O|N-Gespräch mit Dekan Bengt Seeberg
Am Anfang stand das "Asyl" im Evangelischen Frauenstift Wallenstein
Fotos: Finn Rasner
01.09.2023 / REGION -
Seit 23 Jahren ist Bengt Seeberg Dekan des Evangelischen Kirchenkreises Fulda. Am kommenden Sonntagnachmittag, 3. September, wird er in einem öffentlichen Gottesdienst um 14 Uhr in der Christuskirche von Pröpstin Sabine Kropf-Brandau in den Ruhestand verabschiedet. Danach folgt ein Empfang im Haus Oranien. Bei einem Gespräch mit der OSTHESSEN|NEWS-Redaktion blickt der 65-Jährige zurück auf seine Zeit in Fulda. In seinem Amt war er Dekan Reinhold Kalden nachgefolgt, der später Propst in Kassel wurde.
Der Kirchenkreis Fulda gehört zur Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) im Sprengel Hanau-Hersfeld. In den 27 Gemeinden des Kirchenkreises leben rund 41.000 evangelische Christinnen und Christen. Für sie sind ca. 42 Pfarrerinnen und Pfarrer zuständig. 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in Kindertagesstätten, diakonischen Einrichtungen und in der Verwaltung tätig.
Auch nach seiner Verabschiedung in den Ruhestand wird das Ehepaar Seeberg in Fulda wohnen bleiben, sagt der 65-Jährige und erinnert sich an die Anfänge seiner Amtszeit, als er - zunächst noch ohne feste Bleibe - für einige Zeit im evangelischen Frauenstift Wallenstein zu Gast sein durfte: "Äbtissin Wilhelmine von Sandersleben und Stiftsdame Marie-Luise Gräfin zu Eulenburg gaben mir quasi Asyl, ich wurde verköstigt und hatte stets angenehme Gesellschaft. Das war in seiner Besonderheit einfach herrlich und sehr schön!"
Im Team und auf Augenhöhe
Er sei vor 23 Jahren in Fulda mit dem (inhaltlichen) Ziel angetreten, "Gott durch die evangelische Kirche im privaten, gesellschaftlichen und öffentlichen Leben in Fulda und in der Region ins Spiel zu bringen und im Spiel zu halten". Dass das an den verschiedenen kirchlichen Orten im Landkreis gelinge, dafür habe er für die vor Ort Verantwortlichen gute Rahmenbedingungen schaffen wollen. Seeberg: "Wichtige Voraussetzung dafür war für mich, als Team mit allen Akteuren auf Augenhöhe zusammenzuarbeiten. Das ist mir nach meinem Eindruck im Großen und Ganzen geglückt. Auch wenn ich nicht vor der Entwicklung die Augen verschließe, dass sich viele mit der Kirche nicht mehr so verbunden fühlen".Sollte Kirche sich politisch einmischen und Stellung beziehen? Auch hier hat der 65-Jährige eine klare Position: "Es ist nicht die Aufgabe der Kirche, Politik zu machen. Da sage ich: Gott bewahre vor Theokratien. Aber es ist Aufgabe der Kirche, die Sicht des Menschen als Ebenbild Gottes und die Sicht der Tiere und Pflanzen als Geschöpfe Gottes einzubringen, mit denen wir nicht nach eigenem Gutdünken umgehen dürfen, wie wir wollen. Und darauf zu drängen, sich genau daran zu orientieren".
Positive Ökumene
Ein Highlight sei die Gestaltung des Reformationsjubiläums 2017 zusammen mit dem Deutschen Evangelischen Kirchentag gewesen, aktuell sei das Himmelszelt der evangelischen Kirche auf der Landesgartenschau hervorzuheben. Und das Verhältnis zur Kommunalpolitik? "Von unserer Seite aus aufgeschlossen, kooperativ und erwartungsvoll interessiert". Im Übrigen sei mit Andreas Maraun ein bekannter Kommunalpolitiker Vorsitzender der Synode des Kirchenkreises, der die Verbindung von Kirche und Kommunalpolitik gewissermaßen in persona verkörpere. Zudem seien bei jeder Pfarrerverabschiedung ja immer auch die Bürgermeister der Kommunen anwesend.