Drei Jahre "BAO FOKUS"
Innenminister Beuth: "Kein Nachlassen im Kampf gegen Kindesmissbrauch"
Symbolbild: Polizei Hessen
24.10.2023 / REGION -
Seit Oktober 2020 bündelt und intensiviert die "Besondere Aufbauorganisation, Fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie Und Sexuellen Missbrauch von Kindern" (BAO FOKUS) die polizeilichen Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie in Hessen.
"Die hessische Polizei geht mit der BAO FOKUS seit drei Jahren noch zielgerichteter und unter Ausschöpfung aller taktischen und rechtlichen Mittel gegen Sexualstraftäter und den Besitz von Kinderpornografie vor. Wer Kinder sexuell missbraucht, muss mit der gesamten Macht des Staates kompromisslos bekämpft werden. Wir haben deshalb mit der BAO FOKUS in der hessischen Polizei eine spezialisierte Einheit mit mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, darunter rund 220 Ermittlerinnen und Ermittler, verstetigt. Sie widmet sich bereits seit drei Jahren in ganz Hessen der Verfolgung von Sexualstraftätern und unterstützt die weltweiten Fahndungen gegen Kinderpornografie. Mit den fortwährenden Maßnahmen der Ermittlerinnen und Ermittler der BAO FOKUS unterstreicht die hessische Polizei, dass es in Hessen kein Nachlassen im Kampf gegen Kindesmissbrauch gibt", so Innenminister Peter Beuth.
BAO Fokus in der vergangenen Woche erneut im Einsatz
Erst in der vergangenen Woche wurden bei erneuten Schwerpunktmaßnahmen hessenweit insgesamt 72 Wohnobjekte durchsucht. Den insgesamt 71 Beschuldigten im Alter von 14 bis zu 82 Jahren wird sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen oder Erwerb, Besitz und Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie zur Last gelegt. Es wurden dabei insgesamt 96 Smartphones, 65 Computer und Laptops, 85 USB-Sticks, 172 CDs und DVDs sowie 176 weitere deliktsspezifische Gegenstände sichergestellt.Fallzahlen haben sich bundesweit vervielfacht
In den letzten Jahren sind weltweit und auch in Deutschland schockierende Verbrechen im Bereich Kinderpornografie und dem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aufgedeckt worden. Laut Bundeskriminalamt waren im Jahr 2022 die Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch mit 15.520 Fällen auf einem gleichbleibend hohen Niveau wie in 2021 (15.507 Fälle). Einen Anstieg um 10,3 Prozent auf über 48.800 Fälle gab es bei den Missbrauchsdarstellungen von Kindern und Jugendpornografie. Auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Missbrauchsdarstellungen und jugendpornografische Inhalte besaßen, herstellten, erwarben oder insbesondere über die sozialen Medien weiterverbreiteten, hat sich in Deutschland seit 2018 mehr als verzwölffacht – von damals 1.373 Tatverdächtigen unter 18 Jahren auf 17.549 Tatverdächtige (davon 5.553 Kinder unter 14 Jahren und 11.996 Jugendliche über 14 Jahren) in 2022. Das Dunkelfeld ist um ein Vielfaches größer.In vielen Fällen erhalten die hessischen Ermittlungsbehörden Hinweise von Internetdienstleistern oder der US-amerikanischen Organisation "National Center for missing and exploited children", die von Internetprovidern über Missbräuche im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert wird. Alleine im vergangenen Jahreszeitraum wurden hessenweit im Durchschnitt an jedem Tag mehr als sechs Beschlussvollstreckungen durchgeführt, um einschlägigen Sexualstraftätern habhaft zu werden. Dabei gehen die Ermittlerinnen und Ermittler besonders akribisch jeder Verdachtsmeldung nach.
EuGH-Urteil: Urteil eröffnet Ermittlungsbehörden Möglichkeiten
Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurde im September 2022 Rechtssicherheit geschaffen, in welchem klar festgelegte rechtsstaatliche Grenzen bei der Verfolgung und Bekämpfung von Terrorismus und anderen schweren Straftaten für die Ermittlungsbehörden eingeräumt wurden. Das gilt insbesondere für die Bekämpfung von Kindesmissbrauch sowie Kinderpornografie im Netz. Mithilfe der IP-Adresse kann, anders als z.B. mithilfe von GPS-Daten, nicht der Aufenthaltsort oder das Bewegungsprofil einer Person festgestellt werden, sondern lediglich herausgefunden werden, welcher Internetzugangs-Dienstanbieter von einem potenziellen Täter bei der Tatbegehung verwendet wurde. Für die Ermittler ist die IP-Adresse verbunden mit dem Zeitpunkt der Tat oft der einzige Ermittlungsansatz, um Tätern im Bereich des Kindesmissbrauchs und der Kinderpornografie habhaft zu werden.Landesregierung investiert vier Millionen Euro für neue Forensikplattform
Das Hessische Landeskriminalamt und der INNOVATION HUB 110 des Hessischen Polizeipräsidiums für Technik haben gemeinsam eine Forensikplattform entwickelt, um die Bekämpfung von Kindesmissbrauch weiter zu verbessern. Vier Millionen Euro stehen für diese moderne IT-Infrastruktur bereit und sind im Haushalt der Hessischen Landesregierung fest hinterlegt. Daten können so deutlich schneller und zielgerichteter ausgewertet werden – dies ermöglicht, Täternetzwerke zu enttarnen und Täterinnen und Täter schneller festzunehmen, um Missbrauch von Kindern wirkungsvoll zu verhindern.Durch die weltweite Verbreitung und Verfügbarkeit von kinderpornografischen Darstellungen im Internet stellt alleine die Flut an Datenmaterial, die bei jedem Verfahren ausgewertet werden müssen, die Ermittlerinnen und Ermittler permanent vor sehr große Herausforderungen. Im Zuge der Aufklärung bundeslandübergreifender pädokrimineller Täterstrukturen im Rahmen eines großen Ermittlungskomplexes konnten durch die Forensikplattform 61 Asservate mit mehreren Millionen Datensätzen innerhalb kürzester Zeit geräteübergreifend ausgewertet werden. Hierdurch wurden Bezüge zwischen pädokriminellen Tätern aus Nordrhein-Westfalen und hessischen Tätern belegt sowie ein Tatort auf Mallorca ermittelt. Durch die schnelle Analyse der Daten und der Netzwerke konnten die Täter letztlich festgenommen werden. Die Forensikplattform wird kontinuierlich weiterentwickelt und an die Bedarfe der Ermittlerinnen und Ermittler angepasst. Sie legt damit auch den Grundstein, um Künstliche Intelligenz im Kampf gegen Kindesmissbrauch unterstützend zum Einsatz zu bringen.
Innenminister Beuth ist den Ermittlern dankbar
"Was sich unsere Ermittlerinnen und Ermittler ansehen müssen, ist zutiefst verstörend. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen unserer BAO FOKUS überaus dankbar, dass sie diese wichtige Arbeit im Kampf gegen Kindesmissbrauch leisten. Zugleich setzen wir auf innovative Technik, um aus der Datenflut schnellstmöglich die für den Ermittlungserfolg entscheidenden Informationen herauszufinden und insbesondere noch laufenden Realmissbrauch zu unterbinden. Hessen hat den Verfolgungsdruck intensiviert und investiert gezielt in innovative technische Lösungen, wie die Nutzung der modernen Forensikplattform. Wir setzen alles daran, sexuellen Missbrauch und weitere schreckliche Verbrechen gegen Kinder zu verhindern", so Hessens Innenminister Peter Beuth. (pm)+++