Barbarafeier in der Kaligemeinde
Gelebte Bergbautradition: 50 Jahre Hessischer Landesverband
50 Jahre Hessischer Landesverband. Eine Bergparade führte von der Michaelskirche zum Gemeindezentrum in Neuhof.
Fotos: Carina Jirsch
11.12.2023 / NEUHOF -
Traditionsfeier im Doppelpack. Am Samstag stand die Kaligemeinde Neuhof (Kreis Fulda) ganz im Zeichen gelebter Bergbautradition. Die diesjährige Barbarafeier des Bergmannsvereins "Glückauf" Neuhof 1907 ging Hand in Hand mit einer Feierstunde zum 50-jährigen Bestehen des Hessischen Landesverbandes im Bund Deutscher Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine. Der Hessische Landesverband wurde vor 50 Jahren in Neuhof aus der Taufe gehoben. Der 2023 gewählte Vorsitzende, Johannes Zapp, blickte auf 50 Jahre Bergbautradition im Land Hessen zurück. Mit dabei: Zahlreiche Vertreter von regionalen Bergmanns- und Knappenvereinen aus ganz Hessen.
Es war ein stimmungsvoller Auftakt für die Feiern im Gemeindezentrum in Neuhof. Nach einem Gottesdienst in der St. Michaelskirche zog der Festzug der Bergleute mit Vertretern des Landesverbandes an der Spitze sowie einiger Mitgliedsvereine durch Neuhof bis zum Gemeindezentrum. Dort wurden die Bergleute von Bürgermeister Heiko Stolz und anderen Gästen empfangen.
Gäste an diesem Nachmittag waren seitens der Kommunalpolitik neben dem Neuhofer Bürgermeister auch Landrat Torsten Warnecke (Landkreis Hersfeld-Rotenburg) sowie in Vertretung von Landrat Bernd Woide (Landkreis Fulda) die Kreisbeigeordnete Daniela Böschen. Neben den beiden Werksleitern Roland Keidel (K+S-Werk Neuhof-Ellers) und Gerd Kübler (K+S-Werk Werra) hatten sich auch Bernd Stahl und Dietmar Richter, Vorsitzender und Geschäftsführer des Bundesverbandes, Friedrich Nothhelfer, scheidender Leiter des IG BCE-Bezirkes Kassel und Mitglied im Beirat des Hessischen Landesverbandes, sowie Norbert Deisenroth, Ehrenmitglied des Hessischen Landesverbandes aus Heringen, eingefunden. Besonders begrüßt wurden zudem der Vorgänger von Johannes Zapp im Amt des Landesverbandsvorsitzenden, Dieter Guderjahn aus Heringen. Leider konnte der mittlerweile hochbetagte (95 Jahre) erste Vorsitzende des Landesverbandes (seit 1973), Horst Bannert, aus Krankheitsgründen an der Feierstunde nicht teilnehmen. Weitere Teilnehmer waren die Vertreter der Kirchen, die sehr eng mit der Tradition des hessischen Bergbaus verbunden sind.
Mitgliedsvereine zeigen Flagge
Mehrere Mitgliedsvereine hatten Abordnungen und Vertreter zur Feierstunde geschickt, neben dem Neuhofer Bergmannsverein unter anderem der Monte-Kali Chor "Glückauf" Neuhof, die Bergkapelle Hattenhof, der Knappenverein Hirschberg Großalmerode, der Bergmannsverein Borken, der Bergmannsverein Frielendorf, der Bergmannsverein "Glückauf" Wintershall, der Förderkreis des Werra-Kalibergbau-Museums, der Förderverein der Grube Malapertus sowie der Förderverein Besuchergrube Eisenerz Fortuna.
Für den musikalischen Rahmen der Veranstaltung sorgte die Bergkapelle Hattenhof sowie der Monte-Kali Chor "Glückauf" Neuhof. Volker Mannewitz, Geschäftsführer des Hessischen Landesverbandes, führte kurzweilig durch die Veranstaltung.
Heilige Barbara zum Vorbild nehmen
Nach der Begrüßung der Gäste durch den Vorsitzenden des Hessischen Landesverbandes (Johannes Zapp) und den Vorsitzenden des Neuhofer Bergmannsvereins (Boris Vogel), hielt Bürgermeister Heiko Stolz (Neuhof) eine eindrückliche Barbararede. Er stellte die Frage an die Gäste: "Was können wir vom Leben der Heiligen Barbara lernen?" Er nahm ihr Leben zum Anlass, über heutige Kriege und bewaffnete Konflikte in der Welt nachzudenken und konstatierte, dass die Flut negativer Meldungen oft nur schwer verdaulich für die Menschen sei. Er rief die Menschen auf, sich stattdessen mehr Positives ins Gedächtnis zu rufen, so wie es einst die Heilige Barbara getan hatte. Sie hielt trotz schwerer Schicksalsschläge an ihrem Glauben fest, bewahrte sich eine positive Grundeinstellung und steuerte geradlinig und optimistisch ihrem Ziel entgegen, ganz im Glauben aufzugehen. Er ermunterte die Gäste, sich eine positive Grundeinstellung zu bewahren, Vorhaben und Lebenspläne mit einer positiven Grundhaltung engagiert und zielstrebig zu verfolgen – ganz nach dem Vorbild der Schutzheiligen der Bergleute. Heiko Stolz: "Hören Sie tief in sich hinein, was Ihre Lebensaufgabe ist, treten Sie für sie ein und kämpfen sie dafür."
Bundesvorsitzender unterstreicht Bedeutung des Kalibergbaus
Bernd Stahl, Vorsitzendes des Bundes Deutscher Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine, hielt die Laudatio zum 50-jährigen Jubiläum des Hessischen Landesverbandes und wünscht sich mehr Anerkennung für den Beruf des Bergmanns und die Tradition des Bergbaus, der zum Beispiel nach wie vor im Saarland – trotz des eingestellten Kohlebergbaus – eine hohe Anerkennung erfahre. Zudem unterstrich er die große Bedeutung des Kalibergbaus, der mit dem aus dem Rohsalz hergestellten Produkten unverzichtbar für viele Lebensbereiche der Menschen sei. Stahl, der der erste Bundesvorsitzende ohne Bezug zum Kohlebergbau ist, zudem aus der Gewerkschaft IG BE (heute IG BCE) komme und im hessischen Friedewald zuhause ist, lobte den ersten und bisher einzigen Deutschen Bergmannstag in Hessen, der im Jahr 2004 in Heringen veranstaltet worden ist. "Es gab ein beeindruckendes positives Echo bei den Menschen in der Region und auch bei den teilnehmenden Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereinen aus dem In- und Ausland", so Stahl. Er wolle sich dafür einsetzen, dass wieder ein Deutscher Bergmannstag in Hessen stattfinden soll, wo und wann, lies er offen.
Bergbau und Politik: Landesverband bringt sich ein
Johannes Zapp ging anschließend ausführlich auf die Geschichte des am 8. September 1973 offiziell gegründete hessischen Landesverbandes ein. In seiner Festrede wies er auf den holprigen Start vor 50 Jahren, die mehrjährige Vorgeschichte und wesentliche Meilensteine in der Geschichte des Landesverbandes hin, so unter anderem auf den 10. Deutschen Bergmannstag in Heringen. Auch wenn der Verband der Traditionsbewahrung des hessischen Bergbaus verpflichtet ist, wolle er ihn dennoch nicht auf einen Folkloreverein reduziert sehen. Zapp: "‘Tradition ist die Weitergabe der Flamme und nicht das Hüten der Asche‘. Dieses von Papst Johannes, dem 23., formulierte eindrucksvolle Zitat war, ist und wird auch weiterhin die Maxime unseres Hessischen Landesverbandes sein." Er sieht es als Erfordernis an, sich zu aktuellen politischen Themen mit Bergbaubezug zu äußern. "Auch wenn in unserer Satzung nichts dazu steht, dass der Hessische Landesverband sich aus aktuellen, politischen Themen heraushält und gewissermaßen neutral ist, so ist es auch unsere Pflicht, als mit dem Bergbau aufs Engste verbundener Verband, Entwicklungen, die den aktuellen, noch umgehenden Bergbau betreffen, zu beobachten, zu bewerten und bei Bedarf auch mal die Stimme zu heben und das Wort zu ergreifen."
Er nannte als Beispiel dafür die im September 2016 organisierte Menschenkette über 13 Kilometer, die die hessischen und thüringischen Bergbaustandorte an Werra und Ulster verbunden hatte. Mehr als 12.000 Menschen hatten sich daran beteiligt, um ein solidarisches Zeichen für den Erhalt des Kalibergbaus in der Region zu setzen. Damals befand sich der Kalibergbau an Werra, Ulster und Fulda in einer tiefen Krise und es galt ein Zeichen zu setzen, dass der Bergbau in Hessen und im benachbarten Thüringen eine Zukunft hat. Als aktuelles Beispiel nannte er die Diskussionen um die Abdeckung der Rückstandshalde im Werk Neuhof-Ellers der K+S Minerals and Agriculture GmbH. Johannes Zapp: "Unser Plädoyer an alle Beteiligten ist es deshalb, einen ökonomischen, ökologischen und sozial ausgereiften Kompromiss auszuhandeln, damit dieses traditionsreiche Werk eine Zukunft hat. Ebenso brauchen die Mitarbeiter und die Zulieferfirmen eine Perspektive."
Im Hessischen Landesverband sind 24 Bergmanns- und Knappenvereine, Musikkapellen, Fördervereine und Museen zusammengeschlossen. Sie umfassen weit über 2.000 Mitglieder und sind die Repräsentanten des ruhenden und auch noch aktiven Bergbaus im Bundesland Hessen. Einen guten Überblick hierzu gibt die neu gestaltete Internetpräsenz des Verbandes unter www.bergbau-hessen.de
Würdigungen verdienter Mitglieder und für ehrenamtliches Engagement
Der Bergmannsverein Neuhof sowie der Hessische Landesverband ehrten anschließend verdiente, langjährige Mitglieder und Personen, die sich zum Beispiel für den Hessischen Landesverband engagiert eingesetzt haben. So wurde unter anderem Dieter Guderjahn zum Ehrenvorsitzenden des Hessischen Landesverbandes ernannt. Zuvor hatte Bürgermeister Heiko Stolz zwei Mitglieder aus dem Vorstand des Hessischen Landesverbandes (Bernhard Kottusch und Axel Hartmann) für ihr langjähriges, ehrenamtliches Wirken für die und in der Gemeinde Neuhof geehrt.
Weltkulturerbe Steigerlied
Volker Mannewitz überreichte zudem der Bergkapelle Hattenhof und dem Monte-Kali Chor eine Urkunde über die Aufnahme des Steigerliedes "Glück auf! Glück auf! Der Steiger kommt" als immaterielles Kulturerbe. Die Kulturministerkonferenz hatte im Frühjahr 2023 entschieden, das Steigerlied in das bundesweite Unesco-Verzeichnis aufzunehmen. (uha) +++