Wahlkampf im Buchcafé

Tarek Al-Wazir (Grüne): "Veränderung ist die große Aufgabe der nächsten Jahre"

Hessens Grünen-Spitzenkandidat Tarek Al-Wazir mit Kaya Kinkel, Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis 11 Hersfeld, am Mittwoch im Bad Hersfelder Buchcafé.
Fotos: Christopher Göbel

28.09.2023 / BAD HERSFELD - Tarek Al-Wazir, stellvertretender Ministerpräsident und Hessischer Wirtschaftsminister, sprach am Mittwochabend vor gut 60 Interessierten im Bad Hersfelder Buchcafé. Dabei ging er auf die grüne Hessenpolitik ebenso ein wie auf regionale Besonderheiten in Waldhessen.


Bevor der 52-jährige Politiker aus Offenbach zu den Besuchern kam, hatte Al-Wazir sich mit Grünen-Politikern aus Bad Hersfeld und Aktiven der Klima-Initiative und des Aktivbündnisses Waldhessen in kleiner Runde zusammengesetzt. "Wir haben ihm unsere Alternativpläne für den Hochbrücken-Neubau vorgestellt", so Thomas Bös, Stadtverordneter und ehemaliger Vorsitzender des Lärmschutzbeirats der Stadt, gegenüber O|N. "Es war ein gutes Gespräch" sagt Bös. Allerdings habe der Minister, zu dessen Ressort auch der Verkehr gehört, darauf hingewiesen, dass die Brücke auf jeden Fall erneuert werden müsse. Er sehe Probleme bei einer Unterführung. "Er hat auch darauf hingewiesen, dass die Einwendungen beim Regierungspräsidium Kassel weiterhin geprüft würden. "Mal sehen, was nun daraus wird", so Bös.

"Wir leben in einer Zeit der Krisen"

"Wir leben in einer Zeit der Krisen, wie sie noch nie jemand von uns vorher erlebt hat", sagte der Grünen-Politiker im Anschluss in seiner Ansprache in der Kneipe des Buchcafés. Damit meinte er die Corona-Pandemie, den Ukrainekrieg, die Inflation und die Energiekrise. "Und dazu kommt die Klimakrise", so Al-Wazir. "Wir müssen dringend handeln", rief er seinen Zuhörern zu. "Es gibt einen großen Veränderungsbedarf - gleichzeitig aber eine veränderungsunwillige Gesellschaft." Dies zu überwinden sie die "große Aufgabe für die nächsten fünf Jahre". Es werde nicht einfach, "aber es ist der Anstrengung wert", sagte Al-Wazir.

Der 52-Jährige erwähnte - wie es bei einer Wahlkampf-Veranstaltung nicht fehlen darf - einige der Hauptpunkte des Grünen-Wahlprogramms: Ausbildung, Zuwanderung und Umwelt. "Auch der Beruf der Erzieherin bzw. des Erziehers muss ein ganz normaler Ausbildungsberuf mit Vergütung werden", so der Minister. Hessen brauche qualifizierte Zuwanderer und sei ein ländlich geprägtes Bundesland. "Hessen hat unglaublich verschiedenartige Landschaften. Nur Meer und Alpen haben wir nicht", scherzte Al-Wazir. Man müsse die Chancen aus der ländlichen Prägung nutzen. Digitalisierung, Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs und die ärztliche Versorgung nannte der Minister als Hauptpunkte dazu.

Er wies auch darauf hin, dass am 8. Oktober der Landtag gewählt werde. Es käme ihm so vor, als würde die Bundespolitik zu sehr in die aktuellen Debatten in Hessen hineinspielen. "Man darf sich über die Bundesregierung oder die Bundespolitik ärgern, aber wir wählen den Landtag. Und der steht in Wiesbaden, nicht in Berlin", so Al-Wazir. Sein Appell: "Gehen Sie wählen. Und wählen Sie demokratisch."

Fragerunde zu regionalen Themen

In der Fragerunde an den Spitzenpolitiker kamen vor allem regionale Themen zur Sprache. Fragen zu Ausbildung, Flächenversiegelung, Flüchtlingsproblematik, Ausbildung, Glasfaser-Ausbau oder die Zukunft lokaler Schwimmbäder, in denen Kinder das Schwimmen erlernen können, kamen aus dem Publikum. Der Minister hatte zwar stets Antworten parat, konnte aber meist auf die lokalen Gegebenheiten nicht tiefer eingehen, sondern verwies auf Landesprogramme. Er erwähnte auch, dass er als Minister für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen gelegentlich in einem Interessenskonflikt stehe. 

Matthias Pfaff, Werksleiter von "K+S" im Werk Werra, fragte "Was haben Sie für die Kalikumpel im Gepäck?". Al-Wazir erwähnte, dass das Unternehmen ein "extrem wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region" sei, und man mit den Rückständen des Salz-Abbaus umgehen müsse, beispielsweise durch die Reduzierung der schrittweisen Einlagerung. Pfaff lud den Minister direkt ein, sich die Lage direkt auf dem "Monte Kali" einmal selbst anzusehen.

"Im globalen Maßstab intelligent wachsen"

Auf die Frage des Bad Hersfelder Arztes Dr. Axel Saure, ob man nicht eine weniger konsum- und verkehrslastige Gesellschaft schaffen könne, antwortete der Minister: "Global gesehen wird das nicht funktionieren. Wir werden im globalen Maßstab intelligent wachsen müssen". Er glaube aber, dass man "ohne Hoffnung niemals die Kraft zur Veränderung" finde. "Veränderung funktioniert, wenn man die Leute auf dem Weg mitnimmt". Als Gegensatz dazu nannte er die "Holzhammer-Methode". 

Nach gut zwei Stunden, in denen Tarek Al-Wazir und auch Kaya Kinkel, die Landtagsabgeordnete des Wahlkreises 11, die grüne Politik in Hessen ausführlich vorgestellt hatten, endete die lockere Runde, die den Zuhörenden und auch dem Minister einige Denkanstöße vermittelt haben dürfte. (Christopher Göbel) +++

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