72. Festspielsaison übertrifft Erwartungen
Intendant Joern Hinkel freut sich - und verkündet unerwarteten Abschied
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27.08.2023 / BAD HERSFELD -
"Darüber bin ich sehr glücklich", sagt Festspiel-Intendant Joern Hinkel, "das ist ein hervorragendes Ergebnis, das unsere Erwartungen übertrifft!" Die Gründe für dieses positive Resultat sieht Joern Hinkel in dem vielschichtigen und abwechslungsreichen Programm mit Theaterstücken, Musicals, Konzerten, Vorträgen, Koch- und Talkshows und der Abschluss-Gala. "Ich freue mich, dass wir mehr und mehr auch junge Zuschauerinnen und Zuschauer für die Festspiele begeistern können. Es ist mir bei der Auswahl der Stoffe immer ein Anliegen, Geschichten zu erzählen, die Menschen ins Theater zu locken, die noch Berührungsängste haben. Ganz oft habe ich in diesem Sommer den Satz gehört:‘ Ich war hier noch nie, weil ich dachte, Theater sei langweilig. Aber jetzt komme ich bestimmt wieder!‘"
Viel Lob für die Stücke und das Festspiel-Programm gab es von Publikum und Medien gleichermaßen. Im vergangenen Jahr hatten die Festspiele noch unter Corona-Bedingungen stattgefunden, deswegen lassen sich die Besucherzahlen nicht vergleichen. 2022 hatten über 75.000 Menschen (nun über 90.000) die Veranstaltungen der Festspiele besucht, die Gesamtauslastung lag bei 71 Prozent, in diesem Festspiel-Sommer waren rund 80 Prozent der Plätze belegt. "Wir leben leider immer noch in Krisenzeiten, denn nach dem Aufatmen, dass sich die Corona-Pandemie dem Ende neigt, folgte die hohe Inflation durch den Krieg in der Ukraine. Vor diesem Hintergrund und den schlechten Wetterbedingungen, mit denen wir in diesem Sommer zu kämpfen hatten, ist das Ergebnis noch höher einzustufen", sagt Joern Hinkel.
Die 72. Bad Hersfelder Festspiele wurden in diesem Jahr mit Shakespeares "König Lear", den die renommierte Regisseurin Tina Lanik inszenierte, mit großem bundesweiten Medieninteresse glanzvoll eröffnet. Viele prominente Gäste konnte Intendant Joern Hinkel zum Start der Festspiele begrüßen: Beim Festakt vor der Eröffnungspremiere sprachen Bundesinnenministerin Nancy Faeser und der hessische Ministerpräsident Boris Rhein, Festredner war der ehemalige Intendant des Staatstheaters in Kassel, Thomas Bockelmann.
Dass er nach 2025 andere Pläne hat, hat er Bürgermeisterin Anke Hofmann in einem konstruktiven und offenen Gespräch bereits vor kurzem mitgeteilt. Routinegemäß tauschen sich Stadt und Intendanz zwei Jahre vor Ablauf des Intendantenvertrages über die personelle Zukunft an der Spitze der Festspiele aus.
Joern Hinkel weiter: "Der Sommer 2025 wird meine achte Saison als Intendant der Bad Hersfelder Festspiele sein, insgesamt werde ich dann über elf Jahre in der Festspielstadt gewesen sein. Wenn ich auf die jahrzehntelange Geschichte und die Intendanten-Tafel am Eingang der Stiftsruine blicke, bin ich schon wesentlich länger da als die meisten meiner Vorgänger. Nach über zehn Jahren an einem Ort ist es für mich Zeit für etwas Neues."
Die Bad Hersfelder Bürgermeisterin Anke Hofmann bedauert diesen Entschluss, akzeptiert aber Joern Hinkels persönliche Entscheidung: "Joern Hinkel hat sich bei Kritik und Publikum eine hohe Reputation erworben. Sein Einsatz und seine Kreativität sind maßgeblich dafür, dass Bad Hersfeld seine besondere Stellung im Reigen der deutschen Freilichtbühnen im Hinblick auf Förderung und bundesweite Medienresonanz erfolgreich behaupten konnte. Dafür bin ich Joern Hinkel sehr dankbar - und zugleich überzeugt, dass wir auch in den kommenden zwei Jahren auf sein unermüdliches Engagement für die Bad Hersfelder Festspiele bauen können."
Joern Hinkel will die nächsten zwei Festspiel-Jahre in Bad Hersfeld genießen: "Ich möchte mit voller Kraft nach vorne schauen und gemeinsam mit der Stadt und allen Unterstützern noch zwei glanzvolle Festspiel-Sommer in Bad Hersfeld veranstalten."
Buntes und abwechslungsreiches Programm
Die Ankündigung, dass Regisseurin Tina Lanik die Rolle des "König Lear" mit einer Frau besetzt, sorgt anfänglich für Skepsis. Doch die Schauspielerin Charlotte Schwab brilliert in dieser Rolle und wird für ihre beeindruckende Darstellung des alternden Patriarchen mit dem Großen Hersfeldpreis ausgezeichnet, ihre raumfüllende Präsenz beeindruckt Zuschauer und Kritiker gleichermaßen. Auch die Inszenierung von Tina Lanik überzeugt die Besucherinnen und Besucher, das Stück mit einem großartigen Ensemble erntet Jubel und Standing Ovation.
Nach der Premiere verkauft sich "König Lear" immer besser (Gesamtauslastung rund 50 Prozent), doch das kann den schleppenden Vorverkauf leider nicht mehr wettmachen. Hier zeigt sich ein Trend, den auch andere Kulturinstitutionen feststellen: "Ernste, in die Tiefe gehende Stoffe verkaufen sich in Krisenzeiten deutlich schlechter als Musicals und hochwertige Unterhaltungsstücke", so Joern Hinkel und fügt hinzu: "Bei 'König Lear' hätte ich mir gewünscht, dass noch der ein oder andere Platz mehr gefüllt gewesen wäre. Da aber alle anderen Veranstaltungen unsere Erwartungen übertroffen haben, schmälert dies das sehr gute Gesamtergebnis nicht", so Joern Hinkel.
Francis Fulton-Smith zieht die Fans in "Der Club der toten Dichter" als Lehrer John Keating in seinen Bann und zeigt dabei ganz neue Facetten der Rolle. Verkörpert er doch den Lehrer als schüchternen, beinahe ängstlichen Typen, der erst im Austausch mit seinen Schülern an Stärke und Selbstbewusstsein gewinnt. Das Stück, das Joern Hinkel mit Oscarpreisträger Tom Schulman für die Bühne neu verfasste und der Festspiel-Intendant auch inszenierte, wurde bereits zum dritten Mal mit großem Erfolg (rund 86 Prozent Auslastung) in der Stiftsruine aufgeführt. Das Fazit von Tom Schulman: "Es war fabelhaft, ich habe es geliebt. Man konnte weinen und lachen, es war visuell und dramatisch einfallsreich und die Schauspieler waren fantastisch. Joern Hinkel hat als Regisseur großartige Arbeit geleistet."
Nahezu ausverkauft ist das Kinderstück: "Das kleine Gespenst" spielt sich in die Herzen der großen und kleinen Festspiel-Fans. Sophia Euskirchen verkörpert in der Stiftsruine "Das kleine Gespenst" und erhält dafür den Hersfeld-Preis der Kritiker-Jury. Die Inszenierung für Kinder jeden Alters nach dem Buch von Otfried Preußler mit viel Musik (Regie, Text und Komposition: Oliver Urbanski) wird besonders für Schulen an Vormittagen und Familien an Nachmittagen gezeigt. Schon nach kurzer Zeit muss eine Zusatzvorstellung angeboten werden, weil die Nachfrage nach Karten so hoch ist. Die neun Vorstellungen sind zu rund 95 Prozent ausgelastet.
Im Schloss Eichhof wird in der Komödie "Nein zum Geld!" (Regie René Heinersdorff) die Frage gestellt, ob Geld wirklich glücklich macht. Geplant sind ursprünglich 26 Vorstellungen, wegen der hohen Nachfrage erklären sich Alexandra Kamp, Kathrin Ackermann, Pascal Breuer und Sebastian Goder bereit, an zwei weiteren Abenden zu spielen. "Nein zum Geld!" verzeichnet eine sensationelle Auslastung von über 98 Prozent.
Für mitreißende Konzertabende im Rahmenprogramm der 72. Bad Hersfelder Festspiele kommen Stefanie Heinzmann und Yvonne Catterfeld mit ihren Bands in die Stiftsruine. Das Konzert von Stefanie Heinzmann erreicht eine Auslastung von etwas über 92 Prozent, im Konzert von Yvonne Catterfeld sind rund 84 Prozent der Plätze belegt.
Im Rahmenprogramm der Bad Hersfelder Festspiele sind außerdem zu erleben: Die HZ-Matinee mit ersten Einblicken in die Saison, die Verleihung der Hersfeld-Preise an Charlotte Schwab ("König Lear") und Sophia Euskirchen ("Das kleine Gespenst"), die "Nachteulen" im Buchcafé mit Gastgeber Dominic Mäcke und Darstellerinnen und Darstellern der Festspiel-Saison, die exklusive Koch-Talk-Show "Soulkitchen" in Stern*s Kochwerkstatt mit Gastgeberin Christine Bossert sowie 33 Einführungsvorträge mit Chefdramaturg Tilman Raabke und 24 Backstage-Führungen. Auch mit der Auslastung all dieser vielen Veranstaltungen sind die Bad Hersfelder Festspiele zufrieden.
Die letzte Veranstaltung der Bad Hersfelder Festspiele ist traditionell die Abschluss-Gala, mit der die Bad Hersfelder Festspiele heute Abend zu Ende gehen. Schon vor der Veranstaltung mit dem Orchester der Bad Hersfelder Festspiele, Stargast Willemijn Verkaik, Andreas Bongard, Sidonie Smith und vielen anderen Gästen verspricht das Konzert eine gute Auslastung.
Starke Partner im "Foyer im Grünen"
Dazu Markus Heide: "Unser neues Konzept, woran wir seit letztem Jahr mit mehreren Firmen an den Angeboten im Park arbeiten, ist auf einem guten Weg, und im Großen und Ganzen sind wir und die Caterer zufrieden. Kleine Anlaufschwierigkeiten konnten schnell behoben werden, und wenn das Wetter durchgehend gut gewesen wäre, wären wir sehr zufrieden. Einige der Firmen haben uns jetzt schon zugesagt, dass sie im nächsten Jahr gerne wieder dabei sein werden."
Der Gesamt-Etat der 72. Bad Hersfelder Festspiele beläuft sich auf 7,6 Millionen Euro. Der Bund gibt 870.000 Euro und das Land Hessen bezuschusst die Festspiele mit 770.000 Euro. Die Stadt Bad Hersfeld unterstützt die Festspiele mit 1,5 Millionen Euro und der Landkreis Hersfeld-Rotenburg mit 200.000 Euro. "In Zeiten, in denen alle den Gürtel enger schnallen müssen, konnten wir uns nach wie vor auf unsere öffentlichen Förderer und die Sponsoren aus der Wirtschaft verlassen", betont Hinkel. "Ich bin mir bewusst: das ist alles andere als selbstverständlich und ein Zeichen dafür, dass die Festspiele auf einem guten Weg sind. Wir werden bundesweit wahrgenommen und sind bei den Sommer-Kulturfestivals im gesamten deutschsprachigen Raum eine feste Institution. Wir überzeugen unser Publikum durch eine Mischung aus einem künstlerisch anspruchsvollem, aber vor allem fantasievollem, unterhaltsamen Programm, neuen Stoffen, großer Weltliteratur und einem sich immer wieder neu formierenden, einzigartigen Darsteller-Ensemble."
Eine Geschäftsbilanz der Festspiele 2023 kann erst später gezogen werden, da das Geschäftsjahr der Saison bis zum 31. Dezember 2023 läuft und viele Buchungsvorgänge noch nicht abgeschlossen sind.
Das neue Programm der 73. Bad Hersfelder Festspiele 2024 wird am 10. Oktober bekannt gegeben, und im Oktober wird auch der Vorverkauf für die Saison 2024 beginnen. Die Bad Hersfelder Festspiele finden im nächsten Sommer vom 21. Juni bis 18. August 2024 statt.(pm)+++