Dr. Liesching: "Elena K. könnte noch leben"

WEISSER RING fordert elektronische Überwachung gegen Männergewalt

Der Mord an der 35-jährigen Elena K. hätte verhindert werden können
O|N-Archivbilder

15.01.2024 / REGION - Die junge Ärztin kam aus ihrer Nachtschicht im Fuldaer Herz-Jesu-Krankenhaus, war schon im Hof ihres Hauses vor der Tür und wollte zu ihrem kleinen Sohn. Doch noch ehe sie sich in die Tür retten konnte, stach ihr Expartner mit großer Brutalität auf sie ein. Er hatte ihr aufgelauert und war ihr gefolgt, obwohl ihm der Kontakt gerichtlich verboten war. Die 35-Jährige verblutete vor der Tür, während ihr Sohn und ihre Mutter alles über die Gegensprechanlage mitanhören mussten. Die sinnlose grausame Tat, die großes Leid und Entsetzen auslöste, ist einer von viel zu vielen Fällen, bei denen Frauen dem gewalttätigen Besitzdenken ihrer (Ex-)Partner zum Opfer fallen. 

Es war das tödliche Ende einer absehbaren Entwicklung: weil der Mann nicht akzeptieren wollte, dass Elena seinen Heiratsantrag abgelehnt und sich von ihm getrennt hatte, begann er, sie zu stalken, beschimpfte sie als "Putzlappen, infektiöse Schlampe, Hure und Hündin", zerstörte ihr Handy und schlug sie. Nachdem er sie gewürgt und ihr Auto angefahren hatte, erwirkte sie vor Gericht ein Annäherungs- und Kontaktverbot gegen ihn. Doch diese Maßnahme ist ein stumpfes Schwert. In Elenas Fall nützte sie nichts und konnte ihr Leben nicht schützen. Der mittlerweile als Mörder verurteilte Mann missachtete die Auflage und brachte die junge Frau um. Ein Mord mit Ansage.

Ein Mord mit Ansage



Frauen vor ihren gewalttätigen (Ex-)Männern zu schützen, ist das Ziel von gerichtlichen Annäherungsverboten. Aber die werden in Deutschland tausendfach ignoriert – und Frauen deshalb jeden Tag bedroht, verletzt, getötet. Dabei könnten sie geschützt werden. Spanien macht vor, wie es funktionieren kann, während sich in Deutschland Bund und Länder noch gegenseitig die Verantwortung zuschieben und es täglich neue Opfer zu verzeichnen gibt.

Das Thema treibt den Bundesvorsitzenden des größten deutschen Opferverbands WEISSER RING, Patrick Liesching um, dem die schrecklichen Todesumstände der jungen Ärztin bis heute keine Ruhe lassen. "Wenn dieser Täter, dessen Gefährlichkeit offensichtlich war, per Fußfessel überwacht worden wäre, könnte sie noch leben!" Deshalb fordert der WEISSE RING in "höchster Dringlichkeit" dazu auf, etwas gegen die oft tödliche Gewalt gegen Frauen zu unternehmen und sie besser vor ihren gewalttätigen (Ex-)Männern zu schützen.

Kontaktverbot wird viel zu oft ignoriert

Alle drei Minuten wird in Deutschland eine Frau Opfer von häuslicher Gewalt. Und das sind nur die bekannten Fälle, die der Polizei angezeigt werden - das Dunkelfeld ist Schätzungen zufolge vier- bis fünfmal so groß. Für viele Frauen endet das tödlich. Häufig hatten sich die Frauen vor der Tat hilfesuchend an die Behörden gewandt. Oft sprach ein Gericht ein Kontakt- und Näherungsverbot gegen den prügelnden oder drohenden Mann aus, manchmal per Eilentscheid noch am Tag der Antragstellung. Doch die Gewalttäter ignorieren diese Verbote immer häufiger. 

Spanien macht es vor

Nicht nur der WEISSE RING, sondern auch der hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) fordert deshalb in solchen Fällen den Einsatz der elektronischen Fußfessel. Weil diese Art der Überwachung stark in die Grundrechte der betroffenen Person eingreift, gibt es eine Alternative, die in Spanien bereits seit Jahren erfolgreich praktiziert wird: Täter und Opfer tragen in Spanien ein elektronisches GPS-Gerät bei sich. Beim Täter ist es am Körper fixiert, die zu schützende Person trägt es wie ein Smartphone bei sich. Sobald der Abstand zwischen beiden weniger als 500 Meter beträgt, schlägt das System Alarm, und die Polizei kann schnell reagieren. Das Opfer wird kontaktiert und nicht alleingelassen. Die Leitstelle lotst die Polizei zum Einsatzort. Die Polizei wird auch alarmiert, wenn das elektronische Armband entfernt wird. Mit der Einführung des spanischen Modells im Jahr 2009 sank tatsächlich die Zahl der ermordeten Frauen signifikant. Im November 2023 waren in Spanien 4.180 elektronische Armbänder aktiv.

"Die elektronische Überwachung kann Leben retten!"

Dr. Patrick Liesching ist das Vorhaben ein dringendes Anliegen: "Ich kann nur betonen, dass wir die elektronische Aufenthaltsüberwachung unbedingt brauchen. Wir kennen eine Reihe von Fällen, in denen gerichtliche Näherungsverbote ausgesprochen wurden und es trotzdem zu einer Tötung kam. Der Schutz von Frauen ist eines unserer wichtigsten Themen beim WEISSEN RING. Die elektronische Fußfessel kann Leben retten."

Der Ball liegt bei Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Warum zögert er? Jeder Tag, an dem Frauen der Gewalt von Männern schutzlos ausgeliefert sind, ist ein Tag zu viel. (ci)+++

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