Kreistagsdebatte wird "Ampel"-Abrechnung

Kindergrundsicherung: Warnung vor einem "Bürokratiemonster"

Der "Ampel" zufolge sollen mit der Kindergrundsicherung Kinder vor Armut geschützt und Familien unterstützt werden.
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24.10.2023 / GROßENLÜDER - Neben der Bürgergeld-Einführung gehört die Kindergrundsicherung zu den großen sozialpolitischen Vorhaben der "Ampel": Ende September hatte die Bundesregierung nach langem, zähem Streit den Startschuss für die Gesetzgebung gegeben. Künftig sollen bisherige Leistungen wie Kindergeld, Leistungen aus dem Bürgergeld für Kinder und Kinderzuschlag gebündelt werden.


Auch während der jüngsten Sitzung des Fuldaer Kreistages in Großenlüder (OSTHESSEN|NEWS berichtete aktuell zu verschiedenen Themen) wurde über die Thematik diskutiert und zur Abrechnung mit den "Ampel"-Parteien genutzt. 

Auslöser war ein gemeinsamer Resolutionsantrag der beiden Fraktionen von CDU und FDP zur "Reform der Kindergrundsicherung" gewesen. Laut Vorlage des CDU-Fraktionsvorsitzenden Thomas Hering "ist die geplante Kindergrundsicherung ein Bürokratiemonster. Ursprünglich waren 12 Milliarden geplant, jetzt sollen nur noch 2,4 Milliarden Euro reichen. Und davon sollen 500 Millionen nur für den Verwaltungsaufwand ausgegeben werden. Auch die Beantragung wird für die potenziellen Bezieher nicht einfacher, sondern komplizierter".

Die Resolution zielte darauf ab, dass sich der Kreistag den Stellungnahmen des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städtetages anschließen solle. "Die Folgen der Reform wären eine Überforderung der Familien, neue Bürokratie und überflüssige Doppelstrukturen". Vielmehr plädiere man dafür, die einfachen und bewährten Verwaltungsstrukturen weiter zu nutzen – dafür seien auch die Einrichtungen im Landkreis Fulda hervorragend geeignet. Eine Stelle der Familienkasse, bei der die Kindergrundsicherung künftig beantragt werden müsse, existiere im Kreis nicht, sodass die vom Bund geplante Reform an den Bedürfnissen der Menschen vor Ort vorbeigehe.

"Eine Ausweitung der Standorte der Familienkasse ist überflüssig und angesichts des Fachkräftemangels auch kaum umsetzbar. Das Wohl der Kinder ist unsere Herzensangelegenheit. Wir wollen Familien und Eltern früh und durchgängig stärken, Prävention und Hilfen verbessern. Daher ist es sinnvoller, in Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur zu investieren", so Hering, dessen CDU-Fraktionskollege Stefan Lauer auch die weiten Wege kritisierte: "Die Umsetzung soll durch die Familienkassen mit lediglich 100 Standorten erfolgen, welche dazu nicht in der Lage sind." Der nächstliegende für Fulda befinde sich in Kassel.

Seitens der SPD betonte Beate Fischer, dass es Ziel sei, Kinder vor Armut zu schützen. Familien sollten unterstützt und ihnen gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht werden. Deborah Müller-Kottusch von den Bündnisgrünen (die gemeinsam mit Volt im Kreistag eine Fraktion bilden), bescheinigte der "Ampel"-Regierung hohe Arbeitseffektivität. Die Reform der Kindergrundsicherung sei ein Auftrag, der im Koalitionsvertrag verankert sei.  

Verwunderung über FDP

Für Verwunderung sorgte die Tatsache, dass die FDP den Resolutionsantrag mitformuliert hatte - obgleich die Partei ja Teil der Berliner "Ampel"-Koalition ist. Seitens der AfD fragte deren Fraktionsvorsitzender Pierre Lamely, wie glaubwürdig die FDP überhaupt noch sei, wenn sie im Fuldaer Kreistag einen Antrag mit-einbringe, der gegen die eigene Partei in Berlin gerichtet sei. Die FDP begehe langsam politischen Selbstmord. Jedes Gesetz beziehungsweise jede Initiative, was gegen die "Ampel"-Politik gerichtet sei, müsse unterstützt werden. Das Beste wäre, die "Ampel"-Koalition aufzukündigen und den Weg für Neuwahlen frei zu machen.

Der so gescholtene FDP-Fraktionsvorsitzende Mario Klotzsche erwiderte, dass die geplante Reform der Kindergrundsicherung "in erster Linie in Programm von SPD und Grünen" sei. "Die Frage ist doch, wie man es macht", so der FDP-Mann. Seitens des Landkreistages sei vor dem Mehraufwand an Bürokratie gewarnt worden. Es gelte, die vorhandenen Strukturen effektiver zu nutzen.

Landrat: Fundierte Kritik

Vor der Abstimmung betonte Landrat Bernd Woide (CDU), sich der "fundierten Kritik" des Deutschen Landkreistages nur anschließen zu können. "Die Familienkassen, die bisher mit solchen Prüfungen gar nichts zu tun haben, sollen das jetzt machen. Wir können das mit den Jobcentern. Bei Umsetzung, wie im Gesetz vorgesehen, werden unnötige doppelte Strukturen aufgebaut. Es wird so werden, dass die Eltern für ihre Kinder zu den Familienkassen gehen sollen und für sich selbst weiter zum Jobcenter." 

Letztendlich wurde der Resolutionsantrag mit den Stimmen von CDU, FDP, AfD und der Fraktion "Christen für Osthessen" angenommen. Dagegen votierten die Fraktionen von SPD, Bündnis Grünen/Volt und der Linken. Die CWE enthielt sich. (bl) +++

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