Winter-Varieté in der Orangerie
"Ananda" von Dirk Denzer: Atempause für die Seele
Alle Fotos: Martin Engel
27.12.2023 / FULDA -
Varieté ist die Kunst der Vielfalt und braucht normalerweise keinen erzählerischen Rahmen oder roten Faden, bei Dirk Denzers Winter-Varieté Ananda gibt es ihn. Gemeinsam mit ihm und den Künstlern treten wir in dieser Show mit ihrer stimmungsvollen Mischung aus Akrobatik und Poesie eine spirituelle Reise an.
Auch das Publikum soll diese innere Versammlung nachspüren können. Gerade nach den hektischen Vorweihnachtswochen und den für viele sicher auch nicht ganz stressfreien Weihnachtstagen ist dieses Runterkommen äußerst erholsam. Und ist das nicht genau das, was wir in diesen Tagen zwischen den Jahren brauchen?
Cyclo Wheel, Kontakt-Jonglage und Partner-Akrobatik
Das Winter-Varieté bringt international bekannte Künstler mit überragendem Talent und großer Ausstrahlung nach Fulda. Leider lag nirgends ein Programm oder Ablaufplan aus. Vielleicht lässt sich das in den nächsten Shows nachholen? Denn diese phantastischen Künstler verdienen es, dass man sie nennt und kennt! Musikalisch begleitet wird die Show von Denzers Band Jadoo Ananda – das bedeutet so viel wie Magie der wahren Freude.Der Entschleuniger wurde zum Publikumsliebling
Zum Liebling des Fuldaer Publikums wurde Thomas Leuenberger alias "Herr Baldrian" mit seiner Entschleunigungs-Therapie in mehreren Schritten. In so hektischen Zeiten kann man natürlich nicht von eben auf gleich entschleunigen, sondern muss das mit Schweizer Gemächlichkeit und Präzision angehen. Ob mit einem Drachen an der Angel, einer Schnecke auf Rädern, der Ballonschlange Gisela oder Schutzengeln (dabei unterstützt von Freiwilligen aus dem Publikum) – mit seinem feinen Humor hatte er das Publikum schnell für sich gewonnen. Dass seine Show sich über die Krankenkasse abrechnen lässt, wie er versicherte, ist natürlich ein weiterer Bonus. Akrobatik bis unter die Decke der Orangerie
Die Ukrainerin Marina Skulditskaya führte Anmut, Kraft und Beweglichkeit bei ihrem Handstand-Showact vor – das war Equilibristik vom Feinsten. Ihre Eleganz ließ ganz vergessen, wieviel Kraft für eine solche Nummer notwendig ist, wieviel Arbeit, wieviel Disziplin. Der Seifenblasenkünstler Werner Buhl alias Bellowski führte seine vergängliche Kunst auf, für ihn sind die Blasen in ihrer Zerbrechlichkeit, Vergänglichkeit und Vielfältigkeit Sinnbild des Lebens.Erstmals wurde in der Orangerie Luftakrobatik gezeigt. Der erste Künstler war Oleg Chudan, bei dessen Aufführung dem ein oder anderen sicher die Luft wegblieb. Chudan ist Absolvent der Artistenschule in Kiew, und wenn er seine Kunst an den Strapaten zeigt, staunt man nur noch – so viel Kraft, Beherrschung und Geschmeidigkeit! Die Akrobatik mit und in diesen Bändern ist sehr anspruchsvoll, denn was eigentlich schweißtreibende Kraftakte sind, soll schwebend und schwerelos wirken – genauso wie bei Oleg Chudan.
Die Ukrainerin Olena Yakimenko führte einen poetisch-sinnlichen Fadentanz zum Gayatri-Mantra auf, einer Meditation über das göttliche Licht. Das Mantra ist im Hinduismus sehr populär, meist wird es gesungen – so wie an diesem Abend auch auf der Bühne. Für große Begeisterung sorgte das Duo Benjamin und Elodie Benelo – Paar-Akrobatik aus dem Geist des Vertrauens und der Hingabe. Sehr besonders auch die Nummer von Oleg Fenchuk alias Aleko, der eine Cube-Akrobatik darbot. Auch er ist Absolvent der Kiewer Artistenschule und beeindruckte bei seiner Performance mit den grandios inszenierten Positionswechseln und Balanceakten mit dem Cube.
Und noch einmal ging es hoch hinaus, der Abend endete mit der atemberaubenden Doppeltuch-Artistik des Duos Tanja Stolting und Kaatie Akstinat. Bis hinauf unter die Decke der Orangerie turnten und wirbelten sich die beiden Frauen an den Strapaten. Nebeneinander, übereinander, verknotet, in die Länge gestreckt, in der Horizontale – unglaublich, was die beiden da ablieferten und mit einem spektakulären Abgang krönten.
"Eigentlich haben Sie heute die Generalprobe gesehen", meinte Dirk Denzer zum Schluss. "Denn eine solche Show aufzustellen und einen kompletten Durchlauf vorher zu proben, ist fast nicht möglich." Das heißt ja nur, die nächsten Vorstellungen werden noch beeindruckender werden! Sollten Sie noch kein Ticket haben, kümmern Sie sich lieber schnell darum, denn es gibt nur noch Restkarten für die weiteren Vorstellungen von Ananda. Zu den Klängen von "Amazing Grace" verabschiedeten sich die Künstler vom Fuldaer Publikum, das seiner Begeisterung mit Standing Ovations Ausdruck verlieh. (Jutta Hamberger) +++