Arbeit in luftiger Höhe

Hausmeister am Kletterseil: Fernmeldeturm Hummelskopf versorgt ganze Region

Der Fernmeldeturm Fulda im Michelsrombacher Wald
Fotos: Marius Auth

17.10.2023 / FULDA - Im Michelsrombacher Wald steht das Rückgrat der Funk-Telekommunikation von Osthessen: Ein 128 Meter hoher Fernmeldeturm versorgt die ganze Region mit Mobilfunk, digitalem Hörfunk und Richtfunk. In luftiger Höhe ist das Reich von Systemelektroniker Daniel Abel. 



Der 33-Jährige arbeitet seit 14 Jahren bei der Deutschen Funkturm GmbH. Das Unternehmen wurde 2002 als Tochter der Deutschen Telekom gegründet und betreibt heute mehr als 34.000 Funkantennen, davon 500 große Fernmeldetürme, im Bundesgebiet. Kunden wie Mobilfunk-Netzbetreiber, aber auch Fernseh- und Hörfunksender sowie Unternehmen aus Osthessen, die Wert auf eine ausfallsichere Richtfunkdatenverbindung legen, mieten Flächen im Turm auf dem 420 Meter hohen Hummelskopf bei Dietershan an.

Zwischen rauschenden Bäumen liegt versteckt das Betriebsgelände. Der Betonturm reckt sich in den Himmel, eine kreisrunde Plattform auf 83 Metern Höhe überragt das Blätterdach. Unten am Aufzug hängt eine Liste, auf der sich Abel einträgt - "für die Feuerwehr, damit die im Notfall wissen, wer oben ist." Mit dem Aufzug geht es langsam nach oben - in der Plattform befindet sich das Betriebsgeschoss. Neonlicht geht an: Unscheinbare Serverschränke mit blinkenden Leuchtdioden sind alles, was von den Datenmassen, die durch den osthessische Äther fluten, zu sehen ist. Von hier gehen die Leitungen hinaus auf die kreisrunde Antennenplattform direkt über dem Betriebsgeschoss, wo insgesamt 55 Antennen die Verteilung der Daten übernehmen. Unten rauscht die A7 - wer durch Osthessen fährt, bekommt seit 2012 von hier aus ungestörten digitalen Hörfunk geliefert: "Das Autoradio springt von Funkzelle zu Funkzelle, während man fährt - ähnlich wie beim Mobilfunk. Bis 2025 werden die UKW-Frequenzen abgeschaltet, wir haben hier auf dem Turm schon keine Antennen mehr dafür", erklärt Abel.


EKG für den Hausmeister

Der Fuldaer betreut 30 Fernmeldetürme von Hannoversch Münden in Niedersachsen bis ins südhessische Lindenfels. Trotz umfangreicher Qualifikationen vom IT-Systemelektroniker über den Industriemeister Elektrotechnik bis zum technischen Betriebswirt entspricht seine Aufgabe vor Ort eher der eines Hausmeisters: Einmal im Jahr müssen die Türme komplett überprüft werden. "Betonabplatzungen, Korrosion, Schraubensicherung - das ist bei starkem Wind schon eine Herausforderung. Dann heißt es Sicherheitsgurt und Klettergeschirr anlegen und ein Kollege muss sichern. Für sowas bekommen wir zahlreiche Lehrgänge, außerdem muss jährlich ein physischer Belastungstest absolviert werden, inklusive EKG."



Wartung und Überprüfung der teuren Elektronik im Betriebsgeschoss ist dagegen Aufgabe des jeweiligen Kunden, ob Telekom oder Hessischer Rundfunk: Die haben einen Schlüssel für den Turm und werden automatisch benachrichtigt, falls eine der Komponenten fehlerhaft arbeitet. Neben den Serverschränken der Großkunden steht ein kleines Modul - Fernmeldetürme werden traditionell auch für automatische Amateurfunkstationen genutzt. Ein Turmfalkenkasten auf der Antennenplattform wird jedes Frühjahr vom Naturschutzbund überprüft - "sonst funktioniert der Fernmeldeturm quasi von alleine", erklärt Abel.

Sichtverbindung auf 80 Kilometer

Und zwar als Verteiler für die Region: Mobilfunkverstärker versorgen den Luftraum im Radius von wenigen Kilometern um den Turm. Richtantennen, die wie Satellitenschüsseln aussehen, stellen dagegen eine direkte Verbindung zu kleineren Masten her, ob auf dem Osthessen-Center, im Röhlingswald bei Bronnzell oder oberhalb der Ausspann bei Harmerz, die mehrere Dörfer mit gutem Empfang versorgen können. Die große Höhe des Turms auf dem Hummelskopf erlaubt eine Funkstrecke von bis zu 80 Kilometern auf Sicht. Nicht nur für Mobilfunk: "Richtfunk ist attraktiv für Unternehmen, die eine alternative Datenverbindung, auch aus Gründen der Ausfallsicherheit, benötigen. Die Zentrale der RhönEnergie in der Fuldaer Innenstadt hat eine Sendeanlage auf dem Dach, die sendet an unseren Turm, der schickt die Daten an einen anderen RhönEnergie-Standort weiter. Richtfunk ist schneller als Glasfaser, außerdem sehr sicher."



Der Fernmeldeturm Fulda wurde von 1975 bis 1977 errichtet. Die nächsten großen Fernmeldetürme befinden sich auf dem Hoherodskopf bei Schotten und auf dem Eisenberg bei Kirchheim. Trotz Retrocharme im Innern sieht Abel den Standort gut aufgestellt für die Zukunft: "Ohne den Hummelskopf hätte die Region ein riesiges Funkloch. Massive freistehende Sendetürme sind weiterhin konkurrenzlos, weil dort die jeweils aktuelle Technik unkompliziert installiert werden kann: Wenn das 6G-Netz kommt, können wir hier sehr schnell aufrüsten." (mau) +++

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