"Kommunikation muss sich verbessern"

Haushaltsdebatte: Einige kritische Töne trotz einstimmigen Beschlusses

Der Haushalt wurde am Donnerstagabend einstimmig beschlossen.
Fotos: Kevin Kunze

15.12.2023 / BAD HERSFELD - In schwierigen Zeiten sendete die Bad Hersfelder Stadtverordnetenversammlung ein gemeinsames Zeichen. Am Donnerstagabend wurde in der Stadthalle einstimmig der Haushalt für das Jahr 2024 beschlossen. Ein wenig täuschte die Einigkeit, denn zwischen den Zeilen legten die Fraktionsvorsitzenden auch den Finger in die Wunde.


So beurteilten die Fraktionsvorsitzenden das Zahlenwerk für das kommende Jahr:

Karsten Vollmar (SPD) dämpfte seine Euphorie für den Haushalt 2024 deutlich: "Lassen Sie mich gleich vorab sagen: Dieser Haushalt steht dennoch unter keinem guten Stern. Die Schuldenlast drückt enorm, Impulse zu deren Abbau hat uns der Magistrat nicht gegeben. Der Landkreis hat vergangenen Montag seine Haushaltsberatungen zunächst vertagt – ein falscher Beschluss, der dort mehrheitlich getroffen wurde. Was wird passieren? Eine Erhöhung der Kreisumlage um zwei oder vier Punkte? Dann werden wir uns zum Nachtragshaushalt – und mit uns viele Städte und Gemeinden des Landkreises – treffen, was weh tun wird."

Kritik an der Bürgermeisterin

Zudem kritisiert er auch die Bürgermeisterin deutlich: "Wir haben wenig Handlungsspielraum in unserer Stadt – es scheint zudem, als sollten die politischen Fraktionen in die Statistenrolle gedrängt werden, wenn man die Antworten der Bürgermeisterin auf die Anträge gelesen hat. Es war gut, dass in der vorletzten HFA-Sitzung die Fraktionen hier ein deutliches Statement abgegeben haben – und ich darf für die SPD sagen: Wir empfanden den geringen Willen, hier im Schulterschluss auf die ohnehin maßvollen Forderungen der Fraktionen zuzugehen als wenig vertrauensbildend."

Eine weitere Entwicklung, die Vollmar nicht gefällt, ließ er ebenfalls nicht unkommentiert: "Insgesamt hat sich eine bräsige Politiklosigkeit in unserer Stadt, vor allem in deren Gremien breitgemacht. Es scheint, als hätten wir das Diskutieren verlernt." Abschließend gab der SPD-Fraktionschef noch ein Versprechen ab: "Wir werden die Stadtpolitik genauso konstruktiv uns unterstützend begleiten, wie immer. Aber es heißt auch: Im neuen Jahr werden wir das wesentlich kritischer und nachhaltiger tun."

Andreas Rey (CDU) zeigte sich in seiner Haushaltsrede zufrieden mit dem Zahlenwerk für das kommende Jahr: "Ich glaube, uns ist ein Zahlenwerk gelungen, dass die Erwartungen und Herausforderungen trotz der angespannten Lage erfüllt und in sich stimmig und ausgewogen ist. Ich freue mich, dass wir trotz aller Widrigkeiten noch ohne Erhöhungen von Gebühren, Steuern auskommen können." Dabei seien von allen Fraktionen, Anliegen berücksichtigt worden.

Viel Einigkeit zwischen den Fraktionen

Laut Rey habe auch die CDU wichtige Akzente setzen können: "Stichwort Kinderbetreuung. Hier haben wir zusätzliche Mittel für Fortbildungen der Erzieher für den Bereich Sprachförderung beantragt. Außerdem möchten wir, dass künftig mehr Mitarbeiter für diesen Bereich ausbilden. Ein weiteres Thema, das uns umtreibt: Wie geht es mit unserer Innenstadt weiter? Das zusätzliche Budget für den neuen Citymanager ist hier ein klares Signal für eine erfolgreiche Stadtentwicklung. Auch hier freue ich mich, dass wir uns mit den übrigen Fraktionen einig geworden sind."

Andrea Zietz (Grüne) legte besonders beim Thema Umwelt und Klimaschutz den Finger in die Wunde: "Kaum ein Thema scheint für ein Spalten der Gesellschaft, aber auch der Politik, besser geeignet wie der Schutz unseres Klimas. Wir haben in Bad Hersfeld schon einiges auf den Weg gebracht, aber es ist immer noch viel, viel zu wenig. Jeder Euro, den wir heute sparen, weil wir das Geld für eine Photovoltaik-Anlage, für Wärmedämmung oder Radwege nicht ausgeben, wird morgen doppelt so teuer über Energiekosten, Hochwasserschutz oder Klimaanlagen aufgewendet." Gerade beim Thema Radwegausbau seien lediglich 40.000 Euro veranschlagt: "Wir schaffen mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln keine Verkehrswende. Dem Ziel der Klimaneutralität kommen wir hauptsächlich auf dem Kalender näher", ergänzt die Grünen-Fraktionschefin.

"Wenn die Stadt nur mehr Geld zur Verfügung hätte ..."

Allerdings hat Andrea Zietz auch positive Aspekte in ihrer Rede hervorgehoben: "Es weht ein anderer Wind aus dem Rathaus. Die Bürgermeisterin ist überall und immer ansprechbar. Schwierige Beschlüsse werden vorbesprochen. Auch aus dem Magistrat hört man keine Misstöne. Was könnten wir es in dieser Stadt miteinander schön haben, wenn wir noch ein bisschen mehr Geld im Säckel hätten für die nötigen Investitionen? Aber auch daran müssen wir gemeinsam arbeiten. Alle, die zu Landes- und Bundesparteitagen fahren, müssen sich einsetzen für die Kommunen. Alle, die mit Unternehmen und Menschen zu tun haben, müssen gut reden über unsere Stadt, denn sie ist gut."

Bernd Böhle (FDP) lobte wie alle anderen Fraktionsvorsitzenden die überaus konstruktiven Beratungen zum künftigen Haushalt: "Wir haben sehr gut zusammengearbeitet und einen genehmigungsfähigen Haushalt auf die Beine gestellt. Die Weihnachtszeit ist normalerweise die Zeit der Geschenke, aufgrund der finanziell angespannten Lage fallen die Geschenke allerdings klein aus, dies müssen wir akzeptieren. Wenn man bedenkt, dass die Kreisumlage noch um Prozentpunkte erhöht werden soll, müssen alle Kommunen an einem Strang ziehen, um dies zu verhindern."

Dabei richtete der FDP-Kommunalpolitiker auch einen Wunsch nach Wiesbaden: "Die Koalitionsgespräche sind zu Ende gegangen. Ich hoffe, dass die Landesregierung die Belange der Kommunen besonders im Auge hat. Die Knechtschaft muss beendet werden - hier besteht ein dringender Handlungsbedarf. Am Ende müssen auch die Bürger unserer Stadt die Kosten tragen und dies steigert sicherlich nicht die Attraktivität unserer geliebten Kreisstadt." Abschließend regte er an, dass Politik und Verwaltung ein Leitbild für die Stadt strategisch aufstellen sollte, dies sei leider in der Vergangenheit in Vergessenheit geraten, so Böhle abschließend.

Wenig Perspektiven in der Verwaltung geboten

Jürgen Richter (FWG) schlug bei seiner Haushaltsrede eher kritische Töne an: "Der Schwerpunkt liegt im Verwalten von bereits laufenden Projekten und zeigt somit leider wenig Perspektiven und Zukunftsideen einer neuen Bürgermeisterin auf. Der angekündigte Wille, Bad Hersfeld gestalten zu wollen, ist zumindest für unsere Fraktion in diesem Haushalt nicht zu erkennen." Dabei nannte er unter anderem, die im Wahlkampf angedachte Markthalle, die auch bei der FWG auf breites Interesse gestoßen war und nun gar nicht im Haushalt enthalten ist. Auch weitere Projekte für den Klimaschutz seien nur unzureichend berücksichtigt. Generell fordert Richter, dass die Kommunikation zwischen Politik und Magistrat sich deutlich verbessern müsse, dies habe man auch bei den Haushaltsberatungen spüren können.

Doch er kritisierte nicht nur, positiv hob er die Rolle des Fachbereichs Stadtmarketing hervor: "Unser Fachbereich Stadtmarketing, der seit Jahren eine ausgezeichnete Arbeit macht. Die gesetzten Impulse und alle Aktionen, die über das gesamte Jahr in Bad Hersfeld angeboten werden, schaffen einen breiten Rahmen für jede Menge Leben in der Stadt und in Zusammenarbeit mit anderen Akteuren werden die Programme abgerundet."

Hans-Jürgen Schülbe (UBH) fasste sich in seiner Rede kurz und erklärte: "Insgesamt macht die Bürgermeisterin einen guten Job, dafür gilt es ihr zu danken. Denn unsere Stadt steht finanziell gesehen geordnet dar. Dennoch müssen wir weiterhin gerade den Sozialbereich im Auge behalten. Da geht es um unsere Kinder, sowie unsere Senioren - hier darf nicht gespart werden. Zukünftig müssen wir zudem noch mehr Wert auf unsere Innenstadt legen, diese ist nämlich unser Aushängeschild." Gerade der Leerstand sei eines der drängenden Probleme, so der erfahrene Lokalpolitiker weiter. "Insgesamt können wir als Stadt positiv in das nächste Jahr und in die Zukunft blicken", sagte Schülbe zum Abschluss der Haushaltsdebatte. (Kevin Kunze) +++

X