Großer Abschlussabend
"Bad Hersfeld liest ein Buch" mit Autorin Dörte Hansen per Live-Übertragung
Fotos: Christopher Göbel
01.12.2023 / BAD HERSFELD -
Knapp drei Wochen war Bad Hersfeld wieder die Lese-Hauptstadt der Nation. "Mittagsstunde" von Dörte Hansen stand dieses Jahr im Mittelpunkt von "Bad Hersfeld liest ein Buch" und zum großen Abschlussabend in der Stadthalle war die Autorin Dörte Hansen live zugeschaltet. Moderiert wurde der gut besuchte Abend von Pfarrerin Imke Leipold und dem HZ-Redaktionsleiter Kai A. Struthoff.
"Gemeinsam mit vielen Menschen ist es gelungen, das 22. Erfolgskapitel dieser Reihe aufzuschlagen", so Bürgermeisterin Anke Hofmann in ihrer Begrüßung. Es habe 36 Veranstaltungen gegeben. "Die ganze Aktion war toll", so die Bürgermeisterin. Sie dankte allen Beteiligten der letzten drei Wochen: "Das ist ein wunderbares Beispiel für Bürgerbeteiligung im kulturellen Bereich."
"Ich fühle mich sofort in Brinkebüll"
Leipold schätzte, dass bis zu 3.000 Besucher in diesem Jahr zu den Lesungen, Konzerten und Gottesdiensten gekommen waren. "Ich danke allen Sponsoren und allen Beteiligten", so Leipold, die in der Auswahljury mitarbeitet. Gedankt wurde auch der Organisatorin der Aktion, Sandra Rudolph.Und dann stellte Struthoff die Frage aller Fragen zu "Mittagsstunde": "Wo ist Marret?". Hansens Antwort: "Das frage ich mich auch. Marretsteht für das Verschwinden an sich. Sie ist einfach spurlos verschwunden." Damit gab sie keine definitive Antwort auf diese Frage, die jeden Leser des Buches beschäftigen dürfte. So bleibt es der Fantasie der Leserschaft überlassen, sich Gedanken über Marrets Schicksal zu machen.
"So lange es Platt gibt, feiere ich es"
In "Mittagsstunde" kommt viel Plattdeutsch vor. "Es wäre schön, wenn Dialekte oder kleine Sprachen eine Renaissance erleben würden. Früher war man das Landei, wenn man platt spreche. Heute haben Dialekte ein höheres Prestige", konstatierte die Autorin. "So lange es Platt gibt, feiere ich es", so die sympathische Schriftstellerin lachend, ehe sie die Limedance-Szene ihres Romans vorlas. Auf Platt (oder auch Niederdeutsch) sprach auch die Schülergruppe der Konrad-Duden-Schule mit Hansen und teilte ihr die Gedanken der Gruppe zu "Mittagsstunde" mit. "Ich habe alles verstanden", lachte Hansen.Neben dem vielen Zuhörern war nun auch das Publikum gefordert: "Singen Sie alle mit", rief Struthoff, als mit der Band Sebastian Rückert "Marmor, Stein und Eisen bricht" anstimmte. Ein bisschen besser funktionierte das sogar später bei "Siebzehn Jahr, blondes Haar".
60 Jahre in Bad Hersfeld
Reinhard E. Matthäi blickte im Schnelldurchlauf auf Bad Hersfeld in den vergangenen 60 Jahren zurück. Straßen, Schulen, Wasserläufe - "Alles hat sich gewandelt", so Matthäi. Auch gebe es keine Tante-Emma-Läden mehr und die großen Firmen wie Schilde, Rechberg und Braun oder die Jutte seien verschwunden. "Es gibt hier auch keine typisch deutschen Feierabend-Kneipen mehr", so Matthäi. "Ich könnte noch so viel erzählen, aber ich durfte nicht", so Matthäi am Schluss mit einem bedauernden Grinsen.Um das Leben in den 60er Jahren in einem Gasthof ging es in der Talkrunde zwischen Pfarrerin Ute Bätzing und der Gastwirtstochter Martina Völker aus Heenes. "Früher hieß das Wirtschaft", so Völker. Bier hieß Schoppen und beim sonntäglichen Frühschoppen habe man in der Wirtschaft das ein oder andere Ehedrama mitbekommen. Auch einen Tanzsaal gab es damals, der mit dem Einzug von Festzelten und Bürgerhäusern obsolet wurde. "Es war ein anderes Leben damals", so Völker.
Resümee des Abends
Beim Resümee des Abends wurde Dörte Hansen nach einem Buchvorschlag für das kommende Jahr gefragt. "Was man von hier aus sehen kann" oder "Das Feld" war ihre Idee, die vom Jury-Vorsitzenden Dr. Thomas Handke gleich notiert wurde. "Ich finde es ganz bewegend, dass meine Brinkebüller in Bad Hersfeld zu Gast gewesen sind", so Hansen. "Es ist ein großartiges Gefühl, so gelesen zu werden. Vielen Dank dafür", sagte Hansen. Struthoff lud sie dann noch zu den Festspielen und dem Lullusfest ein: "Wir würden uns sehr freuen, Sie auch mal persönlich zu treffen.""Der Abend hat mir sehr viel Spaß gemacht" war das Schlusswort von Dörte Hansen, ehe die Besucher mit "Nur die Liebe lässt uns leben" von Daniela Schönberg, Sebastian Rückert und der Band nach knapp zwei Stunden fröhlichen Herzens in den dunklen Dezemberabend verabschiedet wurden. (Christopher Göbel) +++