Schicksale im Tierheim Fulda/Hünfeld

Am Schrottplatz gefunden, Frauchen verstorben oder für die Wohnung zu groß

Chava hat vor drei Monaten elf Welpen auf die Welt gebracht, die auch im Tierheim leben
Fotos: Carina Jirsch

18.12.2023 / FULDA - Tierheime sind weit mehr als nur Zufluchtsorte für herrenlose Tiere; sie verkörpern einen Schimmer der Hoffnung, einen Ort, an dem Leben gerettet und Liebe geschenkt wird. Vor allem zur Weihnachtszeit, die von zwischenmenschlichen Beziehungen fast schon lebt, sollte man sich daran erinnern, dass dieses Mitgefühl über alle Lebensformen hinweg reicht und Tiere mehr als nur Sachen sind. OSTHESSEN|NEWS war im Tierheim Fulda/Hünfeld. 


"Aktuell befinden sich etwa 40 Hunde, 120 Katzen und 15 Kleintiere in unserem Tierheim." Was in diesem Jahr auffällig war, sei die Anzahl der Katzen und Katzenjungen. "Es werden sehr viele Katzen mit ihren Jungen hier abgegeben. Oftmals sind die Kleinen dabei in keiner guten Verfassung und krank. Das Thema Kastrationspflicht für Katzen sollte angesichts dieser Welle mehr Aufmerksamkeit bekommen. In einigen Landkreisen gibt es sie bereits - auch hier stehen wir im Gespräch mit den zuständigen Behörden", erklärt Sivlia Pietrek, Besitzerin des Vorstands, die schon viele Jahre beim Tierheim ist und quasi ihr Leben den Tieren widmet - kostenlos.  

Jedes Tier hinter den Gitterstäben oder in den behaglichen Schlafplätzen eines Tierheims, trägt eine Geschichte in sich, die zum Nachdenken anregt und das Herz schwer macht. Auch bei unserem Besuch wurde direkt zu Beginn klar: Manche Narben sind nicht nur körperlich, sondern auch auf ihrer Seele sichtbar.

Am Schrottplatz gefunden 

Mischling Rajo ist ein Fundtier, der bei unserer Ankunft von zwei aufmerksamen Mitmenschen hier abgegeben wurde. Er wurde auf einem Schrottplatz gefunden. Ob er dort aus böser Absicht wie "Müll" entsorgt wurde oder er einfach davonlief, ist unklar. "Da er bei Tasso registriert ist, haben wir versucht, Kontakt zu seinen Besitzern aufzunehmen - bisher ohne Erfolg", so eine Mitarbeiterin des Tierheims. In seinen Augen erkennt man jedoch Verwirrung und Unsicherheit. Im Tierheim wird er nun durchgecheckt, versorgt und zunächst einzeln untergebracht. Für solche Fälle besitzt das Tierheim spezielle Gehege, zu denen auch die Feuerwehr oder die Polizei rund um die Uhr Zugang besitzen, denn: Fundtiere müssen aufgenommen werden. 

Neuer Vermieter verbietet Hunde - aus der Familie gerissen 

Ein Blick zu Atilla genügt, um auch hier zu sehen, dass sein Leben von Trauer geprägt ist. Der achtjährige Boxer war jahrelang ein Familienhund, voller Energie und Freude. Doch als seine Familie aus ihrer alten Wohnung ausziehen musste, veränderte sich sein Leben. Der Vermieter der neuen Wohnung erlaubt keine Hunde. Dank dieses Verbotes wurde Atilla aus seiner Familie gerissen und hat durch sein fortgeschrittenes Alter nur noch wenig Hoffnung, eine neue Familie zu finden. 

Für einen Kuschelbären zu groß

Eine neue Familie zu finden, wünscht sich auch Mozart. Der Labrador-Mischling ist bereits seit zwei Jahren hier und wird als "sanfter Riese" gelobt. "Er ist wirklich ein beeindruckender Hund. Er ist verspielt und mag Kuscheleinheiten sehr gerne. Umso mehr verstehen wir nicht, wieso ihn noch niemand aufgenommen hat. Wir vermuten, dass es an seiner Größe liegt und manche davor zurückschrecken" erklärt Pietrek. 

Mit nur einem Jahr auf zwei teure Operationen angewiesen

Nanuk ist zwar wesentlich kleiner, doch hat es der einjährige Mischling keinesfalls einfacher bisher. Er befindet sich derzeit in Pflege, da er unbedingt eine neue Hüfte benötigt. Für jede Seite ist dafür eine extrem teure Operation nötig, die das Tierheim nicht ohne Spende nicht stemmen kann. Generell ist das Tierheim angesichts steigender Tierarzt- und Energiekosten oder Bauarbeiten auf die Spendenbereitschaft der Mitbürger angewiesen. "Bisher haben wir es jedoch immer geschafft."  Zu Weihnachten hat das Tierheim daher auch dieses Jahr erneut Wunschbäume aufgestellt.

Weihnachtsbäume mit Tierwünschen 

"Wie in den letzten Jahren wurden im Gartencenter Dehner in Eichenzell sowie im Fressnapf XXL Markt im Kohlhäuser Feld wieder Weihnachtsbäume aufgestellt, an denen Karten mit Weihnachtswünschen von den Tierheiminsassen hängen", hebt Pietrek hervor und führt weiter aus: "Mit dieser Aktion haben wir immer wieder die Chance einen speziellen Wunsch für ein Tier zu realisieren. Das sind meist Dinge wie Halsbänder, Leinen, Kratzbäume oder Ähnliches. An Heiligabend bekommt somit auch hier hoffentlich jedes Tier seine Bescherung." Etwa 100-150 Karten werden dabei schon seit Ende November aufgestellt. "Letztes Jahr wurde so gut jeder Wunsch erfüllt. Wir wissen, dass wir nicht jedem Tier helfen können. Umso schöner ist es jedoch zu sehen, dass Menschen, selbst wenn sie sich kein eigenes Tier leisten können, dennoch unser Tierheim und vor allem die Tiere somit unterstützen." Mitgefühl, ganz im Sinne von Weihnachten. 

Diejenigen, die jetzt allerdings mit dem Gedanken spielen, ein Tier als Weihnachtsgeschenk zu kaufen, brauchen es gar nicht erst im Tierheim zu versuchen. "Wir haben hier einen Ausgabestopp für die Weihnachtszeit. Es werden keine Tiere vermittelt, außer die, die schon über einen längeren Zeitraum 'reserviert' wurden. Tiere sind Lebewesen und keine Geschenke, die man einfach zurückgeben oder austauschen kann, wenn sie einem nicht gefallen. Es gehört viel Verantwortung und Zeit dazu. Manche haben Verhaltensstörungen, wofür viele 'Trainingseinheiten' zusammen nötig sind. So schön der Gedanke auch ist, dass ein Tier in ein liebevolles Zuhause kommt, so müssen wir uns auch vergewissern, dass es ein passendes Zuhause ist", betont Pietrek angesichts der kommenden Feiertage. (ms) +++

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