O|N-Exklusiv-Gespräch mit Bürgermeister

In der Konrad-Zuse-Stadt denkt man weit über das Jahr 2024 hinaus

Blick auf Hünfeld mit dem Rathaus. Die Entwicklung der Innenstadt steht auch 2024 im Fokus.
Fotos: O|N - Archiv / Bernd Vogt

09.01.2024 / HÜNFELD - So richtig gut hat das Jahr 2024 für die Stadt Hünfeld nicht begonnen. Verantwortlich hierfür ist die Entscheidung der Bundesnetzagentur, die vor Kurzem den Trassenverlauf für die neue Stromleitung bekannt gegeben hat. Der 53 Kilometer lange Korridor für die sogenannte "Fulda-Main-Leitung" soll am Umspannwerk im Ludwigsauer Ortsteil Mecklar nord­östlich von Bad Hersfeld beginnen und weiter bis Burghaun verlaufen, wo er die B 27 quert. Im Anschluss führt der Korridor an Hünfeld und Petersberg vorbei, bevor er in Künzell nach Osten abknickt und am Umspannwerk Dipperz endet (O|N berichtete).

Im exklusiven Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS ist Hünfelds Bürgermeister Benjamin Tschesnok (CDU) noch immer sehr aufgebracht, weil die Planungen trotz aller geäußerter Befürchtungen, unüberwindbarer Raumwiderstände und geäußerter fachlicher Bedenken einfach durchgedrückt würden. Die Konrad-Zuse-Stadt liege schon jetzt im Schnittpunkt von zwei Bundesstraßen, einer Autobahn, zwei großen Gasfernleitungen, einer Salzlaugeleitung, zwei großen Stromtrassen, einer Schnellbahntrasse sowie der Hauptstrecke der Bahn für den Güterverkehr in Nord-Süd-Richtung.

Der Verwaltungschef verweist auf die Beeinträchtigung für das wohnliche Umfeld und das Landschaftsbild: "Gerade die Praforst ist seit Jahrzehnten DAS Erholungsgebiet für Bürger aus nah und fern. Dieses Naturerleben würde erheblich gestört werden". Gleichwohl befürchtet Tschesnok, "dass das Ding durch ist und es keine rechtlichen Möglichkeiten mehr gibt, gegen die Trassenplanung vorzugehen".



Diese unschöne Entwicklung einmal beiseite geschoben, hat sich der seit 1. April 2020 amtierende Bürgermeister gemeinsam mit seinem Team für 2024 sehr viel vorgenommen, wie er im Gespräch äußert. Und verweist zunächst einmal auf die am 25. Januar ab 16 Uhr in der Rathausgasse stattfindende "Winteredition der After Work-Party", die  - das steht zu erwarten - ähnlich wie die sommerlichen Veranstaltungen zu einem großen Erfolg werden dürfte. All' dies vor dem Hintergrund des Bemühens, die Innenstadt weiter mit Leben zu erfüllen, das Zentrum zu einem "place to be" zu machen. "Aufenthaltsqualität" ist dabei eines jener Stichworte, das eine hohe Bedeutung besitzt - gepaart natürlich mit attraktiven Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten.

Es mangelt an Tagespflegepersonal

Stichwort Innenstadt: Dazu gehört auch die im vergangenen Jahr eröffnete Kinderbetreuungseinrichtung "Konrads City Kids", die Tschesnok zufolge "gut gestartet ist". Allerdings fehle es an Tagespflegepersonal, während die Gruppenbetreuung gut laufe. Auch auf diesem Sektor mache sich der Mangel an Fachkräften, an qualifiziertem Betreuungspersonal bemerkbar. Positiv hervorzuheben sei die beim DRK-Kreisverband Hünfeld angesiedelte Vertretungsperson, die in Notfällen bei der Tagespflege einspringe. Dies sei höchst innovativ und im Landkreis Fulda einmalig, nachdem es in der Südwest-Region (Kalbach) zuvor Ähnliches gegeben hatte.

Stolz verweist der Verwaltungschef im O|N-Gespräch darauf, dass man in den vergangenen vier Jahren mehr als elf Millionen Euro in das Thema "Kinderbetreuung" investiert habe - und noch kein Ende absehbar sei. Für rund 1,6 Millionen Euro stehe beispielsweise die Renovierung der Kindertagesstätte St. Ulrich an. In 2025 plane man, die Kindertagesstätte Heilig Kreuz zu modernisieren und an heutige gesetzliche Anforderungen anzupassen. Weiteren Bedarf gebe es auch für die Kindertagesstätte Sankt Laurentius in Mackenzell, für St. Georg in Kirchhasel und für die Kita Michelsrombach. "Wir nehmen diese Thematik sehr ernst, was auch daran zum Ausdruck kommt, dass dies aktuell unser größter Investitionsschwerpunkt ist".

In die Zukunft gerichtet ist auch die Umsetzung des Klimaaktionsplanes, so der Bürgermeister, der beispielhaft die großflächige Photovoltaik-Anlage an der zentralen Kläranlage nennt. Diese soll dort in den kommenden Monaten errichtet werden. Tschesnok: " Wir wollen die bereits geplante Anlage mit einem Investitionsvolumen von weiteren 1,4 Millionen Euro erweitern und mit hocheffizienter Batterietechnik ausstatten, denn unsere Kläranlage läuft auch nachts und auch dann, wenn die Sonne nicht scheint. Diese Investitionen werden letztlich auch einen Beitrag zur Gebührenstabilität leisten, denn die Energiepreise werden weiter steigen. Eine Maßnahme, die unseren Bürgern zugute kommt".

Zukunftsfähige Stadtwerke

In das Bild passt auch, dass sich 2024 weiter sehr konkrete Gedanken darum gemacht werden sollen, wie die Stadtwerke Hünfeld zukunftsfähig aufgestellt werden sollen. Der Bürgermeister unterstreicht in diesem Zusammenhang, was er bei der bereits erwähnten Einbringung des Etats 2024 gesagt hatte:  "Das bisherige Geschäftsmodell unseres kommunalen Versorgungsunternehmens muss an die völlig veränderte Landschaft im Energiesektor angepasst werden. Uns muss klar sein, vieles von dem, was wir uns leisten und was wir uns auch in Zukunft leisten wollen, können wir nur dank unserer Stadtwerke". Beispielhaft seien der Citybus erwähnt oder die hohe Wirtschaftlichkeit, mit der wir die Bäder, Parkhäuser und die Stadtbibliothek betrieben würden. Daher müsse das Unternehmen auch in Zukunft wirtschaftlich leistungsfähig bleiben. Das bisherige Geschäftsmodell, insbesondere im Bereich der Gasversorgung, werde im Zeichen der Dekarbonisierung der Energieversorgung nicht auf Dauer tragfähig bleiben. "Wir müssen uns neu orientieren".

Bliebe als letzter Punkt der geplante Bike-Park, der auf dem Sargenzeller B-Platz entstehen soll. Hier ist die Baugenehmigung da, nur fehlt der Förderbescheid. Also heißt es: Warten, und sich den angesprochenen Herausforderungen und vielen anderen Dingen in 2024 widmen. (Bertram Lenz) +++

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