1.500 Demonstranten ziehen durch die Stadt

Bauerndemo ohne Bauernverband: "Es geht ja um viel mehr", sagt der Initiator

Große Demonstration am Montag in Alsfeld.
Fotos: Moritz Bindewald

09.01.2024 / ALSFELD - Ärger, Frust und das Gefühl, nicht gehört, gar vergessen zu werden. "Es reicht", sagen rund 1.500 Demonstranten in Alsfeld (Vogelsbergkreis). Sie fordern auf vielen Transparenten die Abschaffung der Ampel, kritisieren die Politik. Aber auch Kampfsprüche wie "Wir sind das Volk", oder "Ob geimpft oder nicht, verarscht haben sie uns alle" finden sich an den Fahrzeugen. 



Besonders hier: Der Bauernverband hatte sich vorab von dem Veranstalter distanziert. Jürgen Stehr ist Geschäftsführer und Inhaber der Firma Stehr Baumaschinen. Er ist Initiator der hiesigen Demonstration. "Der Bauernverband, der kocht sein eigenes Süppchen. Wir sagen, diese Sache betrifft nicht nur den Bauernverband. Uns geht es hier auch um Handwerksbetriebe und Industrie", sagt Stehr. Er fürchtet zahlreiche anstehende Insolvenzen im Mittelstand - ausgelöst "durch eine grundfalsche Politik".

Organisator Stehr wirft Politik Insolvenzverschleppung vor und beklagt "Klimahysterie"

Stehrs Kernforderung? Eine Politik, die an die Zukunft denkt. "Das geht so nicht weiter. Der Staat kann nicht alle Probleme einfach auf die Bürger umlegen. Wenn ich in meinem Betrieb Scheiße baue, da geh’ ich pleite und wenn ich die Pleite nicht früh genug anmelde, dann ist das Insolvenzverschleppung und genau das passiert gerade im Bund", sagt er. Mit der Frage nach notwendigem Klimaschutz konfrontiert, spricht Stehr dann von einer "Klimahysterie". Er sagt: "Das ist ein Witz, ich fahre Cabriolet als Hobby". Weiter behauptet er dann, es gebe Wissenschaftler, die belegen würden, dass der menschengemachte Klimawandel "quatsch" sei.

Klimawandel ist "absolut akut", doch Abschaffung des Agrardiesels bedroht Betriebe

"Keiner hat mehr mit der Umwelt zu tun, als wir Landwirte und wir sehen ja in den letzten Jahren, dass der Klimawandel absolut akut ist durch erstmal große Dürren, dann die große Nässe und schließlich die Erträge und dass wir immer kürzere Zeitfenster zur Ernte haben", hält Landwirt Friedhelm Kriesel dagegen. Man müsse einen Weg finden, auf der einen Seite das Volk zu ernähren, aber auch das Klima zu schützen. Auch er bangt um seinen Hof. "Wenn der Agrardiesel gestrichen wird, ist das für einige Betriebe, wie auch für mich, ziemlich das Ende", kritisiert er.

Viel Zuspruch und Verständnis von Umstehenden

Von Umstehenden gibt es Verständnis, mutmachende Worte und Unterstützung. "Ich bin zwar selbst kein Landwirt, aber finde es gut, dass die hier demonstrieren und deswegen bin ich hier", sagt uns ein Alsfelder Bürger. "Ich bin Teilrentnerin und habe das Haus meiner Eltern. Jetzt stehe ich kurz davor, das verkaufen zu müssen, wegen der schlechten Politik, die momentan gefahren wird", erklärt sie.

Klar ist, viele sind frustriert. Manche haben Angst. Manche sind schlicht wütend. Sie wollen gehört werden. Antworten der Politik gilt es abzuwarten, erste Zugeständnisse wurden bereits gemacht. (Moritz Bindewald) +++

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