Musik – die Seele der Filme 

In der Orangerie: Konzert Winfrida goes Hollywood

Für ihr Herbst-Konzertprogramm hatte sich der Städtische Konzertchor Winfridia Filmmusik ausgesucht.
Fotos: Winfridia

09.10.2023 / FULDA - Für ihr Herbst-Konzertprogramm hatte sich der Städtische Konzertchor Winfridia Filmmusik ausgesucht. Der Bogen spannte sich weit. In Jahren von 1933 bis 2015. Filmisch von Heldenepos, Kriegsfilm, Abenteuer und Fantasy über Superhelden, Dinosaurier und Bibelfilme bis zu Disney, Romance, Western und TV-Serien. Es war ein Abend, der in der voll besetzten Orangerie für viel gute Laune sorgte. 


Ikonische Musik 

Der perfekte Konzert-Auftakt war die vertraute 20th Century Fox Fanfare von Alfred Newman, die einen unweigerlich in gespannte Vorfreude versetzt. Was für großartige Geschichten erzählt doch das Kino! Und welchen riesigen Anteil hat die Musik daran! Ein wunderbarer Nebeneffekt dieses Konzert war die Liste, die man unweigerlich im Kopf aufstellte – mit all den Filmen, die man sich unbedingt wieder anschauen möchte. 

Carsten Rupp dirigierte nicht nur, sondern gab als charmanter Conférencier allerlei aus dem Filmmusik-Nähkästchen preis. Nicht jedem dürfte bekannt gewesen sein, dass eines der bekanntesten filmischen Leitmotive – nämlich die Bond-Titelmusik – eine clevere Zweitverwertung von Komponist Monty Newman aus dessen nie aufgeführtem Musical "A house for Mr. Biswas" ist. Und nun ist diese Melodie ein weltweiter Ohrwurm.  

Ein weiteres sehr bekanntes Musikstück ist der Tango "Por una cabeza" von Carlos Gardel. Eigentlich hat der es aus dem zweiten Couplet des Mozart-Rondos in C-Dur für Violine und Orchester (KV 373) geklaut. Die Musik ist so gut, dass sie von "Der Duft der Frauen" über "True Lies", "Titanic", "Schindlers Liste" und viele weitere Filme mehr immer wieder verwendet wurde und durch die jeweilige Szene einen ganz eigenen Charakter bekam. Konzertmeister Sergei Synelnikov spielte diesen Tango virtuos auf der Violine. 

Auch der Soundtrack von "Ben Hur" ist ein Dauerbrenner, die Musik stammt von Miklós Rózsa, der dafür mit seinem dritten Oscar belohnt wurde. Der Film selbst ist eine Art Kulminationspunkt des Hollywood-Studiosystems, dass Ende der 1950er Jahre schon dem Untergang geweiht war. Die Musik ist spektakulär. Die ausgesuchten Stücke gaben die Tiefe, Vielschichtigkeit und Bandbreite des Soundtracks sehr gut wieder (von "Stern von Bethlehem" über die "Anbetung der Magier" bis zum "Alleluja" des Christusthemas). 

Zwei echte Filmmusik-Klassiker durften natürlich nicht fehlen, Henry Mancinis Oscar-prämierter, wehmütig-sehnsüchtiger "Moonriver" aus "Frühstück bei Tiffany", und das überkandidelte "Supercalifragilisticexpialigetisch" aus "Mary Poppins". Ach, Mary Poppins, was waren das für Zeiten, als Kindermädchen die Welt noch in Ordnung bringen konnten! 

Moderne Klassiker 

Die grandiose Musik zu "Games of Thrones" hat der deutsche Komponist und Hans-Zimmer-Schüler Ramin Djawadi komponiert. Ein gutes Beispiel für Film- oder Serienmusik, die ihre Power auch losgelöst vom Film entfaltet. Das gilt auch für die Musik zur Hobbit-Trilogie, dem Prequel zu "Herr der Ringe" – beide Soundtracks stammen von Howard Shore.  

Nicht ganz so überzeugend als stand-alone funktioniert die Musik aus "Star Wars Episode 1", "Spider Man" oder der Jurassic World-Trilogie ohne ihre Filme. Dafür kann man hier sehr gut hören, welche immense Bedeutung Filmmusik im Film hat, weil sie Stimmungen transportiert, die Handlung vorantreibt oder retardiert, oder quasi musikalisch das Geschehen illustriert.  

Und es gibt Musik, die hört man und hat sofort die entsprechende Filmszene vor Augen, etwa in "Hymn for the Fallen" aus "Der Soldat James Ryan". Hier ist nichts bombastisch wie in so vielen Kriegs- und Antikriegsfilmen, sondern fast elegisch. Man hört und versteht die Tragik des Kriegs sofort. Ich bin kein großer Fan des Films, aber diese Komposition von John Williams macht mir immer Gänsehaut. 

Für dieses Konzert mussten die Sängerinnen und Sänger der Winfridia einige nicht unbedingt vertraute Sprachen draufhaben. Vermutlich hatte man vorher noch nie in Esperanto gesungen, aber im von Vangelis komponierten "In noreni per ipe" aus "Conquest of Paradise" war’s nötig. Und auch eine andere Fertigkeit wurde dem Chor hier abverlangt – lautmalerisch zu singen. Das mussten sie im Verlauf des Konzerts noch einige Male, so z.B. auch in "Dry your tears, Africa" von John Williams aus dem Film "Amistad”, in dem auch in der westafrikanischen Sprache der Mende gesungen wird. Englisch ist zwar vertraut, aber das "Double, double, toil and trouble, fire burn and cauldron bubble", die Beschwörung der Hexen aus "Harry Potter und der Gefangene von Askaban" muss man erst mal unfallfrei bewältigen!  

Den Abschluss bildete Elmer Bernsteins frech-fröhliche Titelmusik aus "The Hallelujah Trail", einer Westernkomödie von John Sturges, in der sich Bergleute aus Denver 40 Fässer Whisky für den kalten Winter herschaffen lassen und im Verlauf des Films diverse Handgemenge mit Soldaten, Bürgerwehren, Sioux und Abstinenzlerinnen bestreiten müssen. Die Musik ist klasse, über den Film hat der große Westernkenner Joe Hembus dieses Urteil gefällt: "Man genießt den Streifen am besten leicht angetrunken." 

Stefan Fraas, der Generalmusikdirektor der Vogtland Philharmonie und Carsten Rupp, der Dirigent der Winfridia, hatten viele Stücke eigens für diesen Konzertabend arrangiert. Mit donnerndem Applaus und Standing Ovations bedankte sich das Publikum bei Chor und Orchester, die diesen Abend absolut gleichgewichtig gestaltet und zu kongenialem Zusammenspiel gefunden hatten. (Jutta Hamberger) +++

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