So sollen Sprachbewusstsein und Sprachsensibilität der Menschen gefördert werden. "Unwörter" zeichnen sich dadurch aus, dass sie gegen das Prinzip der Menschenwürde oder der Demokratie verstoßen, diskriminierend, stigmatisierend oder diffamierend sind oder "euphemistisch, verschleiernd oder gar irreführend" sind, so die Aktion. Im Jahr 2022 war "Klimaterroristen" der "Gewinner".Laut der Aktion "Unwort des Jahres" sind 2.301 Vorschläge eingegangen. Im Fokus standen dabei politische Themen des vergangenen Jahres. "Gratismentalität". "Abschiebepaket" oder "Abnutzungskrieg" gehörten dazu. "Unwörter des Jahres seit 1991 waren unter anderem "Ausländerfrei", "Sozialleichen", "Peanuts", Altenplage", "Rentnerschwemme", "Wohlstandsmüll", "Ich-AG", "Ehrenmord", "Opfer-Abo", "Lügenpresse" und Corona-Diktatur". (cdg/pm) +++