Erich Kästner: "Drei Männer im Schnee"

Sensationeller Theatersaisonstart in Stockhausen

Standing Ovations und lang anhaltender Schlussapplaus in der Stockhäuser Altfellhalle.
Fotos: Privat

09.01.2024 / HERBSTEIN - Standing Ovations und lang anhaltender Schlussapplaus in der Stockhäuser Altfellhalle bescheinigten der Theatergruppe Stockhausen wieder einmal ein beeindruckendes Zuschauererlebnis auf hohem Niveau. Erstmals mit sogar 3 verschiedenen Bühnenbildern zeigten die Stockhäuser nicht nur, zu was sie in äußerster Perfektion technisch in der Lage sind, sondern auch, mit welch authentischer Spielfreude sie begeistern können. Regie führte Frank Lang.



Ziel der Stockhäuser ist es laut Auskunft des Regisseurs schon seit mehr als 3 Jahrzehnten, den Zuschauer in eine andere Welt zu versetzen, ihn zu verführen, ihn den Alltag vergessen zu lassen und herzlich lachen zu können, um berauscht und glücklich wieder nach Hause zu kehren.

Und das gelingt immer wieder aufs Neue, denn allein die Bühne ist aufwendig und detailgetreu hergerichtet; da klingelt nicht nur der entsprechende Telefonapparat und die Lichtschalter sowie Steckdosen funktionieren, sondern aus der Suppenterrine steigt beim Öffnen Wasserdampf, der Ofen funktioniert, der Wasserhahn läuft und der Aufzug zeigt mit Lichtern an, in welchem Stockwerk er sich gerade befinden soll.

Beginn des ersten Aktes

Und so beginnt der erste Akt mit der guten Stube des Millionärs Tobler in dessen Villa im Berlin der 30er Jahre. Sechs große Stummfilmtafeln werden mit entsprechender musikalischer Umrahmung nach der Vorhangöffnung in knapp zwei Minuten über die Bühne geführt und geben einem das Gefühl, das Intro eines alten Films zu erleben. Tobler (schön gespielt von Christoph Kimpel) erklärt, er habe unter anderem Namen den zweiten Preis im Ausschreiben seiner eigenen Firma gewonnen und werde in das Grand Hotel Bruckbeuren in die Alpen fahren, um als armer Mann verkleidet die Reaktionen der Menschen zu testen bzw. zu studieren, seinen Diener Johann (authentisch gespielt von Ralf Kaiser) nimmt er mit, dieser soll sich aber wiederum als Millionär ausgeben.

Tobler's Tochter Hilde (jugendlich frisch und selbstbewusst gespielt von Nadine Borrmann) informiert aber heimlich das Hotel, dass ein verkleideter Millionär komme und dass man ihn aber dennoch wie gewohnt behandeln solle. Es kommt wie es kommen muss, denn der erste Gewinner des Preisausschreibens Herr Hagedorn (hervorragend gespielt von Sebastian Wahl), ein stellungsloser Werbefachmann in einfacher Kleidung, erscheint im Hotel und wird für den Millionär gehalten.

Hauptbühnenbild im zweiten Akt

Tobler hingegen wird herablassend behandelt, notdürftig untergebracht und zu Dienstbotenarbeiten verpflichtet. Und somit ist das Hauptbühnenbild im zweiten Akt präsent: die Hotellobby mit 3-flügliger Eingangsdrehtür, mit großen Fenstern links und rechts und Alpenpanorama im Hintergrund, ein Aufzug sowie eine kleine antike Sitzgruppe im Vordergrund. Dort residieren auch 2 allein reisende liebestolle Damen (Frau Casparius und Frau von Mallebré, überzeugend gespielt von Annedore Schwarz und Beate Eidmann), die es beide auf den Millionär abgesehen haben und natürlich den Falschen immer wieder in arge Bedrängnis bringen.

Weitere personelle Highlights sind der Portier Polter (klasse gespielt von Jürgen Kimpel), der in authentischem Schweizer Dialekt eine kontrastreiche ländliche Note in das Grand Hotel bringt; der Hoteldirektor Kühne (überzeugend gespielt von Jonas Domaschka), der in seiner dienstlichen Korrektheit nicht alles sofort versteht; der Hotelpage (optimal besetzt durch Christian Oestreich), der in seiner sprachlich kleinen Rolle beachtliches leistet, denn es ist durchweg ein Genuss, seinem Gesichtsausdruck und seiner Dienstbeflissenheit zu folgen.

Dritter Akt

Und natürlich ist da noch Tobler's Hausdame Frau Kunkel (energiegeladen herzlich gespielt von Lisa-Marie Eidmann) zu erwähnen, die mit Hilde Tobler im dritten Akt auf der Sonnenterrasse des Grand Hotels erscheint, um ihrem Hausherrn beizustehen, womit das dritte Bühnenbild, die Sonnenterrasse mit Alpenpanorama im kompletten Hintergrund mit 3 Deckchairs davor gezeigt wird, das sich während des Aktes in Sekundenschnelle in die Hotellobby zurückverwandelt.

Die drei Männer im Schnee (Hagedorn, Tobler und Johann) freunden sich an und bekräftigen ihre neue Männerfreundschaft mit einem kurzen eigens für sie gedichteten Lied, außerdem verlieben sich Hilde und Hagedorn und es ist bis zum Schluss ein Genuss, immer wieder die Szenen zu sehen, bei denen die Auflösung der Verwechslung immer wieder zuerst umschifft wird und später einfach nicht von Hagedorn verstanden werden will.

Kästner's Männer im Schnee wird in diesem Jahr 90 alt, hat aber in seinem Wesen und seiner Aktualität nichts verloren, ein Stück, das oft verfilmt wurde, auf vielen Bühnen zu Hause ist und in Stockhausen besonders sehenswert ist. Alle Akteure sprühen geradezu vor schauspielerischer Leidenschaft, Chapeau Theatergruppe Stockhausen. (pm) +++

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