Den Betrachter packt das Grausen

Ob in der Politik oder beim Fußball: Das Stümperhafte regiert

Nach dem Karlsruher Urteil fehlen dem Bund - zunächst einmal - rund 60 Milliarden Euro.
Fotos: Pixabay

22.11.2023 / KOMMENTAR - Es ist das Wort des Tages: Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am Mittwoch von einer "Polykrise" gesprochen, in der sich das Land befinde. Was er damit sagen will, ist unklar - möglicherweise meint er die landauf landab grassierende Ungewissheit, wie es nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts weitergehen soll. Das Loch im Etat ist, vorsichtig formuliert, 60 Milliarden Euro tief.   


Anders formuliert: In Berlin ist die Verwirrung groß. Und immer mehr verfestigt sich bei mir das Gefühl, als würde das Land von Stümpern regiert - womit Parallelen gegeben sind zur gestrigen blamablen 0:2-Niederlage im Fußball gegen Österreich. 

Zunächst zurück zu Habeck: Es gehört schon eine ganze Menge Chuzpe dazu, den Fraktionsvorsitzenden der CDU/CSU, Friedrich Merz (CDU), indirekt dafür verantwortlich machen zu wollen, wenn den Bürgern höhere Strompreise ins Haus stehen sollten. Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte aufgrund einer Klage der Union hin die Umwidmung von Corona-Geldern in Klimaschutz- und Transformationsausgaben für gesetzeswidrig erklärt und Merz plant dem Vernehmen nach, nun auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) auf Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen.

Die Reaktion des grünen Bundeswirtschaftsministers macht deutlich, wie lädiert das Nervenkostüm der "Ampel" derzeit ist, deren Diskussionen sich nur noch um die Frage "Pro oder Contra Schuldenbremse" zu drehen scheinen. Mit den rhetorischen Schuldzuweisungen in Richtung Friedrich Merz wird gleichsam der Umstand zu kaschieren versucht, dass es erst die stümperhaften Finanztricksereien der Regierung gewesen sind, welche die Basis für das besagte Urteil bilden. Bei dem die Richter im Übrigen gottlob gezeigt haben, dass sie in hohem Maße unabhängig agieren und nicht nach den Interessen derjenigen urteilen, die sie nach Karlsruhe entsandt haben. 

Mitunter erinnert das Handeln in Berlin an eine Amateurmannschaft - wobei wir beim Sport wären. Es heißt ja immer, dass Fußball ein Spiegelbild der Gesellschaft sei, und nach dem gestrigen katastrophalen Reinfall gegen Österreich muss man konstatieren, dass auch hier nichts zusammen passt.  Eine Weiterentwicklung ist auf keiner Position erkennbar, von dem Ansatz einer Spielidee oder eines Regisseurs, der die Fäden zieht, ganz zu schweigen. Der Betrachter wendet sich mit Grausen ab und sucht verzweifelt den Ausschaltknopf. 

Fazit: In unserem Land dominiert  - wenn überhaupt - das Mittelmaß. In Anbetracht der Herausforderungen auf allen Ebenen (politisch, wirtschaftlich, sportlich) kann einem da eigentlich nur angst und bange werden. Und hier wie dort ist der Teamchef gefordert, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ebenso wie Bundestrainer Julian Nagelsmann. Sonst droht die Rote Karte. (Bertram Lenz) +++ 


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