Aus der Rhön in den Regenwald - Ein Portrait

Kurios bis fantastisch: Paula Krenzer (19) unterrichtet Kinder im Amazonas

Für ein Jahr engagiert sie sich dort als Freiwillige, unterstützt eine NGO (Nicht-staatliche-Organisation). Ihre Aufgabe: Das Unterrichten im Fach Englisch.
Fotos: Privat

28.10.2023 / HILDERS (RHÖN) - "Ich war erstmal voll geflasht, die ganze Busfahrt nur am Staunen", sagt Paula Krenzer. Wie in Trance, so beschreibt die 19-Jährige aus Hilders-Unterbernhards ihre Ankunft in Ecuador, den Weg vom Flughafen zu dem Ort, der ihr für ein Jahr als Zuhause werden sollte. "Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich an die neue Routine hier zu gewöhnen und mich nicht wie im Urlaub zu fühlen", sagt sie.



Aus der Rhön in den Regenwald, diesen Schritt ist Paula Krenzer gegangen. Für ein Jahr engagiert sie sich dort als Freiwillige, unterstützt eine NGO (Nicht-staatliche-Organisation). Ihre Aufgabe: Das Unterrichten im Fach Englisch. Im Gespräch mit OSTHESSEN|NEWS schildert sie ihre Eindrücke von Land und Leuten. Untergebracht ist sie in einer Wohngemeinschaft in Puyo, der Hauptstadt der Provinz Pastaza. 

Die Ankunft: Von "Bäckerautos" als Wecker und anderen Kulturschocks

"Direkt am ersten Morgen hatte ich erstmal einen Kulturschock", erzählt sie. "Geweckt werde ich hier nämlich ziemlich genau um 6 Uhr, wenn mein 'Weckerauto' durch die Straße fährt: Ein Bäcker, der auf seiner Musikbox im Kofferraum lautstark 'el panadero con el pan' abspielt", das sei ihr Weckruf. In den kaum schallisolierten Häusern ein nicht zu verschlafendes Spektakel. "Straßenhändler sind hier ein echtes Phänomen", sagt sie.

Der Alltag: Die Schulbank von der anderen Seite

Nach dem Aufstehen heißt es dann: auf zum Unterricht! Aber nicht etwa, um die Schulbank zu drücken. Die 19-Jährige übernimmt den Englischunterricht für die Klassen 8 bis 13. "Dass ich das alleine mache, war eigentlich nicht so gedacht, aber ich habe mich nach einiger Zeit reingefuchst und auch die sprachlichen Barrieren langsam überwunden", erklärt sie. Der Unterricht findet auf Spanisch statt. Im Vergleich zu ihrem eigenen Schulalltag stellt sie fest: "Die Kinder hier sind total respektvoll - geradezu mucksmäuschenstill, wenn ich etwas erkläre". 

Die Beweggründe: Von der Rhön in den Regenwald

Doch was verschlägt eine junge Rhönerin überhaupt in den Regenwald? "Für mich war schon immer klar, dass ich nach dem Abitur ins Ausland will. Außerdem stand für mich fest, dass einfach 'Work and Travel' nichts für mich ist. Auch wollte ich nicht irgendeinen 'Whitesavior'-Komplex ausleben. Mir geht es nicht darum, die größten Veränderungen zu bewirken, sondern eine Kultur kennenzulernen, über die bei uns kaum jemand etwas weiß", sagt die 19-Jährige.

Das Land: Klimazonen bis Sicherheitslage

Als Reiseziel könne sie Ecuador nur empfehlen. Das Land weist alle vier Klimazonen auf, habe also landschaftlich enorm viel zu bieten. Verpflegung und Unterbringung seien viel günstiger als in Deutschland. Anders sei das bei Hygiene-und Gesundheitsprodukten. Und die Sicherheitslage? "Ich verhalte mich hier so wie in Deutschland auch. Vorsicht sollte man ja überall walten lassen", sagt Krenzer. Nach den tödlichen Schüssen auf einen Präsidentschaftskandidaten wurde ein 60-tägiger Ausnahmezustand für das Land verhängt. "Am Wahltag war aus Angst vor Unruhen der Präsenzunterricht ausgesetzt worden, sonst hat man hier in Puyo eigentlich nichts mitbekommen", sagt sie. 

Vom Heimweh: Jahreszeiten, Brot und Menschen

Nach ihrem Jahr in Ecuador will Krenzer aber auf jeden Fall zurück. "Ich vermisse die Jahreszeiten", sagt sie. "Hier ist jeden Tag dasselbe Wetter. Entweder es regnet morgens oder abends, das ist der einzige Unterschied". Besonders vermisse sie ihren Opa und ihre Haustiere. "Mit denen kann ich schlecht in Kontakt bleiben", erklärt sie. Auch fehlen ihr natürlich Familie, Freunde und Freund. "Außerdem vermisse ich gutes Brot und Käse, wobei das durch all die frischen Lebensmittel, besonders die Früchte, ausgeglichen sein sollte", schmunzelt sie. 

Die Kosten: Flüge, Visum, Unterbringung

Die Kosten für ihren Aufenthalt sind beträchtlich. Mehrere Vorbereitungsseminare, Impfungen und Untersuchungen stehen im Vorfeld an. Dann das Visum, die Flüge und die Unterbringung vor Ort. Auch muss natürlich der Lebensunterhalt bezahlt werden. "Bei der NGO entstehen da Kosten in Höhe von rund 18.000 Euro, davon muss man als Freiwilliger aber nur 3.400 Euro Eigenbetrag zahlen", erklärt Krenzer. Eventuelle Ausflüge und Reisen vor Ort gilt es ebenfalls aus eigener Tasche zu zahlen. 

"Was ich mache, wenn ich zurückkomme? Da habe ich mich noch nicht festgelegt", sagt die 19-Jährige. Eventuell möchte sie Lehramt studieren. "Da kann ich mich ja hier jetzt schon ausprobieren", sagt sie. Doch ihre Rückreise ist noch einige Zeit entfernt. Im Juli nächsten Jahres geht es zurück Richtung Heimat. Mehr zu Paula Krenzers FIJ und Möglichkeiten sie zu unterstützen finden Sie unter diesem Link. (Moritz Bindewald) +++

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