Gemeindevertretung entscheidet am Donnerstag

Kommt die Kurbeitragspflicht "für beruflich veranlasste Übernachtungen"?

Blick auf das sommerliche Bad Salzschlirf. Am 14. Dezember entscheidet die Gemeindevertretung über die "Neufassung der Kurbeitragssatzung".
Foto: O|N - Archiv / Christian Bornträger

13.12.2023 / BAD SALZSCHLIRF - In der Kurgemeinde Bad Salzschlirf (Kreis Fulda) regt sich Widerstand dagegen, zum 1. Januar 2024 die Kurbeitragspflicht "für beruflich veranlasste Übernachtungen" einführen zu wollen. Über diese Pläne hat sich OSTHESSEN|NEWS mit Gerhard Bangert unterhalten, Geschäftsführer beim "Bundesverband der Deutschen Standesbeamtinnen und Standesbeamten". Dessen Fazit: "Diese Überlegungen sind viel zu kurz gedacht. Sollte die Maßnahme umgesetzt werden, hätte dies gravierenden Einfluss auf die künftige Weiterentwicklung und den Erhalt des Standortes".

Die Bedenken wurden Bürgermeister Matthias Kübel auch in schriftlicher Form übermittelt, zumal am 14. Dezember die Gemeindevertretung um 19.30 Uhr im Kulturkessel endgültig über den Sachverhalt entscheiden soll.

Die Einführung des Kurbeitrages für die Teilnehmer würde beispielsweise ein Grundseminar für neu zu bestellende Standesbeamte um 30 Euro pro Person verteuern. Bangert: "Mit diesem Betrag haben wir einen Standortnachteil, und die Bestrebungen der Kommunen außerhalb Hessens, vergleichbare Ausbildungen über die Verwaltungsschulen in allen Bundesländern anzubieten, werden unterstützt". Bereits jetzt werde man von den Kommunen, den Landkreisen und auch seitens des Städte- und Gemeindebundes gebeten, das Online-Angebot auszubauen beziehungsweise Inhouse-Schulungen anzubieten. Damit sollten die Reise- und Übernachtungskosten senken. 

"Keine Entlastung - im Gegenteil"

Auch der Bundesverband beziehungsweise die Hotel "Haus der Standesbeamten" GmbH werde stark belastet werden. Bei jährlich 5.000 Teilnehmenden an den Seminaren müssten 5.000 Datensätze verarbeitet werden. Hinzu kämen die Kosten für Änderung der EDV-Programme und die Implementierung eines neuen Meldeprozesses an die Kommune. Bangert: "Eine Entlastung der Wirtschaft sieht anders aus".

Der Geschäftsführer verweist auch darauf, dass man im Finanzplan 2024 Mittel bereitgestellt habe für die Einrichtung eines weiteren Hörsaales und den Erwerb einer weiteren Immobilie. Ziel sei, die Teilnehmerzahlen in den Präsenzseminaren weiter zu steigern. "Diese Maßnahmen werden wir zunächst einmal zurückstellen und die weitere Entwicklung beobachten!"

Bangert zufolge habe man bereits aktuell mehr als 2.500 Anmeldungen für 2024. Mit der Seminaranmeldung schließen die Kommunen mit dem Bundesverband und der Hotel GmbH einen Vertrag ab. Darin sind Leistungen und Kosten für die Vertragserfüllung festgehalten. Man lasse gerade anwaltlich prüfen, ob die Kurtaxe bei bestehenden Beherbergungsverträgen überhaupt an die Kunden weitergegeben werden könne. Vermutlich sei dies nicht so einfach möglich. Informationen, Rückfragen und Stornierungen dürften die Folge sein.

Und der Geschäftsführer erwähnt in diesem Zusammenhang einen weiteren Aspekt: Man müsse auch an die Pensionen denken, die beispielsweise an Handwerker/Monteure Zimmer vermieteten. Diese würden dann vielleicht nach Großenlüder gehen, wo es eben keine Kurbeitragspflicht "für beruflich veranlasste Übernachtungen" gebe.

Der eindringlich formulierte Appell an Bürgermeister Kübel. "Mit Einführung einer solchen Kurbeitragspflicht wird der Standort Bad Salzschlirf nicht gestärkt - im Gegenteil! Es drohen weniger Teilnehmer an Präsenzseminaren an den Akademien, weniger Arbeitsplätze und Umsatz im 'Hotel der Standesbeamten' und letztendlich weniger Kundschaft für den örtlichen Handel".

Gegenüber OSTHESSEN|NEWS hat Bürgermeister Kübel schriftlich zu der Thematik Stellung bezogen.

O|N: Stimmen diese Überlegungen (zur Erhöhung der Kurtaxe)?

Bürgermeister Matthias Kübel: Dies ist richtig. Auslöser der Überlegungen ist eine Anfrage in der Gemeindevertretung aus dem Sommer beziehungsweise die Ende Juli durch den Landtag verabschiedete Änderung des Kommunalabgabengesetzes, die seither die Heranziehung beruflich veranlasster Übernachtungen zum Kurbeitrag ermöglicht. Daraufhin wurde im September eine entsprechende Vorlage eingebracht. Auf die Einwände der Standesbeamten hin hat der Haupt- und Finanzausschuss Änderungen auf den Weg gebracht (s.u.). Die Änderungsvorschläge wurden eingearbeitet und der Gemeindevertretung für die Sitzung im Dezember zur Beratung und Beschlussfassung eingereicht.

O|N: Was ist der Hintergrund für diese Pläne? 

Bürgermeister Matthias Kübel: 
Stetig steigende Personalaufwendungen treffen auch unsere Touristik und Service GmbH. Hier schlägt sich die Tarifsteigerung des öffentlichen Dienstes durch, die auch auf die Mitarbeiter der gemeindlichen Tourismus-GmbH angewandt wird. Auch im Übrigen steht der Tourismusbereich vor hohen Aufwendungen. Aktuell sind beispielsweise Sanierungen der Heilbrunnen vorzubereiten. Gerade im Bereich der "freiwilligen Leistungen", wie es die Betriebskostenzuschüsse zum Tourismus sind, gibt uns die Kommunalaufsicht regelmäßig den Hinweis, dass alle Einnahmepotentiale auszuschöpfen sind. Diese Mehrkosten müssten ohne Heranziehung nun auch der beruflich veranlassten Übernachtungen voll über die Grundsteuern der Gemeinde finanziert werden. Grundsteuererhöhungen sind jedoch für mich aufgrund der bereits bestehenden hohen Belastungen unserer Bürger keine Alternative. Nach der eingangs genannten Gesetzesänderung führen übrigens nahezu flächendeckend alle hessischen Heilbäder diese Beitragspflicht ein. Auch in der Stadt Fulda soll künftig ein Tourismusbeitrag erhoben werden.

O|N: Wie sieht der Zeitplan aus (Entscheidung am 14.12. bei der GMV?)?

Bürgermeister Matthias Kübel: 
Nach Beratungen der Fraktionen ist die Vorlage zur Beschlussfassung in der Sitzung am 14.12. vorgelegt worden. Die Umsetzung wird in der Vorlage ab dem 1.1.2024 vorgeschlagen.

O|N: Wie hoch soll der Beitrag sein, und ab wann soll dieser eingeführt werden?

Bürgermeister Matthias Kübel: Die Beitragshöhe wurde durch die HFA-Sitzung im September nochmal reduziert. Damit sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass beruflich veranlasste Übernachtungen oftmals erst nach Tagungsschluss aus dem Übernachtungsbetrieb herausgehen. Damit wurde einem Kritikpunkt der Übernachtungsbetriebe Rechnung getragen. Der Betrag läge, eine Beschlussfassung vorausgesetzt, damit mit 1,25 Euro beispielsweise auch unter dem Tourismusbeitrag der Stadt Fulda. (Bertram Lenz) +++

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