Neue Koalition für Hessen
Der starke Mann, sein Junior und eine Partei, die Wunden leckt
Seit Montagvormittag nun auch ganz offiziell Koalitionäre: CDU-Landeschef und Ministerpräsident Boris Rhein mit der hessischen SPD-Vorsitzenden und Bundesinnenministerin Nancy Faeser.
Foto: O|N - Archiv
18.12.2023 / KOMMENTAR -
Erinnerung an den lange zurückliegenden Lateinunterricht: "Alea iacta est" (Der Würfel ist gefallen) benennt eine unumkehrbare Tatsache, eine fest verankerte Entscheidung. Dieser Satz, den Julius Cäsar einst nahe dem Grenzfluss Rubikon geprägt haben soll, kam mir im Zusammenhang mit der Unterzeichnung des Vertrages in den Sinn, der seit Montagvormittag die Koalition zwischen CDU und SPD in Wiesbaden nunmehr festschreibt. Wobei - dies sei am Rande erwähnt - auch die Redewendung "den Rubikon überschreiten" in diesem Kontext interessant ist. Wird damit doch eine Handlung skizziert, nach der es kein Zurück mehr gibt.
Nur noch bis zum 18. Januar wird Hessen von einer schwarz-grünen Landesregierung geführt. Danach endet ein Kapitel, das unter den beiden CDU-Ministerpräsidenten Volker Bouffier und Boris Rhein immerhin zehn Jahre gewährt und - zumindest für die Öffentlichkeit - weitgehend geräuschlos gearbeitet hat.
Dass CDU-Landeschef Rhein die Koalition aufgekündigt und sich den Sozialdemokraten zugewandt hat, wird die Grünen noch eine geraume Zeit beschäftigen. Die Partei dürfte lange brauchen, um ihre Wunden zu lecken und die Enttäuschung zu verdauen. Die Samthandschuhe jedenfalls dürften abgelegt und knallharte Oppositionsarbeit betrieben werden. Und auch die Männerfreundschaft zwischen Boris Rhein und dem grünen Landeschef Tarek Al-Wazir hat Blessuren erlitten, die nicht so leicht verheilen werden.
Apropos Rhein: Er ist nach dem großen Erfolg bei der Landtagswahl vom 8. Oktober der starke Mann in der hessischen Politik (mit langfristiger Perspektive in Berlin) und gibt die Richtung vor, mit der dieses Bundesland angesichts vielschichtiger Aufgaben in die nicht einfache Zukunft gehen soll. Dabei warten ganz andere Herausforderungen auf politischem (AfD!) und wirtschaftlichem Gebiet als beispielsweise ein Verbot der Gender-Sternchen. Ob es den Sozialdemokraten gelingen wird, Akzente zu setzen, bleibt freilich abzuwarten. Über die Rolle eines "JUNIOR"-Partners wird die SPD kaum hinauskommen, auch wenn sie das wichtige Wirtschaftsministerium bekommen sollte.
Spekulationen um Ministerposten
Und noch etwas anderes ist interessant: die Besetzung der Ministerposten in der neuen Wiesbadener Koalition. Seit geraumer Zeit machen ja auch in unserer Region diverse Namen die Runde, welchem CDU-Politiker eine Rolle im Kabinett zugedacht sein könnte. Die genaue Verteilung soll Anfang 2024 bekannt gegeben werden, und bis dahin werden die Spekulationen ins Kraut schießen. Fakt ist, dass die Person, die in die Regierung wechselt, nur von Vorteil für unseren ländlich geprägten Raum sein wird. Dessen Stärkung auf den unterschiedlichsten Feldern ist ja im Koalitionsvertrag bereits vorgegeben.
Fazit: Mit der Wahl des Koalitionspartners und dem Wechsel von Grün nach Rot hat die CDU, so steht zu vermuten, die "bequemere Lösung" gewählt. Man darf gespannt sein, wie sich bei der SPD die innerparteiliche Debatte entwickelt, die am Wochenende von den Jusos initiiert worden war. Die hat jedenfalls gezeigt, dass die Sozialdemokraten trotz der gerade mal 15,1 Prozent bei der Landtagswahl noch vital sind. (Bertram Lenz) +++
Da geht\'s lang: Boris Rhein zeigt den Weg \"in die gute neue Zeit\".
O|N-Redakteur Bertram Lenz beschäftigt sich mit der neuen CDU/SPD-Landesregierung.