Hohe Auslastung, aber mehr Stellen

Justiz hofft auf baldige Sanierung des Baus - Stichtag 1.9.ist die E-Akte am Start

Die Fuldaer Justizvertreter informierten über Entwicklungen (v.li.n.re.): Laura Fiterer, Patrick Krug, Jochen Müller, Udo Lautenbach und Ulrich Jahn
Foto: Torben Wolf

06.09.2023 / FULDA - "Die Rückkehr zur Normalität" laute die Überschrift über das Geschäftsjahr 2022, konstatierte Landgerichtspräsident Dr. Jochen Müller beim Jahrespressegespräch, zu dem Amts- und Landgericht Fulda in jährlichem Turnus zum Informationsaustausch einladen. Nachdem die Beschränkungen wegen der Corona-Pandemie weggefallen seien, herrsche mittlerweile Aufbruchstimmung in der hessischen Justiz, auch weil der neue hessische Justizminister Roman Poseck (CDU) "geliefert" habe, das heißt, wie versprochen für Stellenzuwachs - auch bei den Ausbildungsplätzen - gesorgt habe.


Außerdem sei am 1. September, die Elektronischen Verfahrensakte flächendeckende an den Start gegangen, was für die Digitalisierung der Justiz einen wesentlichen Fortschritt bedeutet. Dadurch, dass mehrere Verfahrensbeteiligte gleichzeitig an einer Akte arbeiten könnten, beschleunigten sich die Verfahren. 

Erfreulicherweise sei zum Beispiel die Zahl der Zivilverfahren zurückgegangen, weil die erste Welle der Klagen wegen des Dieselskandals abgeebbt sei. Nach deren deutlichen Anstieg in den Jahren 2018 bis 2021 habe sich die Zahl der neu eingehenden erstinstanzlichen Zivilsachen wieder normalisiert. Diese Entwicklung sei maßgeblich auf das Abebben der dadurch entstandenen Klagewelle zurückzuführen, welche alleine am Landgericht Fulda zu deutlich mehr als 1.000 eingereichten Klagen geführt habe. Angesichts der jüngsten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur zivilrechtlichen Haftung von Fahrzeugherstellern im Zusammenhang mit der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen bei der Abgasreinigung bleibe aber abzuwarten, ob es hier wieder zu einem Anstieg der Eingangszahlen komme.

Mehr Feste bedeuten mehr Strafsachen

Die Zahl der Verfahren beim Landgericht sei weitgehend konstant, es gebe nach wie vor durchschnittlich sechs bis sieben versuchte oder vollendete Tötungsdelikte. Dagegen steige die Zahl der Strafsachen an, was der Landgerichtspräsident unter anderem auf die wieder stattfindenden Feste zurückführte, was eben auch die Zunahme tätlicher Auseinandersetzungen mit sich bringe. Auch Verfahren wegen Besitz von Kinderpornografie und Fälle häuslicher Gewalt haben zugenommen. 

Zwei wichtige Projekte seien im letzten Jahr weiter vorangetrieben worden, die für den Erhalt einer leistungsfähigen Justiz und den Standort in Fulda zukunftsweisend seien: Die Einführung der Elektronischen Verfahrensakte einerseits und die Weiterführung der Planungen für die Sanierung und Modernisierung des Justizzentrums andererseits.

Digitalisierung der Justiz – Flächendeckende Einführung der Elektronischen Verfahrensakte
 

Nach entsprechenden Vorarbeiten im Jahr 2022sei jetzt am Landgericht Fulda für Verfahren erster und zweiter Instanz nach der Zivilprozessordnung (ZPO) die Elektronische Akte seit dem 1. März 2023 führend. Alle Ein- und Ausgänge und die Bearbeitung der Verfahren erfolgten jetzt ausschließlich in elektronischer Form. Am 1. September 2023 sei auch der Start an den Amtsgerichten im Bezirk für Zivil- und Insolvenzsachen erfolgt. Damit sei bereits deutlich vor dem gesetzlich vorgegebenen Stichtag zum 1. Januar 2026 die Einführung der Elektronischen Akte in Zivilsachen hier im Landgerichtsbezirk umgesetzt worden. Die Digitalisierung der Verfahrensakten bedeute im Zusammenhang mit dem Elektronischen Rechtsverkehr einen epochalen Wandel in der Bearbeitung der Verfahren, der kurz- und mittelfristig zu einer Beschleunigung der Verfahren führen werde und Möglichkeiten bieten könne, Verfahrensabläufe neu zu strukturieren. Moderne digitalisierte Verfahrensabläufe seien für den Erhalt der Funktionstüchtigkeit der Zivilrechtspflege wichtig und stärkten das Vertrauen in den Rechtsstaat. Zugleich könnten mit der Elektronischen Akte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Serviceeinheiten weitergehende Möglichkeiten zum Mobilen Arbeiten
angeboten werden, was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Attraktivität des Arbeitsplatzes stärken werde.


Die Einführung der Elektronischen Akte verändere aber auch den Arbeitsalltag in der Justiz. Darauf hätten sich die Angehörigen aller Gerichte im Bezirk bereitwillig eingelassen. Sie hätten an Schulungen teilgenommen und wirkten jetzt an der erfolgreichen Umsetzung der Elektronischen Akte mit. Damit leisteten sie einen wichtigen Beitrag für eine zukunftsfähige Justiz in Osthessen.

Aktueller Stand zur Sanierung und Modernisierung des Justizzentrums Fulda

Der aktuelle Zeitplan der überfälligen Sanierung sehe nach dem bereits erfolgten Auszug bzw. Umzug des Finanzamtes Fulda in die neue Liegenschaft wie folgt aus. Ende des Jahres starte die Sanierung Finanzamts, die voraussichtlich im September  2025 fertiggestellt sein soll. Ab Oktober 25 sollen die Justizbehörden interimsweise in das dann sanierte Finanzamt umziehen. Ab 2026  soll dann das Justizgebäude saniert werden und nach dessen Fertigstellung im September 2027 der Rück-Umzug von Amts- und Landgericht an den alten Standort erfolgen. 

Die Planungen sehen neben der Sanierung der Putzschäden u.a. vor, dass mit Blick auf die Elektronische Akte die IT-Infrastruktur (Datenleitungen pp.) erneuert werden, die Gebäude energetisch ertüchtigt werden und der zusätzliche Raumbedarf von Amts- und Landgericht in Folge der Personalzuwächse, der Zunahme von Teilzeitbeschäftigungen und der Stärkung der Ausbildung in allen Bereichen vollständig abgedeckt werden könne. (ci/pm)+++

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