Gute Resonanz bei "Welthospiztag"

Noch immer ein Tabuthema: Menschen ein würdevolles Sterben ermöglichen

Das Thema "Palliative Versorgung" wird in der Öffentlichkeit immer stärker deiskutiert.
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17.10.2023 / REGION VB - Das Ende des Lebens ist nach wie vor kein Thema, mit dem Menschen sich gerne beschäftigen. Umso interessanter, wenn es Menschen gibt, die dies haupt- oder ehrenamtlich tun, allein aus dem Grund, Menschen am Ende ihres Lebens einen Abschied in Würde zu ermöglichen, vielleicht sogar, wie sie ihn sich wünschen.



Auf genau diese Menschen, diejenigen, die helfen und lindern, machte am Samstag der Welthospiztag aufmerksam. Erstmals hatte sich zu diesem international begangenen Tag auch die Akteure des Palliativ- und Hospiznetzes der Region Vogelsberg zusammengetan. Sie stellten auf dem Marktplatz in Lauterbach ihre Angebote vor, die für Sterbende wie deren Angehörige eine große Erleichterung sein können. Und sie standen alle bereit für Gespräche und Informationen.

Ein gut bestückter Buchtisch lud zum Weiterdenken und wer wollte, konnte bei den Landfrauen aus Bermutshain seinen Mittags- und Kuchenhunger stillen. Die Sonne hatte sich wider Erwarten auch hinzugesellt und strahlte, als Hildegard Schwarz eine wunderschöne Patchwork-Decke gewann, die vom Alsfelder Stoffreich zur Verfügung gestellt wurde und 320 Euro in die Vereinskassen spülte.

Als fachliche Einrichtungen waren an diesem Tag das Palliativteam Waldhessen, der Hospizverein Alsfeld der Ambulante Hospizdienst Vogelsberg, der Verein in Gründung "Helles Haus"; das Bestattungsunternehmen Flach, die Palliativkoordination des Vogelsbergkreises und die Stiftung Lichtermeer vertreten. Das Anliegen der Stiftung ist es seit zwei Jahren, ein stationäres Hospiz in den Vogelsberg zu holen und die Akteure im Hospiz- und Palliativwesen zu vernetzen, Synergien zu finden und ihre Arbeit in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken. Mit der Teilnahme am Welthospiztag ist Letzteres einmal mehr gelungen.

Neue Stelle der Palliativkoordination

Dr. Jens Mischak, Erster Kreisbeigeordneter und zukünftiger Landrat, ließ es sich nicht nehmen, die Gäste zu begrüßen. Er hob hervor, wie bedeutend die Arbeit sowohl der Haupt- als auch der Ehrenamtlichen für die Menschen in der Region ist und dankte ihnen für ihren Einsatz. Des Weiteren verwies er auf die noch recht neue Stelle der Palliativkoordination im Kreis. Dies zeige, dass der Vogelsbergkreis die Bedeutung dieses Themas erkannt und umgesetzt habe.

Ein herausragender Programmpunkt dieser Veranstaltung war die Lesung von Prof. Edgar M. Böhlke. Der bekannte Schauspieler las aus dem Buch "Das Feld" von Robert Seethaler und nahm die Zuhörinnen und Zuhörer mit auf einen Friedhof, auf dem die Toten ihr Leben Revue passieren ließen und ihren Blick darauf als Tote schärfen. Was bleibt von einem Leben? Das fragt der Autor in einer klaren Sprache, die die Menschen einfängt und berührt. Diese Stimmung fing Böhlke auf ganz besondere Weise ein. Die Gäste folgten ihm atemlos in die Geschichten der Toten. 

Untermalt wurde der Tag durch unaufgeregte schöne akustische Musik, die die Sängerin und Gitarristin Maria Lang zwischen den einzelnen Programmpunkten vortrug. Auch sie begeisterte das Publikum und unterstrich die Idee der Akteure, dass Sterben und Tod nicht nur zum Verzweifeln sind, sondern dass man darüber reden, manchmal sogar lachen kann.

Beschäftigung mit dem Tod als Teil des Lebens

Was genau die Mitwirkenden in den Palliativeinrichtungen antreibt, das fragte Dr. Thomas Sitte (Vorsitzender der Deutschen Palliativstiftung mit Sitz in Fulda und Palliativmediziner) in einer sehr interessanten, einstündigen Gesprächsrunde die Palliativmedizinerin Dr. Ines Josek, die Vorsitzende des Vogelsberger Hospizdienstes Heide Fink, Tanja Bohn, Gründerin der Lichtermeer-Stiftung, und Dr. Sigrid Stahl von der Fachstelle Gesundheitliche Versorgung im Vogelsbergkreis, zu der auch die Palliativkoordinatorin gehört. Dass mit den vier Engagierten ausschließlich Frauen auf dem Podium saßen, spiegelte sich auch im Publikum wider: "Hospizarbeit ist weiblich", stellte Sitte fest. Gleichzeitig warben insbesondere die Vereine, die Hospizbegleiter ausbilden, um männliche Teilnehmende.

Die Frauen berichteten von unterschiedlichen Wegen zu ihrem Engagement – was sie einte, war der Wunsch, Sterbende nicht allein zu lassen. Ihnen zu geben, was sie brauchen, sei es in medizinischer Hinsicht als auch in sozialer: Während die medizinischen Leistungen des Palliativteams verordnet werden und somit eine Kassenleistung sind, arbeiten die Hospizvereine ehrenamtlich. Sie sitzen bei den Sterbenden, sprechen, hören zu und schweigen. Sie nehmen Angehörigen ab und an die Last der ständigen Anwesenheit von den Schultern und sie begleiten diese auch nach dem Tod. Ein neueres Angebot der Vereine sind "Letzte-Hilfe-Kurse". "Diese Angebote gibt es für alle Menschen im Vogelsberg. Man muss es nur wissen und sollte sie unbedingt in Anspruch nehmen", betonte Heide Fink.

Für die Zukunft des Palliativwesens im Kreis wünschen sie sich gute, motivierte Pflegekräfte, mehr Bewusstsein über den eigenen Tod, den Mut, sich begleiten zu lassen und den weiteren Ausbau des Netzwerks. (pm) +++



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