Es klemmt bei der Liquidität!
Klinikum-Chef Menzel: "2023 war schwierig, 2024 wird erneut herausfordernd"
Sie tragen die Verantwortung im Klinikum Fulda: Vorstandschef Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel (re.) und Finanz-Vorstand Burkhard Bingel.
Fotos: Hendrik Urbin
13.01.2024 / FULDA -
Das Klinikum Fulda, das Krankenhaus der Maximalversorgung in Osthessen, steht vor "erheblichen Herausforderungen": Kostensteigerungen, Liquidität, Fachkräftemangel - und auf der anderen Seite Spitzenmedizin, Campus Fulda, Arbeitgeber von über 3.500 Mitarbeitern und der gesellschaftliche Auftrag für die Daseinsvorsorge in der Region.
"2023 ist die Corona-Pandemie zu Ende gegangen. In den Jahren 2021 und 2022 haben wir viel Lob und Anerkennung bekommen, gerade auch in Bezug auf die komplexe Versorgung der COVID-Patienten auf unseren Intensivstationen. Von den vielen Ankündigungen und Versprechungen aus der Corona-Zeit zur Unterstützung der Krankenhäuser, ist nicht viel geblieben. Stattdessen stehen wir vor einer großen Krankenhaus-Reform, deren Ausgang aktuell noch ungewiss ist", sagt Priv.-Doz. Dr. Thomas Menzel, Vorstandschef am Klinikum Fulda. "Wir sagen zwar Ja zur Reform, unser Rat und unsere Erfahrung sind aber nicht gefragt", kritisiert der Krankenhaus-Manager, der auch Mediziner ist. "Dennoch sind wir zuversichtlich, dass wir als Klinikum Fulda gestärkt aus der Reform des Bundes herausgehen werden."
80 Prozent der deutschen Krankenhäuser schreiben im Jahr 2023 voraussichtlich rote Zahlen. Auch im Klinikum Fulda gibt es ein Minus. Für 2023 wird ein ähnliches Ergebnis erwartet wie 2022, als der Verlust 4,8 Mio. Euro betrug, bei einem Umsatz von 300 Mio. EUR. "Das ist ein echtes Problem", betont Burkhard Bingel, Vorstand für Finanzen, und spricht von einer "bundesweit negativen Ergebnisentwicklung" in den Krankenhäusern. Und warum? "Die Kostensteigerungen werden durch die Preisentwicklung nicht ansatzweise ausgeglichen. Somit ist ein kostendeckendes Arbeiten nicht möglich. Ein Beispiel: Der Kostenanstieg der letzten zwei Jahre lag bei ca. 20 Prozent. Für den Laien heißt das: Angenommen wir erhalten für eine Blinddarm-OP ca. 3.400 Euro von der Krankenkasse, das sind etwa 7 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Um kostendeckend zu wirtschaften, benötigten wir eigentlich 3.980 EUR. Die Differenz von 480 Euro geht zulasten der Klinik. Und die Krankenhäuser dürfen ihre Preise nicht selbst gestalten."
Ziel: "Wirtschaftlich wieder auf stabilen Füßen zu stehen"
Auch bei der Liquidität klemmt es: "Während der Pandemie haben die Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen nicht zeitnah stattgefunden. Wir haben offene Forderungen in Höhe von 30 Mio. Euro, die uns zustehen, die wir aber nicht auf dem Konto haben." Es sei deshalb wichtig und richtig gewesen, so Dr. Menzel, dass uns Stadt und Landkreis Fulda tatkräftig unterstützt haben und wir unsere Liquidität so sicherstellen konnten. Das Klinikum Fulda erwirtschafte einen Jahresumsatz von rund 300 Mio. Euro, allein auf etwa 196 Mio. Euro belaufen sich die Personalkosten. "Auch die Tariferhöhungen der letzten Jahre wurden nicht refinanziert", so Bingel. Und Menzel ergänzt: "Wir brauchen momentan Unterstützung. Langfristiges Ziel ist es aber, wirtschaftlich wieder stabil auf eigenen Füßen zu stehen. Und da setzen wir auch auf die Reform." Das Klinikum Fulda sei das Krankenhaus der Bürgerinnen und Bürger, das Qualität und Spitzenmedizin wie an einer Uniklinik anbiete. "Wir bieten das gesamte Spektrum der Medizin. Bei uns muss niemand weggeschickt werden", sagt Thomas Menzel, der das Klinikum auch als wichtigen Standortfaktor sieht. "Und wir sind zuverlässiger Partner der niedergelassenen Ärzte und der umliegenden Krankenhäuser."
Um den Fachkräftemangel in den Griff zu bekommen, brauche es eine Konzentration. "Wir haben in Deutschland zu wenig Personal, um alle Kliniken zu bedienen", sind sich die Klinikum-Vorstände einig. Und darauf ziele auch die Krankenhaus-Reform des Bundes ab: Welche Krankenhäuser brauchen wir in Zukunft noch und welche nicht?
Bei all den Fragen gehe es auch um die medizinische Kompetenz. "Wie soll die Versorgung in unserer Region zukünftig aussehen, wer erbringt welche Leistungen?", fragt Menzel. "Wir haben in Fulda beispielsweise mit Prof. Dr. Hilmar Dörge einen renommierten Spezialisten für die Herzchirurgie. Patienten kommen von Flensburg bis Garmisch-Partenkirchen zu uns, um sich mit der minimalinvasiven Bypass-Chirurgie-Verfahren operieren zu lassen. Diese Expertise werden wir weiter ausbauen." Aber nicht nur in diesem Fachbereich sollen die Kompetenzen ausgebaut werden. Auch in die neu eingerichtete Augenklinik und in die Dermatologie des MVZ soll investiert werden, zudem in neueste Radiologie-Technik sowie in ein viertes Herzkatheter-Labor. Stolz ist die Klinikum-Spitze auch auf den Campus Fulda. "Wir bilden den ärztlichen Nachwuchs aus, erstmals wieder seit 1805 in Fulda. Das ist ein Meilenstein, denn neben der exzellenten Patientenversorgung bieten wir nun auch Forschung und Lehre. Das macht uns und den Standort Fulda attraktiv."
Vorstandchef Menzel zum Abschluss des OSTHESSEN|NEWS-Gesprächs: "2023 war schwierig, 2024 wird erneut sehr herausfordernd. Aber Jammern hilft nicht. Wir stellen uns den Herausforderungen und werden unsere Qualität weiter steigern, um auch weiterhin Hochleistungsmedizin aus einer Hand anzubieten. Dank unseres großartigen Teams - aus Pflege, Chefärzten, Ärzten und der Verwaltung – ist das Klinikum Fulda auf dem richtigen Weg und bereit für die Zukunft." (Christian P. Stadtfeld) +++